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Zwischenbilanz: Deutsche Systembiologie-Zentren auf hohem Niveau

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In der Systembiologie versuchen Forscher zum Beispiel Zellvorgänge zu visualisieren, damit sie einer Modellierung durch Computer zugänglich gemacht werden können. Quelle: M. Zerial/MPI für molekulare Zellbiologie und Genetik

10.03.2010  - 

Die Systembiologie wird in Deutschland inzwischen vielfach verfolgt - unter anderen in den vier vom Bundesforschungsministerium geförderten Systembiologie-Zentren in Freiburg, Potsdam, Heidelberg und Magdeburg. Noch bis 2011 werden hier 45 Millionen Euro in den Aufbau von zentralen Strukturen investiert. Nun haben Experten eine erste positive Zwischenbilanz gezogen.

Die Systembiologie ist noch ein relativ junger Forschungszweig. Gemeinsam mit Mathematikern und Informatikern erstellen Biologen und Mediziner virtuelle Modelle am Rechner, um komplexe biologische Vorgänge in Zellen oder ganzen Organismen nachzustellen und vorherzusagen. Dabei werden etwa Stoffwechselvorgänge, die Interaktion von Eiweißen, Genen und anderen Biomolekülen in ihrem quantitativen Zusammenhang ganzheitlich betrachtet.

Langfristig soll es den Wissenschaftlern dadurch mithilfe der Bioinformatik ermöglicht werden, bestimmte molekularbiologische Vorgänge in silico, also virtuell im Computermodell nachzuvollziehen und vorherzusagen. Dies verspricht nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht einen Fortschritt, sondern auch aus wirtschaftlicher Perspektive: Experimenten mit virtuellen Zellen könnten sowohl Zeit und Kosten sparen als auch die Zahl von Tierversuchen verringern.

FORSYS
Mit den "Forschungseinheiten der Systembiologie" investiert das BMBF von 2007 bis 2012 insgesamt 45 Millionen Euro, um Kompetenzen an vier Standorten in Deutschland zu bündeln.

Mehr Infos: www.forsys.net

Regionale Leuchttürme etablieren 

Bereits seit 2001 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Gebiet der Systembiologie in Deutschland mit mehr als 300 Millionen Euro. Dazu gehören unter anderem Initiativen wie Hepatosys (Systembiologie der Leber) und Quantpro (Quantitative Analyse zur Beschreibung dynamischer Prozesse in lebenden Systemen) sowie die europäische Initiative SysMo (Systembiologie an Mikroorganismen), die als Startpunkt für das größere europäische Forschungsnetz ERASysBio diente. Mit dem Start der Förderinitiative FORSYS im Jahr 2007 wurde nun ein neuer Weg beschrieben: Erstmalig werden hier vier Zentren in Deutschland etabliert, die systembiologierelevante Fachdisziplinen unter einem Dach vereinen. Dafür stehen bis zum Jahr 2011 45 Millionen Euro zur Verfügung. "Hierdurch sollen Leuchttürme in Form regionaler, real existierender Zentren entstehen", erläutert Roland Eils, Professor an der Universität Heidelberg, Leiter des Heidelberger FORSYS-Zentrums (Viroquant) und Sprecher des FORSYS-Projektkomitees in der BMBF-Broschüre "Impulsgeber Lebenswissenschaften", die Ende 2009 erschienen ist. (zum Bestellerservice: hier klicken) Zwar habe es vorher schon vielfach Expertisen in der Systembiologie gegeben, doch erst mit FORSYS sei eine Bündelung aller Ressourcen gelungen, bilanziert Eils. Ganz ähnlich sieht das auch Bernd Müller-Röber, Professor an der Universität Potsdam und Sprecher des Potsdamer FORSYS-Zentrums (GoForsys): "Die Systembiologie in Deutschland hat inzwischen einen hohen Standard erreicht, allerdings ist nichts so gut, als dass es nicht noch weiter ausgebaut könnte." Zudem verweist Müller-Röber auf die internationale Konkurrenz: "Wir müssen sicherstellen, dass wir das inzwischen erreichte Niveau halten und noch besser werden. Aber man merkt, dass der Schwung da ist!" Nach Ende der fünfjährigen BMBF-Förderung sollen die Forschungseinheiten von den jeweiligen Trägereinrichtungen weitergeführt werden. Nach Angaben des BMBF haben Vertreter der zuständigen Länder Baden-Württemberg, Brandenburg und Sachsen-Anhalt ihre Unterstützung bereits zugesagt.

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Zwischenbilanz: Haben sich Konzepte bewährt?

Wie das BMBF nun mitteilt, hat ein international besetztes, unabhängiges Expertengremium aus Wissenschaft und Wirtschaft eine Zwischenbilanz zu den FORSYS-Zentren gezogen. Im Oktober fand dazu eine Evaluierung der ersten zweieinhalb Jahre Förderung statt: Haben sich die Konzepte der Zentren bewährt? Welche Ergebnisse konnten bisher erzielt werden? Wie steht es um die Nachhaltigkeit der Zentren? Die Experten sind dabei zu einem positiven Ergebnis gekommen und befürworten die weitere Förderung der Zentren. "An allen vier Standorten wird auf höchstem wissenschaftlichen Niveau gearbeitet", so das Fazit.

Aus Sicht von Müller-Röber wird es nun künftig vor allem darum gehen, weitere technologische und methodische Neuerungen anzugehen, um molekulare, biochemische und physiologische Daten mit noch höherer zeitlicher und räumlicher Präzision erfassen zu können. "Gerade im Zusammenhang mit der Analyse multizellulärer Organismen (Tiere, Pflanzen) gibt es noch immer zahlreiche ungelöste Aufgaben", so der Forscher. Dies wiederum erfordere ein enges und intensives Zusammenspiel auch mit Chemikern und Physikern.

Inhaltlich werden an den FORSYS-Zentren dabei ganz unterschiedliche Schwerpunkte verfolgt, die sich nicht nur auf Forschung beschränken.  So werden neue Lehrstühle, Studiengänge und Doktorandenprogramme zur Systembiologie geschaffen und wissenschaftliche Nachwuchsgruppen eingerichtet. "Eine der größten Herausforderungen in der Systembiologie liegt Sicht in der Zusammenführung von jungen Wissenschaftlern mit unterschiedlicher, d.h. experimenteller vs. theoretischer Expertise", erläutert Müller-Röber. Dies mache auch die besondere Attraktivität von Ausbildung und Forschung in der Systembiologie aus. "Wir in Potsdam merken zum Beispiel sehr deutlich, wie durch gemeinsame Planung, Durchführung und Auswertung von Experimenten beide Seiten voneinander lernen, profitieren und zusammenwachsen. Denn die Zukunft in der systembiologischen Forschung liegt gerade in dieser engen Verzahnung von Experiment und Theorie", so der Wissenschaftler. 

 

Kurzer Überblick über die Zentren:

GoFORSYSPhotosynthesis and Growth: A Systems Biology-based Approach – ist eine interdisziplinäre Forschungsaktivität der Universität Potsdam, die in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm läuft. Ingesamt 15 Arbeitsgruppen, zwei Juniorarbeitsgruppen sowie das Biotech-Unternehmen metanomics sind am Zentrum beteiligt.  Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten steht die Photosynthese: Mit Hilfe von im Labor gewonnenen Daten und mathematischen Modellen wollen die Wissenschaftler den bedeutendsten biochemischen Vorgang der Erde am Computer nachbilden. Sie zielen beispielsweise darauf ab, Vorhersagen über das Pflanzenwachstum bei sich verändernden Umwelteinflüssen zu treffen. Bislang stammen die Daten aus wissenschaftlichen Beobachtungen von Grünalgen: Biologen nehmen den Photosynthese-Prozess dieses einfachen Organismus’ genau unter die Lupe und untersuchen unter anderem, wie sich das Zusammenspiel von Licht und Temperatur oder Licht und Stickstoffverwertung auf dessen Wachstum auswirkt. In Zukunft soll das Modell auf komplexere pflanzliche Organismen übertragen werden. Die Steigerung der Photosyntheseeffizienz und somit des Pflanzenwachstums könnte künftig eine wichtige Rolle spielen – etwa bei der Energieerzeugung durch Biomasse.  Mehr Infos: www.goforsys.de
VIROQUANTSystems Biology of Virus-Cell Interactions – ist eine Initiative der Universität Heidelberg, die auf die Entwicklung dynamischer Modelle zellulärer Netzwerke zielt, die für Virusvermehrung und Zell-Virus-Interaktionen (z.B. bei HIV und AIDS) von Bedeutung sind. VIROQUANT nutzt die experimentellen Voraussetzungen des Standortes Heidelberg für die Bereiche Hochdurchsatzscreening, hochauflösende Mikroskopie, Imageanalyse etc. sowie die Anbindung an bereits regional etablierte Systembiologie-relevante Aktivitäten (BIOMS, BIOQUANT). Die Forschungseinheit VIROQUANT ist in das BIOQUANT-Gebäude integriert. Mehr Infos: www.viroquant.uni-hd.de
MaCS - Magdeburg Center for Systems Biology – ist eine Initiative der Universität Magdeburg, die gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme erarbeitet wurde. Hierbei wird ein theoretisches und Computer-betontes Zentrum etabliert, das die Magdeburger Expertise in Systemtheorie und Systemtechnik mit der mathematischen Modellierung bündelt, um neue systembiologische Ansätze zu entwickeln. Diese sollen zur Analyse und Rekonstruktion molekularer Netzwerke (Regulation, Signaltransduktion, Proliferation etc.) eingesetzt und in einem iterativen Prozess optimiert werden. Darüber hinaus ist die Forschungseinheit in das Forschungszentrum für Dynamische Systeme in Biomedizin und Prozesstechnik der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg integriert, das vom Land Sachsen-Anhalt unterstützt wird. Mehr Infos: www.mpi-magdeburg.mpg.de/MaCS
FRISYSFreiburg Initiative for Systems Biology – zielt auf die Analyse und Modellierung der Signalübertragung im Wachstums- und Differenzierungsprozess. Grundlegende Kontrollprinzipien sollen in Modellorganismen mit phylogenetischen Schlüsselpositionen identifiziert und in mathematische Modelle integriert werden. Aufbauend auf den Ergebnissen werden Perspektiven für die Nutzung der Systembiologie in biomedizinischen und biotechnologischen Anwendungen erarbeitet. FRISYS ist räumlich an das Freiburger Zentrum für BioSystemAnalyse (ZBSA) angebunden, das zu Beginn des Jahres 2007 fertiggestellt wurde. Derzeit arbeiten 15 Arbeitsgruppen unter dem Dach von FRISYS, jeweils zwei weitere aus Berlin und Rostock sind ebenfalls beteiligt. Mehr Infos: www.frisys.biologie.uni-freiburg.de

 

 

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