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Alfred Nordheim: Vom Erbgut zum Eiweiß

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Alfred Nordheim beschäftigt sich seit den 80er Jahren mit dem komplizierten Geflecht der Eiweiße in der Zelle. Quelle: Universität Tübingen

05.10.2009  - 

Als junger Molekularbiologie widmete sich Alfred Nordheim der Untersuchung der DNA-Struktur. Ein wichtiges Sprungbrett auf seinem Weg war die Gruppenleiterstelle im Genzentrum Heidelberg, eine von vier deratigen Einrichtungen in Deutschland. Heute, als Lehrstuhlinhaber und Firmengründer, interessiert er sich dafür, was eigentlich genau passiert, wenn das Erbgut abgelesen wird und anhand der dort hinterlegten Informationen eine erstaunliche Vielzahl von Eiweißen entsteht. Nordheim ist beinahe ebenso vielfältig wie das Proteom einer Zelle. Neben seiner Tätigkeit am Lehrstuhl für Molekularbiologie der Universität Tübingen ist er Institutsleiter, Kongressorganisator und Unternehmensgründer.

Mit seinen guten Abschlüssen in der Tasche und den Erfahrungen, die er am Massachusetts Institute of Technology als Postdoc gesammelt hatte, stand Alfred Nordheim Anfang der 1980er-Jahre vor einer schwierigen Entscheidung: Sollte er eines von mehreren interessanten Stellenangeboten in den USA annehmen? Oder doch dem Bauchgefühl folgen und zurück in die Heimat gehen? „Als Assistent an einem Lehrstuhl wäre ich nicht nach Deutschland zurückgekommen“, stellt Nordheim klar. In den USA konnte er schon als Postdoc selbstständig forschen, und diese Freiheit wollte er nicht wieder aufgeben.

Durch Einfärbung im Vorderhirn der Maus sichtbar gemacht: Der Serum Response Factor regelt das Ablesen der Gene in allen Wirbeltieren.Lightbox-Link
Durch Einfärbung im Vorderhirn der Maus sichtbar gemacht: Der Serum Response Factor regelt das Ablesen der Gene in allen Wirbeltieren.Quelle: Universität Tübingen

Da passte es, dass zu dieser Zeit in Deutschland mehrere Genzentren gegründet wurden (mehr...). Auch das Heidelberger Zentrum für Molekulare Biologie entstand aus dieser Förderinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Nordheim bewarb sich erfolgreich als Leiter einer der selbstständigen Nachwuchsforschergruppen, die in Heidelberg und in den drei anderen Genzentren in Köln, München und Berlin eingerichtet wurden. Damit war die Rückkehr nach Deutschland beschlossene Sache. "Ich habe diesen Schritt nie bereut", sagt Nordheim, der heute Professor für Molekularbiologie an der Universität Tübingen ist. "Diese Fünf-Jahres-Förderung war eine tolle Sache und ein einmaliges Sprungbrett für mich und meine Mitarbeiter."

Genzentrum Heidelberg

Das Genzentrum in Heidelberg wurde 1982 als Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg (ZMBH) an der Universität Heidelberg gegründet und umfasste außerdem einzelne Arbeitsgruppen des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.

Zum ZMBH: www.zmbh.uni-heidelberg.de

Als Nachwuchsgruppenleiter aus den USA zurückgekehrt
Aus den USA hat der Heimkehrer eine Forschungsfrage mitgebracht, die sich als schwieriger als erwartet entpuppte: Als die DNA 1979 zum ersten Mal kristallisiert wurde, stellte man überrascht fest, dass sie nicht rechts-, sondern linksdrehend ist. James Watson und Francis Crick hatten 1953 die Vorstellung von der DNA-Struktur als eine rechtsdrehende „Wendeltreppe“ geprägt. Die ersten Kristallisationen stellten die Drehrichtung der DNA jedoch in Frage: Ist tatsächlich rechtshelikal die Regel? Und unter welchen biologischen Bedingungen klappt die DNA nach links? „Was soll ich Ihnen sagen: Derartige Strukturfragen sind auch heute, 20 Jahre später, nicht eindeutig geklärt“, meint der Molekularbiologe und ist froh, dass er sich in seiner Forschung nicht ausschließlich auf diesen einen Aspekt konzentriert hat.

Er hat sein Wissen über die DNA-Struktur und Protein-Wechselwirkungen dazu genutzt, um seine Forschung auf ein anderes wichtiges Thema zu fokussieren, das noch heute den Mittelpunkt seiner Arbeit bildet: die Transkription, also das Ablesen der Erbinformation und ihre Regulation. Seit er 1997 nach Tübingen kam, hat er außerdem einen neuen Forschungszweig kontinuierlich aufgebaut: die Proteomik. Dabei werden die Proteine untersucht, die von einem Genom zu einem bestimmten Zeitpunkt gebildet werden. Denn seit die Genome vieler Organismen entschlüsselt sind, darunter auch das von Mensch und Schimpanse, will man nun die Rolle der Proteine bei den molekularen und biologischen Prozessen klären. Nordheim widmet sich der Proteinforschung auf vielfältige Weise: Im Rahmen seiner Arbeit als Lehrstuhlinhaber und wissenschaftlicher Koordinator seiner Gruppe sowie als Unternehmensgründer und Institutsleiter.

Lebenslauf

1951 geboren in Philippsthal (Werra)

1979 Promotion zum Dr. rer. nat. an der Freien Universität Berlin

1980 - 1983 Postdoc am Massachusetts Institute of Technology1984 - 1989 Gruppenleiter am Zentrum für Molekulare Biologie Heidelberg

1989 - 1997 Professur für Molekularbiologie, Medizinische Hochschule Hannover

1997 Professor für Molekularbiologie, Universität Tübingen

1999 Gründung ProteoMed GmbH

2003 Direktor des Proteome Centrums Tübingen

Unter welchen Bedingungen klappt die DNA nach links?

„Auch wenn ich nicht mehr selbst an der Laborbank stehe und Lösungen pipettiere: Ich bin recht nah dran an den Forschungsprojekten meiner Leute, bringe meine Ideen ein und bin ein kritischer Zeitgenosse“, beschreibt Nordheim seinen Forschungsalltag. Neben seinen akademischen Aufgaben ist er aber auch erfolgreicher Firmengründer: Um die Patente, die aus der Arbeit zur Proteomanalytik hervorgegangen sind, auch wirtschaftlich nutzen zu können, hat Nordheim 1999 die Firma ProteoMed GmbH gegründet.

Proteome Centrum Tübingen

Das Proteome Centrum der Universität Tübingen entwickelt die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Forscher zur Marktreife weiter. Seit der Gründung im Jahr 2003 wurden hier Methoden zur quantitativen Proteinanalyse verfeinert. Damit können etwa Normale Zellen von Krebszellen unterschieden werden. 

zur Website des Centrums: hier klicken

Die Firma läuft, die Universität hat Nordheim wieder

Den Zusammenbruch der New Economy Anfang dieses Jahrtausends hat die Firma gut überstanden, da sie vorher mit einer anderen kleinen Biotechnologiefirma fusionierte. Seither nennt sie sich ProteoSys AG und beschäftigt rund 30 Mitarbeiter. Nordheim ist trotz des Erfolges froh, dass er die Aufgabe des Geschäftsführers abgeben konnte. „Der Laden läuft – die brauchen mich im Tagesgeschäft nicht“, meint er bescheiden.
Auf den ersten Blick paradox wirkt Nordheims Entscheidung, vor gut drei Jahren eine weitere Aktivität mit nahezu identischen Zielen wie ProteoSys zu starten: Warum macht sich jemand freiwillig selbst Konkurrenz? Bei genauerem Hinsehen wird klar, dass ProteoSys und das jüngere Proteome Centrum Tübingen zwar ähnliche Produkte und Dienstleistungen im Bereich der Proteom-Analytik anbieten, aber unterschiedliche Kunden bedienen: Das Proteome Centrum erweist sich vor allem als Kooperationspartner von Wissenschaft und Forschung, wohingegen ProteoSys seine Leistungen eher der Industrie anbietet. Auch bei dieser zweiten Aktivität hofft Nordheim, bald die Geschäftsführung abgeben zu können. „Ich fühle mich der hypothesengetriebenen, akademischen Forschung einfach mehr verbunden“, begründet das der Molekularbiologe.

Engagement für Studenten wird zu wenig bewertet
Dabei zieht den Professor nicht nur die Forschung immer wieder zurück an sein Institut: „Ich lasse es mir nicht nehmen, den Einführungskurs Zellbiologie für die Studenten des ersten Semesters selbst zu halten“, erzählt er. Nordheim möchte die jungen Leute von Anfang an mit seiner Begeisterung für Wissenschaft und für Molekularbiologie anstecken. Auch wenn er dabei oft frustriert ist: „Wie soll ich meinen Studenten die faszinierenden Möglichkeiten moderner Forschung nahe bringen, wenn die Ausstattung der Praktika derart miserabel ist?“, beschwert er sich und fordert, dass mehr Geld in die Lehre und die Lehrbedingungen investiert wird. Und dass Lehrtätigkeit bei der Beurteilung wissenschaftlicher Qualifikation stärker berücksichtigt wird. „Alle versuchen, so viel wie möglich zu publizieren. Aber wenn sich jemand
im Praktikumsraum engagiert, nimmt das niemand wahr“, kritisiert er die Scientific Community.
In Zukunft will Nordheim zwar keine Firma mehr gründen – er wird aber auch nicht nur für seine Studenten und Institutsmitarbeiter da sein. Als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Genetik organisierte er etwa den Weltkongress der Genetik, der im Juli 2008 in Berlin stattfand (mehr...).


Auszug aus BMBF-Broschüre: "Wege in die Biotechnologie - 25 Jahre Nachwuchsförderung"Komplette Boschüre bestellen: hier klicken

 

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Wege in die Biotechnologie: In den vergangenen 25 Jahren hat das BMBF mehr als 200 junge Wissenschaftler darin unterstützt, in die Biotechnologie zu gehen. Eine neue Broschüre verschafft nun Einblicke in den Verlauf dieser Karrieren: Was ist aus den einstigen Nachwuchsforschern geworden? Wie sind sie beruflich vorangekommen? Woran arbeiten sie heute? Die Broschüre kann kostenlos im Bestellservice geordert oder als PDF heruntergeladen werden.


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