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Biotechnologie in Argentinien

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Die Flagge von Argentinien Quelle: Wikimedia Commons

Argentinien liefert sich mit Brasilien einen Wettlauf um den Titel als stärkste Biotechnologie-Nation in Lateinamerika. Die Branche ist zwar noch längst nicht auf gleicher Höhe zu Europa und Nordamerika, aber auf einem steten Weg nach oben. Das ressourcenreiche Argentinien ist die weltweit drittgrößte Anbaunation für gentechnisch veränderte Pflanzen. In der medizinischen Biotechnologie steht die Herstellung von Impfstoffen, aber auch von biologischen Nachahmerpräparaten, den Biosimilars, hoch im Kurs.

Rechtliche und gesellschaftliche Aspekte

Die staatliche Regulierungsbehörde für Medikamente, Lebensmittel und Medizintechnik ANMAT (Administración Nacional de Medicamentos, Alimentos y Tecnología Médica) existiert seit 1992. Das Instituto Nacional de la Propiedad Industrial (INPI) ist für Patentangelegenheiten zuständig. Argentinien ist 1995 dem TRIPS-Abkommen (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) beigetreten.

Zulassungsprozedere für gv-Nutzpflanzen vereinfacht

Bereits seit 17 Jahren werden transgene Pflanzen angebaut. Zwischen 1996 und 2012 wurden 27 Sorten für den kommerziellen Anbau zugelassen, darunter 20 Mais-, 4 Soja und 3 Baumwollsorten. Im Frühjahr 2013 erschien eine Broschüre des Ministeriums für Landwirtschaft, Viehwirtschaft und Fischerei (Ministerio de Agricultura, Ganadería y Pesca, MAGyP), welches die Reformanstrengungen des 2010 zugeschnittenen Ministeriums in Bezug auf gentechnisch veränderte Organismen bezeugt. Vor den Reformen mussten Züchter von gv-Pflanzen nach Bestehen der Ernährungssicherheits- und Umweltauswirkungsprüfungen noch eine kommerzielle Zulassung beantragen. Diese erfolgte aber nur dann, wenn die EU jene Pflanze für den Import zugelassen hatte. Aufgrund des sich vergrößernden Handelsvolumens mit Ländern wie China hat Argentinien diese Abhängigkeit von EU-Entscheidungen beseitigt. Damit könne der Zulassungsprozess von fünf bis sechs Jahren auf etwa vier Jahre verkürzt werden, so schätzt Martín Lema, im MAGyP zuständig für Biotechnologie.

Gesellschaftliche Debatten

Argentinien ist Weltspitze, wenn es um den Anteil von gentechnisch veränderten Kulturpflanzen angeht. Lange Zeit herrschte in Argentinien Optimismus, was die Auswirkungen der grünen Gentechnik anbelangt. So stieg das Land zum drittgrößten Sojaproduzenten der Welt auf.  Doch in den vergangenen Jahren mehren sich Anzeichen einer einsetzenden Gentechnik-Skepsis, die aber noch längst nicht das Maß Europas erreicht hat. Seit 1996 wurde vermehrt gv-Soja der US-Firma Monsanto angebaut. Die Pflanzen sind resistent gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. In den Anfangsjahren konnten argentinische Soja-Bauern reichlich Gewinne einfahren, doch das Geschäftsmodell sollte sich in der Folgezeit als nicht nachhaltig genug erweisen. Statt Glyphosat dosiert einzusetzen, wurde es großflächig per Flugzeug über den Feldern verteilt. Mit den daraus resultierenden Folgen müssen sich sowohl die Soja-Bauern als auch Monsanto derzeit auseinandersetzen.

Zum einen traten in den vergangenen Jahren vermehrt Pflanzen auf, die Resistenzen gegen Glyphosat entwickelt hatten. Auf den fallenden Ertrag antwortet die Landwirtschaft mit neuen Pestiziden, aber auch mit der Wiederentdeckung klassischer Methoden der Resistenzvermeidung wie dem Fruchtfolgeanbau. Zum anderen wird zunehmend deutlich, dass der übermäßige Glyphosateinsatz wohl zu Gesundheitsschäden in der Bevölkerung geführt hat. In einer großen Reportage der Nachrichtenagentur AP im Oktober 2013 werden massive Gesundheitsprobleme in den Sojaanbaugebieten angeführt. Bis zu 12 Millionen Argentinier könnten betroffen sein. Laut der Nichregierungsorganisation Médicos de Pueblos Fumigados („Ärzte der begasten Dörfer“) liegt in der Provinz Sante Fe die Krebsrate zwei bis viermal so hoch wie im Landesschnitt. In der Provinz Chaco weisen Neugeborene viermal so viele schwerwiegende Defekte auf, wie in der Zeit vor dem Aufkommen der Sojaindustrie.

Neben der falschen Anwendung von Glyphosat verdichten sich in den vergangenen Jahren noch dazu die Hinweise, dass das Unkrautvernichtungsmittel weit weniger harmlos für den Menschen ist als gedacht. So kam eine Metaanalyse von Forschern des MIT in Boston zu dem Schluss, dass Glyphosat eine Rolle bei der Entstehung von Diabetes, Alzheimer oder Depressionen haben könnte. Nach Regierungsangaben werden derzeit 317 Millionen Liter Glyphosat ausgebracht. Auf die Anbaufläche gesehen versprühen die Argentinier damit doppelt so viele Pestizide wie die US-Amerikaner. 

Einige Experten warnen daher vermehrt vor der Sojaisierung der argentinischen Landwirtschaft, die soziale, ökonomische und ökologische Probleme bereiten könnte. Neben den direkten Folgen für die Umwelt und Gesundheit im Land könne ein Politikschwenk der Käuferstaaten in Europa und China zu einer wirtschaftlichen Katastrophe führen, so Jorge Lapolla, Agrarökonom, Genetiker und ehemaliger Dozent der Universität Buenos Aires.

Probleme mit Mais-Beizmittel

Neben dem Soja- hat vor allem der Maisanbau in der Vergangenheit an Bedeutung gewonnen. Auch hier ist Monsanto durch eine kommerziell erfolgreiche Sorte in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die weit verbreitete Sorte MON810 besitzt die genetische Information, um ein Gift des Bakteriums Bacillus thuringiensis produzieren zu können. Monsanto ist in Argentinien aber nicht wegen der gentechnischen Veränderung, sondern vor allem durch eine spezielle Behandlung der Maissamen in die Kritik gekommen. In einer Fabrik in der Nähe der Hauptstadt Buenos Aires werden die Samen mit Insektiziden gebeizt. Der Vorteil dieser Methode: Die sich aus diesem Samen entwickelnde Pflanze enthält überall zwar verdünnte aber dennoch wirksame Konzentrationen der Gifte. Die Gruppe Red Universitaria de Ambiente y Salud („Universitäres Netz für Umwelt und Gesundheit“) schätzt, dass die Hälfte der für die Beizung eingesetzten Chemikalien Clothianidin ist. Dieses von der Bayer AG hergestellte Insektizid steht im Verdacht, für das massive Bienensterben in Europa mitverantwortlich zu sein. Im Dezember 2013 wird in Europa ein zweijähriges Moratorium für den Gebrauch von Clothianidin und ähnlicher Substanzen inkrafttreten, damit die widersprüchlichen Daten zur Off-Target-Toxizität umfassend geprüft werden können. In Argentinien entspinnt sich hingegen erst eine zaghafte Diskussion dieses Themas.

 

Hintergrund

Stand Dezember 2013

Unternehmen:  ca. 120

Schwerpunkte: Agrarbiotechnologie, medizinische Biotechnologie, Vakzine, Biosimilars

Beschäftigte: ca. 5.000

Biotechnologie-Netzwerk:
ArgenBio

Infos zu Forschung & öffentl. Förderung:

Wissenschafts-und Innovationsministerium

mincyt.gob.ar

Gesetzeslage

Umfangreicher Anbau von gv-Pflanzen

Internationale Kooperationen

www.internationale-kooperationen.de

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