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Parkinson-Gefahr durch schrottreife Mitochondrien

Mitochondrien sind über eine eigene Membran vom Rest der Zelle getrennt. Werden sie am Ende ihres Lebenszyklus nicht entsorgt, erhöhen sie das Parkinson-Risiko. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Mitochondrien sind über eine eigene Membran vom Rest der Zelle getrennt. Werden sie am Ende ihres Lebenszyklus nicht entsorgt, erhöhen sie das Parkinson-Risiko. Quelle: Überseemuseum Bremen

13.07.2010  - 

Dass die Gene und die aus ihnen entstehenden Eiweiße namnes PINK1 und Parkin etwas mit der Parkinson-Erkrankung zu tun haben, vermuten Mediziner schon seit längerem. Sind sie mutiert, steigt das Risiko für das degenerative Nervenleiden erheblich. Wissenschaftler des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung am Universitätsklinikum Tübingen haben nun geklärt, was die beiden Proteine in der Zelle tun. Nach den Analysen, die im Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) durchgeführt wurden, sind PINK1 und Parkin dafür zuständig, defekte Mitochondrien - die Kraftwerke in den Zellen - für die Entsorgung zu markieren. Nicht mehr richtig funktionierende Mitochiondrien sind eine der vermuteten Ursachen für Parkinson. Die Entdeckung der zentralen Rolle des Gen-Duos, die in Nature Cell Biology (2010, Bd. 12, S. 119 - 131) veröffentlicht wurde, könnte einmal zu neuen Therapien führen.



 

Eine Zelle ist ein komplexes Gebilde, das aus einer Reihe von Zellorganellen besteht. Eine der wichtigsten sind die sogenannten Mitochondrien. Einst waren sie wohl selbständige Bakterien, die dann im gegenseitigen Einverständnis von Zellen aufgenommen und fest integriert wurden. Von dieser Geschichte zeugt noch die eigene DNA, über die Mitochondrien verfügen. In der Zelle haben sie die Aufgabe, energiereiche ATP-Moleküle herzustellen, die von anderen Zellorganellen für Stoffwechselvorgänge wie zum Beispiel den Austausch von Stoffen mit der Außenwelt gebraucht werden. Mit der Zeit können Mitochondrien aber auch verschleißen. Durch die Defekte, die sich eingeschlichen haben, funktionieren sie nur noch eingeschränkt. Viel schlimmer noch, sie schädigen die Zelle sogar. Das kann zum Zelltod führen. Deshalb hat die Zelle eine interne Müllabfuhr eingerichtet, die defekte Kraftwerke abbaut und entsorgt.

Nationales Genomforschungsnetz

Über das Nationale Genomforschungsnetz fördert das BMBF Wissenschaftler, die genetische Ursachen von Krankheiten besser verstehen und ihre Erkenntnisse in die Klinik überführen möchten. Seit 2008 wird das NGFN im neu initiierten Programm der Medizinischen Genomforschung bereits in der dritten Auflage gefördert.

www.ngfn.de

Alte Mitochondrien werden mit dem Müll-Marker Ubiquitin versehen

Wissenschaftler um Wolfdieter Springer und Philipp Kahle konnten nun erstmals beschreiben, wie diese mitochondriale Autophagie oder Mitophagie funktioniert. Die beiden Parkinson-Risikogene PINK1 und Parkin spielen dabei eine große Rolle. Die aus ihnen entstehenden Proteine gleichen Namens arbeiten als Team. Gemeinsam kennzeichnen sie geschädigte Mitochondrien für den Abbau, indem sie einen an der Oberfläche der Mitochondrien befindlichen Kanal mit dem kleinen Protein Ubiquitin markieren. Diese Markierung dient der Zelle als Signal zum Abbau geschädigter Mitochondrien. Fehlen die Proteine PINK1 oder Parkin durch eine Mutation, ist dieser Entsorgungsmechanismus gestört. Eine solche Störung könnte entscheidend an der Entstehung von Parkinson beteiligt sein, so die Vermutung der Tübinger Wissenschaftler.

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Der tatsächliche Vorgang hat noch ein paar Stationen mehr. Eine sogenannte Signalkaskade nimmt beim PINK1-Protein ihren Anfang. Es sorgt dafür, dass sich das ansonsten gleichmäßig in der Zellflüssigkeit verteilte Protein Parkin an die geschädigten Mitochondrien anlagert. Parkin wiederum markiert einen Ionenkanal auf den Mitochondrien mit Ubiquitin. Das wird von dem Protein p62/SQSTM1 bemerkt, das das Mitochondrium als Ganzes zur Entsorgung der Autophagie-Maschinerie zuführt.

Fehlen von PINK1 komepnsieren

Die Tübinger sind Parkinson-Experten. Erst Ende 2009 hatten sie durch den Vergleich des Erbguts von 13.500 Probanden neue genetische Risikofaktoren entdeckt (mehr...). Schon damals wurden die Forscher durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetzes gefördert. Die neueste Entdeckung verknüpft nun zwei der wichtigsten Erkenntnisse der Parkinson-Forschung der vergangenen Jahre. Bisher war bekannt, dass bei der Entstehung und im Verlauf der Parkinson-Erkrankung zum einen Störungen der zellulären Proteinabbauwege und zum anderen Fehlfunktionen in den Mitochondrien eine Rolle spielen. Außerdem hatten Genomforscher festgestellt, dass eine Mutation der Gene PINK1 und Parkin mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Parkinson führt. "Die Erkenntnisse dieser Studie könnten nun die Entwicklung von spezifischen Wirkstoffen ermöglichen, die ein Fehlen von PINK1 und Parkin kompensieren und den Entsorgungsmechanismus so steuern, dass nur geschädigte Mitochondrien abgebaut werden", sagt Wolfdieter Springer, der Leiter der Studie. "Das wäre eine Perspektive, neurodegenerativen Krankheiten vorzubeugen." Wie sich die segensreiche Arbeit von PINK1 und Parkin simulieren lässt, das wissen die Forscher allerdings noch nicht.

 

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