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Biotechnologie in Brasilien

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Die Flagge von Brasilien Quelle: wikipedia.de

Brasilien boomt – und strebt nach der Weltspitze. In einer nahezu beispiellosen Aufholjagd hat sich das Land am Amazonas in den vergangenen 15 Jahren zu einer wirtschaftlichen Großmacht entwickelt. Die Biotechnologie wurde dabei mit massiver staatlicher Förderung vorangetrieben. Ökonomisch den größten Anteil hat die Bioethanol-Fermentation aus Zuckerrohr, hier ist Brasilien nach den USA weltweit führend. Aber auch die Genomforschung, vor allem in der Grünen Gentechnik. Für die noch junge und staatlich finanzierte Branche stellt der Sprung auf den internationalen Markt noch eine Herausforderung dar, wird aber nicht mehr lange auf sich warten lassen. Historisch gewachsen bestehen besondere Forschungs- und Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Bis 2005 war die brasilianische Gesetzgebung sehr restriktiv im Bezug auf biotechnologische Forschung und Anwendung. Das 1995 in Brasilien ratifizierte Gesetz zur Biosicherheit, das sowohl Bestimmungen zur Grünen Gentechnik als auch zur Biomedizin enthielt, bestand aus weitreichenden Verboten: Gesetzlich untersagt waren demnach die gentechnische Manipulation von Keimzellen und die Produktion, Lagerung und Forschung an Embryonen. Der Anbau von gv-Pflanzen fiel ebenfalls unter dieses Verbot, durch so genannte provisorische Maßnahmen war dieses Verbot jedoch zu Beginn des neuen Jahrtausends soweit aufgeweicht worden, dass am Schluss nur noch der Handel mit gentechnisch verändertem Saatgut tatsächlich verboten war.

Neues Gesetz unterstützt die Aufholjagd

Nach einer mehrjährigen Debatte insbesondere um den Anbau gentechnisch veränderten Sojas trat 2005 ein neues Gesetz in Kraft (Lei de Biosseguranca), in dem Forschung, Anbau, Lagerung, Verkauf und Handel mit gv-Pflanzen legalisiert wurden.

Das neue Gesetz lockerte auch die Bestimmungen zur Stammzellforschung. So dürfen seit 2005 überzählige Embryonen aus in-Vitro-Befruchtungen zu Forschungszwecken verwendet werden, wenn sie bereits seit 3 Jahren tief gefroren gelagert wurden. Das Gesetz rief in dem traditionell katholischen Land zunächst heftige Kontroversen hervor, eine Klage der katholischen Kirche vom dem obersten Bundesgericht wurde jedoch im Mai 2008 abgewiesen. Medienberichten zufolge verbanden brasilianische Genetiker mit dieser Novelle nicht nur die Hoffnung auf neue Therapien für bisher unheilbare Krankheiten, sondern auch auf Anschluss an den internationalen Forschungsstand.

Die Biosicherheit in Brasilien wird von zwei Behörden reguliert. Die Politik zum Thema gestaltet der mit dem neuen Gesetz 2005 eingerichtete Rat zur biologischen Sicherheit (CNBS). Er besteht aus 11 Ministern und untersteht dem Präsidenten direkt. CNBS ist für die Formulierung und Umsetzung der Richtlinien zur Biosicherheit verantwortlich. Hier werden die Vorgaben für die einzelnen mit Fragen der Biosicherheit befassten Bundesbehörden festgesetzt, sozioökonomische Auswirkungen und nationale Interessenlagen im Bezug auf einzelne gv-Sorten bewertet.

Zwei Behörden

Die Entscheidung über die Freigabe von gv-Organismen obliegt der Nationalen Regierungskommission für Biosicherheit (Comissao Técnica Nacional de Biosseguranca, CTNBio). Sie stammt noch aus den Zeiten der ersten brasilianischen Biosicherheitsgesetzgebung 1995 und besteht aus 27 Mitgliedern, darunter Ministern betroffener Ressorts, technischen und wissenschaftlichen Experten sowie Vertretern von Verbraucherschutz und Landwirtschaft. CTNBio gibt die Zulassung für gv-Pflanzen, jeglichen Import von gentechnisch modifizierten Lebens- und Futtermitteln, oder zu Weiterverarbeitung sowie Heimtiernahrung. Die CTNBio-Genehmigung basiert auf Einzelfallentscheidungen und Mehrheitsvotum und ist für  eine unbegrenzte Zeit gültig. Bis 2005 konnten Ministerien jede CTNBio-Entscheidung mit einem Veto anfechten, nach dem neuen Gesetz bleiben ihnen nur noch Einspruchsmöglichkeiten vor dem Ministerrat. Nach einem Länderbericht der Konrad-Adenauer-Stiftung wurde dadurch insbesondere das Umweltministerium geschwächt, welches zuvor die Freigabe von gv-Produkten blockiert hatte. 

Gv-Pflanzen müssen vor ihrer Freisetzung/ Anbau von CTNBio geprüft und für unbedenklich erklärt werden. Ist die Zulassung erteilt, ist der Anbau jedoch relativ problemlos. Es gibt allerdings kein Bundesgesetz, welches Mindestabstände oder die Koexistenz von gv-Pflanzen und konventioneller Landwirtschaft regelt. Teilweise werden beide durch einen nationalen Anbauplan und Umweltschutzauflagen geregelt, besonders in der Amazonasregion.

Fleisch gentechnisch veränderter Tiere sowie die Tiere selbst unterliegen ebenfalls der Genehmigungspflicht durch CTNBio. Allerdings befinden sich aktuell keine entsprechenden Produkte auf dem brasilianischen Markt. Der brasilianische Forschungsdienst EMBRAPA forscht derzeit hauptsächlich an Milchkühen und kleineren Tieren, alle gv-Tierarten, die einmal für den Verbrauchermarkt interessant werden könnten, befinden sich der USDA zufolge noch in der Forschung.

In der Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel besteht in Brasilien eine Toleranzgrenze von einem Prozent. Seit 2004 müssen Lebensmittel und Tierfutter, die mehr als ein Prozent gentechnisch verändertes Material enthalten, mit dem Transgen-Logo gekennzeichnet werden.

Öffentliche Meinung

Die öffentliche Debatte um gentechnisch verändertes Saatgut hatte sich einem Bericht der KAS zufolge in Brasilien an gv-Soja entzündet. Die ersten Sorten wurden nach Verabschiedung des ersten Biosicherheitsgesetzes 1985 entwickelt und deren Anbau 1998 durch CTNBio gestattet. Die Samen waren vom brasilianischen Unternehmen EMBRAPA entwickelt worden. Das brasilianische Institut für Verbraucherschutz (Idec) und die Organisation Greenpeace erwirkten für die einheimischen EMBRAPA-Sorten jedoch ein Entwicklungs- und Anbauverbot. Davon profitierte am Ende die Firma Monsanto, die damit die eigenen Sorten durchsetzen konnte.

Beobachtungen der  US-Lebensmittelbehörde USDA zufolge ist die Akzeptanz von gv-Pflanzen in der brasilianischen Bevölkerung trotz der langwierigen Debatte um die Rechtmäßigkeit des gv-Sojas relativ hoch, wobei neuere Untersuchungen zeigen, dass den meisten Brasilianern nicht bewusst ist, das sie gv-Lebensmittel konsumieren. Vorbehalte bemerkt die Behörde bei der fleischverarbeitenden Industrie und großen Supermarktketten. Deren Weigerung, gv-Lebensmittel zur Weiterverarbeitung bzw. in ihr Produktsortiment aufzunehmen, wird unter anderem auf die Anti-Gentechnik-Kampagne der brasilianischen Greenpeace-Gruppen zurück geführt.

Zur Akzeptanz von Klonfleisch bzw. Produkten gentechnisch veränderter Tierarten in Brasilien gibt es keine Studien. Allerdings befinden sich sämtliche derartigen Produkte im Forschungsstadium und noch nicht auf dem Markt.

Wie in anderen Ländern auch wird die Forschung mit embryonalen Stammzellen immer wieder kontrovers diskutiert. Damit verbundene Themen seien die Verwendung und Vernichtung menschlichen Lebens zu Forschungszwecken, sowie Angst vor einer Liberalisierung der Stammzellforschung und der Möglichkeit, menschliches Leben zu klonen, berichtet die Konrad-Adenauer Stiftung in einem Report.

 

Hintergrund

Unternehmen: 271 (PwC)

Schwerpunkt: Bioethanol (Zuckerrohr), Agrarwirtschaft (Soja, Mais, Baumwolle), Diagnostik, Impfstoffherstellung, Umwelt

Branchenverband: BrBiotek
http://www.brbiotec.org.br/

Regionaler Cluster:  

Sao Paulo, Minas Gerais, Rio de Janeiro. Drei Viertel der Branche konzentrieren sich in diesen drei Städten im Süden des Landes.

Forschungsförderung
durch Bundesstaaten FACEPE FAPEMA FAPEMIG FAPERGS FAPERJ FAPESB FAPESP FAPESPA FAPITEC FUNCAP Fundação Araucária

Financiadora de Estudos e Projetos FINEP

Conselho Nacional de Desenvolvimento Científico e Tecnológico CNPq

Zulassungsbehörde

Comissao Técnica Nacional de Biosseguranca CTNBio

Rechtliche Grundlagen
Forschung mit Stammzellen erlaubt, unter Auflagen: die embryonalen Stammzellen müssen überzählig bei in-vitro-Befruchtungen entstanden sein und seit mindestens 3 Jahren tiefgekühlt lagern; drittgrößtes Land für kommerziellen gv-Anbau, insbesondere Soja, keine Mindestabstände. Freisetzung und Import von gv-Produkten sind zulassungspflichtig. De facto schwerfällige und langwierige Prüfung von Patentanmeldungen. Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln und Tierfutter ab 1% gv-Gehalt.

Internationale Kooperationen

www.internationale-kooperationen.de

Sie interessieren sich für Kooperationen mit Hochschulen und Unternehmen im Ausland? Das internationale Büro des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt einen solchen Austausch. Mehr Informationen zu möglichen Förderprogrammen und länderspezifische Hintergründe finden Sie unter:

www.internationale-kooperationen.de