Biotechnologie in Brasilien
Brasilien boomt – und strebt nach der Weltspitze. In einer nahezu beispiellosen Aufholjagd hat sich das Land am Amazonas in den vergangenen 15 Jahren zu einer wirtschaftlichen Großmacht entwickelt. Die Biotechnologie wurde dabei mit massiver staatlicher Förderung vorangetrieben. Ökonomisch den größten Anteil hat die Bioethanol-Fermentation aus Zuckerrohr, hier ist Brasilien nach den USA weltweit führend. Aber auch die Genomforschung, vor allem in der Grünen Gentechnik. Für die noch junge und staatlich finanzierte Branche stellt der Sprung auf den internationalen Markt noch eine Herausforderung dar, wird aber nicht mehr lange auf sich warten lassen. Historisch gewachsen bestehen besondere Forschungs- und Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland.
Einführung
Brasilien will bis 2023 zu den Top 5 der Biotechnologie weltweit gehören, und konzentriert sich auf die Bereiche Agrarwirtschaft, Bioenergie bzw. Biotreibstoff, Gesundheit und Umwelt.
Das Land verfügt über gewaltige natürliche Ressourcen. Mit 8.500.000 qkm Fläche ist es das fünftgrößte Land der Erde, es verfügt über 7.500 Kilometer Küste, den längsten Fluss der Welt und die größten Frischwasserreserven. Der größte zusammenhängende Regenwald bietet nicht nur gewaltige Mengen an Biomasse, sondern auch eine Artenvielfalt, die ihresgleichen sucht – Brasilien ist nicht nur ein Paradies für Tier- und Pflanzenkundler, sondern birgt riesige biologische Ressourcen vor allem für die Lebenswissenschaften.
Später Start für Grüne Gentechnik
Trotz dieser guten Ausgangsposition spielte der südamerikanische Staat in der Biotechnologie lange Zeit keine bedeutende Rolle. Im Jahr 1997 begann ein staatlich finanziertes Wissenschaftlerteam die Aufholjagd mit der Sequenzierung des Zitruspathogens Xylella fastidiosa. Die Publikation im Februar 2000 gilt als öffentlicher Startschuss für die brasilianische Biotechnologie. Die Grüne Gentechnik spielt für Brasilien aber bereits seit den 90er Jahren eine Rolle. Trotz eines offiziellen Anbauverbots wurden immer wieder gentechnisch veränderte Sojavarianten von Landwirten eingeschmuggelt. Die Regierung legalisierte den Status quo schließlich im Jahr 2005. Inzwischen steht das Land an zweiter Stelle hinter den USA. Nach Angaben des Verbands ISAAA wurden in Brasilien 2010 auf insgesamt 25,4 Millionen Hektar kommerziell gv-Nutzpflanzen angebaut, allen voran Soja, aber auch Mais und Baumwolle.
Weltweit zweitgrößter Produzent von Bioethanol
Weltweite Bedeutung erlangt hat Brasilien zudem als Produzent von Biotreibstoff. Hinter den USA betreibt das Land 30% der weitweiten Fermentieranlagen. In ihnen wird zum allergrößten Teil Zucker durch Bakterien zu Bio-Ethanol umgewandelt. Das Ethanol wird vor allem als Treibstoff eingesetzt. In Brasilien fahren mittlerweile 90 Prozent der verkauften Neuwagen mit einem Gemisch aus Benzin und Ethanol. Der dort vorrangig aus Zuckerrohr gewonnene Treibstoff ist nach Öl inzwischen die zweitwichtigste Energiequelle in dem südamerikanischen Land. Die Produktionskapazitäten für Bio-Ethanol wurden in den vergangenen Jahren rasant gesteigert.
Aber auch die rote Biotechnologie wird stärker. Da Brasilien einer der größten Produktionsmärkte für Generika weltweit ist, haben in den vergangenen Jahren zahlreiche große Pharmaunternehmen ihre Präsenz am Amazonas ausgebaut. Das bevölkerungsreiche Land bietet gute Voraussetzungen für klinische Tests, hat den siebtgrößten Verbrauchermarkt der Welt und dem Kompetenznetzwerk Fundacao Biominas zufolge nicht zuletzt von der Weltwirtschaftskrise profitiert, die den Fokus von den dominanten Märkten in den USA und Europa verschoben hat. Darüber hinaus gehört Brasilien zu den wirtschaftlich und politisch stabilsten Ländern in Lateinamerika und der Karibik. Die fest verankerte Demokratie, die geringen sozialen Spannungen und die relativ junge Bevölkerung machen das Land zusätzlich attraktiv für Investitionen.