Wochenrückblick KW 01

10.01.2011

50 Millionen Euro-Zentrum für strukturelle Systembiologie in Hamburg

In Hamburg wird mit Mitteln des Bundes und der Länder Hamburg und Niedersachsen ein Zentrum für strukturelle Systembiologie (CSSB) aufgebaut. 

Für den Bau des Forschungszentrums, das auf dem Campus des Deutschen Elektronen-Synchroton DESY errichtet wird, werden 50 Millionen Euro bereitgestellt. Am 7. Januar unterzeichneten Bundesforschungsministerin Annette Schavan, die Hamburger Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach und die Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Johanna Wanka, das Bund-Länder-Abkommen für den Bau des CSSB, der ab 2012 beginnen soll.

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Strukturelle Systembiologie, das bedeutet zweierlei: zum einen die Struktur, die "Hardware" von biologischen Systemen, als auch deren Zusammenwirken im gesamten Organismus. Am Zentrum für strukturelle Systembiologie sollen Forscher die Möglichkeit bekommen, die diversen molekularen Wechselwirkungen innerhalb lebender Zellen zu verstehen. Dies erfordert die systematische Analyse der molekularen Bausteine, der Architektur und der Regulation biologischer Systeme. Die Forscher hoffen so, die Wechselwirkungen von Krankheitserregern mit ihren Wirten besser zu verstehen und Angriffspunkte von Wirkstoffen oder Vakzinen zu finden. Dafür werden den Strukturbiologen modernste Laser- und Röntgentechnologien zur Verfügung stehen.  Das Zentrum wird die Synchrotonstrahlungsquelle PETRA-III des DESY als hochmoderne Röntgenlichtquelle nutzen. Außerdem können die CSSB-Forscher mit dem ebenfalls hier angesiedelten Freien-Elektronen-Laser FLASH und den noch im Bau befindlichen Röntgenlaser European XFEL arbeiten. 

"Die länderübergreifende Kooperation von Biologen, Physikern und Medizinern bietet große Chancen für die Erforschung von Infektionskrankheiten. Das CSSB wird dabei die Grundlagenforschung im Bereich der Strukturbiologie nachhaltig stärken und in einem einzigen national führenden und international konkurrenzfähigen Zentrum bündeln", sagte Forschungsministerin Annette Schavan.

Göttinger Minischwein gut für Medikamententests geeignet

Niedlich und nützlich: Das Göttinger Minischwein eignet sich offenbar sehr gut als Modell, um die Sicherheit von Medikamenten und Chemikalien zu testen. 

Zu diesem Ergebnis kommt eine „Minipig“-Studie des europaweiten Forschungsprojekts RETHINK, an der mehr als 40 Experten aus Wissenschaft, Industrie und Verwaltung beteiligt waren. Die Ergebnisse sind in einer Sonderausgabe des Journal of Pharmacological and Toxicological Methods (2010, Bd. 2, S. 158f) veröffentlicht.

Das Göttinger Minipig ist eine Kreuzung aus dem Minnesota-Minischwein und dem Vietnamesischen Hängebauchschwein.Lightbox-Link
Das Göttinger Minipig ist eine Kreuzung aus dem Minnesota-Minischwein und dem Vietnamesischen Hängebauchschwein.Quelle: Ellegaard Göttingen Minipigs A/S

Das Göttinger Minipig ist eine beliebte Miniaturschwein-Rasse. Hervorgegangen ist das Minischwein aus einer Züchtung in den 1960er Jahren an der Universität Göttingen. Hierbei wurden das Minnesota-Minischwein und das Vietnamesische Hängebauchschwein miteinander verpaart. Später wurde noch eine deutsche Landrasse eingekreuzt. Die Miniaturschweine sind einfach zu handhaben und deshalb geeigneter für Laboruntersuchungen als große Hausschweine. Das Herz-Kreislauf-System, die Haut und der Verdauungstrakt der Tiere sind denen des Menschen sehr ähnlich. Dadurch lassen sich auch mögliche unerwünschte Wirkungen beispielsweise von Arzneimitteln in Tests mit dem Minipig gut erfassen.

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Der Bericht der Projektgruppe umfasst 20 konkrete Vorschläge, wie die für die Zulassung von Medikamenten oder Chemikalien vorgeschriebenen Sicherheitstests unter besonderer Berücksichtigung von Aspekten der Ethik und des Tierschutzes weiter optimiert werden können. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Henner Simianer von der Universität Göttingen zeigte in dem Projekt unter anderem neue technologische und züchterische Möglichkeiten auf, wie sich gentechnisch veränderte Tiermodelle für bestimmte Krankheiten entwickeln lassen.  

Darüber hinaus dokumentierten die Wissenschaftler die Zuchtgeschichte und das derzeitige züchterische Management der Göttinger Minischweine. „Es ist wichtig, dass die Eignung der Minischweine für Versuche im Bereich der Toxikologie und Medikamentenzulassung immer wieder untersucht wird und dass die Vorteile gegenüber alternativen Modelltierarten wie Hunden und Primaten aufgezeigt werden“, so Simianer. „Und es freut uns natürlich, dass sich das Göttinger Minischwein mittlerweile weltweit als Standard durchgesetzt hat.“ Die Tiere werden heutzutage in Dänemark und den USA und in Zukunft voraussichtlich auch in Japan gezüchtet. Für die Kontrolle des einheitlichen genetischen Managements aller Teilpopulationen des Göttinger Minischweins ist die Abteilung Tierzucht und Haustiergenetik der Universität Göttingen verantwortlich.

 

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Kinaxo und AstraZeneca kooperieren bei Krebsforschung

Der deutsche Protein-Spezialist Kinaxo Biotechnologies GmbH und der britische Pharmakonzern AstraZeneca PLC kooperieren künftig bei der Entwicklung von Krebsmedikamenten.

Wie das Martinsrieder Unternehmen am 5. Januar mitteilte, werde es im Rahmen der Vereinbarung mittels Massenspektrometrie sämtliche Proteine in Zellen nach sogenannten posttranslationalen Modifikationen absuchen. Solche Veränderungen sind für viele zelluläre Prozesse von entscheidender Bedeutung, durch sie kann beispielsweise die Aktivität von Proteinen reguliert werden.

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Da sie auch Prozesse wie den programmierten Zelltod oder die DNA-Reparatur beeinflussen, kommt ihnen bei Krebs eine große Bedeutung zu.

Im Rahmen der der Vereinbarung wird Kinaxo mittels Massenspektrometrie in der gesamten Protein-Ausstattung von Zellen nach sogenannten posttranslationalen Modifikationen suchen.Lightbox-Link
Im Rahmen der der Vereinbarung wird Kinaxo mittels Massenspektrometrie in der gesamten Protein-Ausstattung von Zellen nach sogenannten posttranslationalen Modifikationen suchen.Quelle: Astra Zeneca
Durch die Suche im Proteom wollen die bayerischen Biotech-Experten neuartige Angriffspunkte für Medikamente identifizieren. „Das Auftreten und die Regulation von posttranslationalen Modifikationen sind der Schlüssel zu einem besseren Verständnis von Zellfunktionen und der Medikamentenwirkung auf molekularer Ebene“, sagte Kinaxos Technik-Vorstand Henrik Daub anlässlich der Veröffentlichung der Kooperationsvereinbarung. Über die finanziellen Details der beschlossenen Zusammenarbeit wurde nichts bekannt. Für Kinaxo sind Kooperationen wichtiger Bestandteil der Geschäftsstrategie. Seine Firma sehe sich als bevorzugter Technologiepartner der Pharmabranche, so Daub. Erst Ende September 2010 hatte das Unternehmen mit der japanischen Daiichi Sankyo-Gruppe die gemeinsame Erforschung von Onkologietargets vereinbart. Weitere Kooperationen bestehen mit anderen großen Pharmakonzernen, wie Johnson & Johnson, Boehringer Ingelheim, Roche oder Bristol-Myers Squibb.

Dynamischer Blick auf sämtliche Proteine in Bazillen

Greifswalder Mikrobiologen ist es in bisher unerreichtem Detail gelungen, nahezu das gesamte Protein-Inventar einer Bakterienzelle zu verschiedenen Zeitpunkten der Entwicklung zu vermessen.

Die molekularen Momentaufnahmen ermöglichen einen Blick auf die Verschiebung der Proteinkonzentrationen, wenn das Bakterium Bacillus subtilis einer Hungerkur unterzogen wird. Die Forscher stellen ihre dynamische Proteomanalyse im Fachblatt Nature Communications (2010, Online-Veröffentlichung) vor.

Dieses Diagramm macht sichtbar, wie sich die Konzentration von Proteinen bei Bakterien verändern, wenn sie eine Hungerkur durchmachen.Lightbox-Link
Dieses Diagramm macht sichtbar, wie sich die Konzentration von Proteinen bei Bakterien verändern, wenn sie eine Hungerkur durchmachen.Quelle: Universität Greifswald
Bacillus subtilis ist ein beliebter Modellorganismus unter Mikrobiologen. Bereits 1997 wurde das Genom der Mikrobe entziffert. Nun haben die Forscher um Dörte Becher vom Institut für Mikrobiologie an der Universität Greifswald in bisher unerreichter Auflösung gemessen, wie sich die Konzentration einzelner Eiweiße in den Zellen verändern. Dazu haben die Forscher die Mikroben in der Kultur in einen Hungerzustand versetzt und beobachtet, wie sich die Proteinzusammensetzung in den Zellen wandelt. Insgesamt haben Becher und ihr Team das Profil von 2142 Eiweißen verfolgt, das ist mehr als die Hälfte der theoretisch zu erwartenden 4100 Proteine bei B. subtilis. Bei ihrer Analysen gelang es den Forschern, die Eiweiße in definierte Bereiche innerhalb und außerhalb der Zelle zu sortieren und zu vermessen.

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Neben der Proteinausstattung untersuchten die Mikrobiologen auch die Genaktivität der Bazillen. Um das Zusammenspiel aller Komponenten zu verdeutlichen, haben die Forscher mit ihren Daten sogenannte "Voronoi Treemaps" angefertigt. In diesen Diagrammen werden die Veränderungen aller Komponenten des Stoffwechsels auf einen Blick dargestellt. Nach Ansicht der Forscher geht ihre Arbeit weit über die Mikrobiologie hinaus und liefert ein Beispiel für die Leistungsfähigkeit der physiologischen Proteomanalyse als sich rasant entwickelnder neuer Zweig der Lebenswissenschaften.

Lübeck will führender Standort für innovative Medizin werden

Die Hansestadt Lübeck will zu einem international führenden Standort für Medizin, Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft werden.

Dazu sollen Forschung, Qualifizierung und Standortmarketing ausgebaut werden, heißt es in einer „Lübecker Erklärung“, die Industrie- und Handelskammer (IHK), Universität und die Fachhochschule Lübeck, der Verein HanseBelt, die Stadt Lübeck und Schleswig-Holsteins Landesregierung am 7. Januar verabschiedet haben. Ziel müsse es sein, die Region bundesweit als attraktiven Standort für die besten Köpfe der Branche bekanntzumachen, forderte IHK-Präses Christoph Andreas Leicht.

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Vor rund 200 Gästen des Kongresses „Wirtschafts- und Wissenschaftsregion HanseBelt“ bezeichnete Schleswig-Holsteins Wissenschaftsminister Jost de Jager (CDU) Lübeck als strategischen Schwerpunkt-Standort des Landes. Zusammen mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, der Hochschulmedizin in Kiel und dem Forschungszentrum Borstel biete die Region ein umfassendes Wissen in Grundlagen- und angewandter Forschung. „Wir haben den Aufbau wissenschaftlicher Exzellenz in Lübeck immer unterstützt und werden das weiter tun“, sagte de Jager. Als Beispiel nannte er den geplanten Neubau für die Fraunhofer Einrichtung für Marine Biotechnologie (EMB), in den das Land insgesamt 45 Millionen Euro investieren werde (mehr...).  Der Vorstandsvorsitzende des Vereins HanseBelt, Norbert Basler, warb für eine HanseBelt Universität als Plattform für die engere Kooperation aller Hochschulen in der Region zwischen Hamburg und dem Øresund. So könne das Profil als hervorragend vernetzte Wissenschaftsregion weiter ausgebaut werden, sagte Basler.

Enzyme steuern Eiweiß-Transport in Zellkraftwerke

Freiburger Biochemiker haben aufgeklärt, wie der Transport von Proteinen in die Kraftwerke von Zellen, die sogenannten Mitochondrien, reguliert wird.

Demnach bestimmen zwei Enzyme in der Zelle je nach Stoffwechsellage darüber, ob Proteine in die Mitochondrien eingeschleust werden oder nicht. Die Wissenschaftler vom Centre for Biological Signalling Studies (BIOSS) berichten in der Fachzeitschrift Cell (6. Januar 2011, Online-Vorabveröffentlichung).

So erscheinen die Kraftwerke der Zelle unter dem Mikroskop.Lightbox-Link
So erscheinen die Kraftwerke der Zelle unter dem Mikroskop.Quelle: Universität Freiburg

Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen. Sie wandeln die Energie, die durch Nahrung aufgenommen wird, in eine Form um, die Zellen für vielfältige Stoffwechselreaktionen benötigen. Außerdem sind Mitochondrien an der Auslösung des programmierten Zelltodes beteiligt. Seit geraumer Zeit ist bekannt, dass Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes, Herzleiden oder Tumore auf Fehlfunktionen dieser Zellorganellen zurückzuführen sind. Mitochondrien besitzen etwa 1.000 verschiedene Proteine, von denen die meisten zunächst im Zellplasma (Cytosol) hergestellt  werden. Von dort aus werden sie in das Organell hinein geschleust.

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Förderbeispiel: Parkinson-Gefahr durch schrottreife Mitochondrien

Die Forscher um Chris Meisinger vom Institut für Biochemie und Molekularbiologie der Universität Freiburg haben nun herausgefunden, dass die Haupteintrittspforte für diese Proteine, je nach Stoffwechsellage von cytosolischen Enzymen, sogenannten Kinasen, unterschiedlich verändert wird. Die Kinasen übertragen Phosphatgruppen auf  die Komponenten der Haupteintrittspforte in der äußeren Hülle der Mitochondrien. Somit beeinflussen sie den Proteinimport in die Zellkraftwerke. Mitochondrien stammen von Bakterien ab und besitzen noch heute viele ihrer Eigenschaften. Forscher gingen deshalb lange Zeit davon aus, dass diese Organellen in höheren Zellen weitgehend unabhängig agieren und kaum in Kommunikation mit anderen zellulären Kompartimenten treten. Die Ergebnisse der Freiburger Forscher lassen nun aber darauf schließen, dass noch viel mehr solcher Kommunikationswege zwischen Mitochondrien und dem Rest der Zelle auf ihre Entdeckung warten.