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Nationale GVO-Anbauverbote in EU zulässig

Noch ist nicht ganz Europa eine gentechnikfreie Zone, wie hier auf einem Wahlplakat der ödp gefordert. Für Österreich und Ungarn wurden die nationalen Anbauverbote für MON810-Mais jedoch bestätigt. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Noch ist nicht ganz Europa eine gentechnikfreie Zone, wie hier auf einem Wahlplakat der ödp gefordert. Für Österreich und Ungarn wurden die nationalen Anbauverbote für MON810-Mais jedoch bestätigt. Quelle: Ökologisch-Demokratische Partei (ödp)

03.03.2009  - 

Österreich und Ungarn müssen ihr Anbauverbot für die gentechnisch veränderte (gv) Maissorte MON810 des US-Konzerns Monsanto nicht aufheben. Das haben die EU-Umweltminister am 2. März in Brüssel auch mit den Stimmen Deutschlands entschieden. "Ich kann nicht erkennen, warum wir den Interessen eines einzigen amerikanischen Konzerns folgen und in den Mitgliedstaaten die Bürger gegen uns aufbringen sollen", sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) nach der Sitzung. Umweltverbände begrüßten die Entscheidung. Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) wirft Gabriel indes vor, gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung verstoßen zu  haben.

 

Zum wiederholten Male ist die Europäische Kommission gescheitert, einzelne nationale Anbauverbote in Europa zu kippen - und sich dafür Rückendeckung vom Rat der EU-Umweltminister zu holen. Die Kommission hatte den Umweltministern vorgeschlagen, Österreich und Ungarn zu zwingen, ihren Anbaubann für die genetisch veränderten Maissorte MON 810 des US-Konzerns Monsanto  aufzuheben - schließlich hatte die Pflanze die Sicherheitsprüfungen der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA durchlaufen und ist seit 1998 offiziell in der EU zum Anbau zugelassen. Wie bei vorherigen Versuchen, musste die Kommission jedoch eine Niederlage hinnehmen: Bei ihrer Sitzung am 2. Märzt lehnten die EU-Umweltminister lehnten den Vorschlag ab, mit einer qualifizierten Mehrheit vont 22 der 27 EU-Ministern bzw. 282 von 345 Stimmen. Lediglich Großbritannien, die Niederlande, Finnland, Schweden und Estland sprachen sich für den Kommissionsvorschlag aus. Bei der separaten Abstimmung zum Anbauverbot von T25, einer in der EU nie zur Zulassung gelangten gentechnisch veränderten Maissorte des Konzerns Bayer, in Östereich war die Entscheidung noch deutlicher. Mit Schweden stimmten insgesamt 23 Staaten mit 292 Stimmen gegen die Aufhebung des Banns.

Standortregister

In Deutschland wird wie in Europa auch derzeit nur eine gentechnisch veränderte Nutzpflanze kommerziell angebaut: die Maissorte MON810 von Monsanto. Wo MON810 im Bundesgebiet angebaut wird, ist im Standortregister des Bundesamts für Verbraucherschutz verzeichnet:

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"Wir haben uns voll durchgesetzt"

Für die Kommission war es der zweite Versuch, auf Basis einer Empfehlung der EFSA das Anbauverbot in Ungarn aufzuheben, und das dritte Mal in Österreich. Österreichs Umweltminister Nikolaus Berlakovich sprach von einem historischen Erfolg: "Wir haben uns voll durchgesetzt, für mich ist das so, als ob Österreich Fußball-Europameister geworden wäre." Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), der die nationalen GVO-Anbauverbote von Österreich und Ungarn ebenfalls unterstützte, hatte sich schon im Vorfeld der Entscheidung eindeutig geäußert. "Ich kann nicht erkennen, warum wir den Interessen eines einzigen amerikanischen Konzerns folgen und in den Mitgliedstaaten die Bürger gegen uns aufbringen sollen."  Eine mögliche Abhängigkeit der Landwirte liege "auf der Hand".

Aus Koalitionskreisen heißt es, Gabriel habe sich mit seinem Votum gegen das Kanzleramt gestellt, das ihm eine Enthaltung aufgetragen habe. Doch Gabriel habe die Order, die ihm durch einen Beamten des Kanzleramts zugetragen worden sei, als nicht verbindlich betrachtet. Gabriel erklärte dazu: "Die Geschäftsordnung der Bundesregierung ist so: Wenn man versuchen will, einen Minister an einer bestimmten Entscheidung zu hindern, dann muss man ein Ministergespräch herbeiführen." Er habe aber nur ein Schreiben einer Staatssekretärin aus dem Forschungsministerium erhalten. Dieser Darstellung widerspricht jedoch Bundesforschungsministerin Annette Schavan. Sie wirft dem SPD-Politiker einen Verstoß gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung vor. "Das ist nicht in Ordnung», erklärte Schavan am 3. März in Berlin. "Abenteuerlich" sei Gabriels Begründung, wenn er darauf verweise, dass vor der Abstimmung im EU-Umweltrat kein Gespräch beider Minister stattgefunden habe, sagte die Ministerin. Laut Geschäftsordnung müssen sich Regierungsmitglieder bei EU-Ratabstimmungen enthalten, wenn es Meinnungsverschiedenheiten innterhalb der Regierung gibt. "Gegen diese Spielregeln hat er eindeutig verstoßen", so der Vorwurf von Schavan an Gabriel.  

Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen weltweit

Weltweit nimmt der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu. Nach den Zahlen des International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications (ISAAA) stieg 2008 die Anbaufläche um 9,4 Prozent auf nunmehr 125 Millionen Hektar an. Dies entspricht der 3,5-fachen Größe Deutschlands. Gv-Pflanzen werden in mittlerweile 25 Ländern kommerziell genutzt.

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Deutsches Anbauverbot für MON810 wird geprüft
Gabriels Kritik passt indes zum politischen Klima. In den vergangenen Wochen hatten mehrere Politiker Zweifel an der Nutzung von gv-Pflanzen in der Landwirtschaft geäußert (mehr...). Bis Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) schließlich verkündete, ein Anbauverbot für MON810 in Deutschland prüfen zu lassen. Die Pflanzen-Gentechnik bringe keinen erkennbaren Nutzen und werde von Verbrauchern wie Bauern abgelehnt, sagte Aigner in einem Interview mit der Berliner Zeitung. Ein mögliches Verbot von MON 810 hänge davon ab, ob der US-amerikanische Saatguthersteller Monsanto die Auflagen zum Anbau einhält. Bis zum März müssen entsprechende Unterlagen eingereicht werden. Der kommerzielle Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen stünde in Deutschland vor dem Aus, wenn ein Anbauverbot durchgesetzt wird. Bislang ist die MON 810 die einzige Pflanzensorte ist die einzige genetisch veränderte Pflanze, die seit 1998 in der EU angebaut werden darf.  Im Fall von T25 handelte es sich um eine eher theoretische Auseinandersetzung, weil das Produkt über keine EU-Saatgutzulassung verfügt.

Kritik an der deutschen Unterstützung für Anbauverbote kommt vom Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter. Hier sieht man die Forschungsfreiheit in Gefahr, wenn es tatsächlich zu einem Anbauverbot in Deutschland kommen sollte (zur Pressemitteilung). Aber auch in der Wissenschaft regt sich Widerstand. So hatte Agrarforscher Stefan Rauschen von der Arbeitsgruppe Agrarökologie der RWTH Aachen und Koordinator mehrere vom Bundesforschungsminsiterium finanzierter Projekte zur Erforschung der Sicherheit von gv-Mais, bereits einen offenen Brief (PDF-DONWLOAD) an Aigner und Söder geschrieben. Darin heißt es: "Es konnten keine Hinweise darauf gefunden werden, dass von MON810 ein größeres oder anderes Risiko einer Gefährdung der Umwelt ausgeht als vom konventionellen Maisanbau. Im Gegenteil, der Anbau von MON810 erwies sich als deutlich schonender als die Behandlung von mit  Maiszünslern befallenen Flächen mit Insektiziden."

Nicht gegen die Mehrheit der Europäer

SPD-Fraktionsvize und Greenpeace-Mitglied Ulrich Kelber sprach indes von einem Meilenstein im Kampf gegen die grüne Gentechnik. Damit stünden auch in Deutschland die Türen für ein Verbot von gentechnisch verändertem Mais weit offen. Aigner müsse es noch vor der Anbauperiode durchsetzen, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Auch Umweltverbände begrüßten die Entscheidung einhellig. "Das ist ein Sieg für die Umwelt, Bauern und Verbraucher", sagte Marco Contiero von Greenpeace. Auch BUND- Chef Hubert Weiger sieht sich bestätigt: "Gentechnik lässt sich nicht gegen die Mehrheit der Europäer durchsetzen."

Die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen

Die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen sorgt in der EU immer wieder für Diskussionsstoff. In unserem Dossier erfahren Sie, wie das Verfahren funktioniert und wer es kritisiert.

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Umweltminister Gabriel befürwortet nicht nur nationale Selbstbestimmung beim Anbau von gv-Pflanzen, sondern fordert darüber hinaus auch eine Revision des Zulassungsverfahrens, wie es im vergangenen Jahr von Frankreich angemahnt wurde (mehr...). Derzeit führt die Notwendigkeit einer qualifizierten Mehrheit dazu, dass von der EFSA positiv bewertete gv-Pflanzen von der Kommission auch zugelassen werden müssten, wenn sich nicht genügend Umweltminister für oder gegen eine Zulassung finden. Da sich meist eine Patt-Situation ergibt, wird seit langem eine Neuordnung des Verfahrens gefordert. 

Gabriel fordert Neuordnung des Zulassungsverfahrens

"Wir erwarten schon, dass der Vorschlag der Franzosen zur Neuentscheidung über das Verfahren endlich aufgegriffen wird", sagte Gabriel in Brüssel. Zugleich kritisierte er die EFSA. "Es geht darum, wie die EFSA zusammengesetzt ist und inwieweit auch strukturell dafür Sorge getragen wird, dass die kritischen Argumente zur Gentechnik dort Eingang finden", sagte er.

Spätestens im Mai wird das Thema wieder auf die Tagesordnung kommen. Dann müssen die EU-Umweltminister über die Anbauverbote für gv-Mais entscheiden, die in Frankreich und Griechenland bestehen. Außerdem liegen bei der EU noch Anträge für zwei weitere gentechnisch veränderte Maissorten vor Pioneers 1507 und Syngentas Bt-11-Mais. Auf der Basis von EFSA-Gutachten hat die Kommission die Zulassung befürwortet, eine erste Abstimmung im Ständigen Ausschuss hat allerdings - wie inzwischen üblich - keine qualifizerte Mehrheit für eine Ablehnung hervorgebracht.

 

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