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Pflanzen gegen Krankheitserreger impfen

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Mit Hilfe der Ackerschmalwand haben Aachender Pflanzenforscher ein weiteres Detail der pflanzlichen Immunabwehr aufgeklärt. Quelle: Wikipedia

28.05.2009  - 

Menschen haben Antikörper. Pflanzen nicht. Trotzdem ist seit langem bekannt, dass Pflanzen eine Art Immunsystem besitzen. Sie wehren sich gegen Pilz- und Bakterienbefall und entwickeln sogar Resistenzen. Forscher der Rheinisch-westfälischen Technischen Hochschule Aachen haben jetzt entschlüsselt, wie genau diese Pflanzenimmunität funktioniert. Ihre Forschungsergebnisse sind im Fachjournal The Plant Cell (2009, Vol 21, p.944-953) veröffentlicht und könnten zur Entwicklung neuer krankheitsresistenter Pflanzen führen.

Versuchsobjekt ist eine Pflanze, die üblicherweise als Unkraut gilt: Die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana). Sie ist ein dankbares Forschungsobjekt, weil ihr gesamter genetischer Schaltplan mit seinen ca. 30 000 Genen bekannt ist. Mit ihrer Hilfe wollten die Pflanzenforscher genauer verstehen, wie das Immunystem der Pflanzen die Abwehr gegen Krankheitsserreger organisiert. Wenn Pflanzen von einem Schaderreger (zum Beispiel einem Pilz oder einem Bakterium) angegriffen werden, so bauen sie nämlich Abwehrkräfte auf, die sie für einen späteren Angriff resistenter machen. Nun konnten die Aachener Molekularbiologen um Uwe Conrath nachweisen, dass die Pflanzen nach dem Priming, also einer Erstinfektion mit Krankheitsserregern, eine erhöhte Konzentration von bestimmten Eiweißen aufwiesen, den sogenannten Mitogen-Aktivierten Protein Kinasen (MAP-Kinase3 und MAP-Kinase 6).

Im Labor hielt die gezielte Impfung von Gerste mit den Map-Kinasen den Pflanzen eine ganze Vegetationsperiode lang die Schädlinge vom Leib.Lightbox-Link
Im Labor hielt die gezielte Impfung von Gerste mit den Map-Kinasen den Pflanzen eine ganze Vegetationsperiode lang die Schädlinge vom Leib.Quelle: pixelquelle.de
Immunabwehr auf Zuruf

Diese MAP-Kinasen sind Enzyme, die in der Pflanze für die Entwicklung und Signalübertragung zuständig sind. „Sie funktionieren ganz anders als Antikörper“, erklärt Conrath, Professor der Molekularbiologie an der RWTH. Antikörper - wie sie auch wir Menschen als Teil unserer Immunabwehr besitzen - sind immer gegen einen ganz speziellen Erreger gerichtet, den sie markieren und binden. Und in dauerhafter Alarmbereitschaft, um auf eine Infektion reagieren zu können. Anders die MAP-Kinasen. „Die Eiweiße liegen zunächst `schlafend` in der Zelle vor“, beschreibt Conrath seine Beobachtungen. „Die Pflanze spart Energie.“  Erst wenn das Signal eines Krankheitserregers von der Pflanze erkannt wird, werden die MAP-Kinasen durch einen biochemischen Prozess aufgeweckt und sorgen für eine Signalübertragung in den Zellkern, indem sie das Substrat phosphorylieren.

Weil die MAP-Kinasen eine dreifache Struktur besitzen, entsteht dabei ein Verstärkungseffekt, der die Signalübertragung exponentiell beschleunigt. Wie genau die Signalübertragung funktioniert, bleibt allerdings noch Gegenstand weiterer Forschungen. Conrath und sein Team haben aber bereits bestimmte Regulationsmoleküle im Verdacht, sogenannte Messenger-RNA, deren Konzentration nach einer Immunreaktion ebenfalls zunimmt. Es könnten aber auch fettähnliche Moleküle sein, so Conrath.

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Kampf gegen Erreger durch gezieltes Impfen

In jedem Fall werden durch die MAP-Kinasen im Zellkern die Gene aktiviert, auf denen der Bauplan für Eiweiße zur Abwehr der Erreger abgespeichert ist - also eine Pflanzenabwehr auf Zuruf. „Die Signalübertragung der MAP-Kinasen sorgt für eine vielfältige Proteinbildung, und hat dadurch eine Breitspektrumresistenz der Pflanze zur Folge“, erläutert Conrath. Darüber hinaus haben Pflanzen eine ganze Reihe von weiteren wirksamen Abwehrmechanismen parat – von einer Verfestigung der Zellwand, die das Eindringen von Pilzen verhindert, bis hin zum programmierten Zelltod, um den Eindringlingen die Nährstoffe zu entziehen.

Conrath vergleicht das Plfanzenabwehrsystem mit Schaltern: „Die Pflanze legt beim ersten Mal molekulare Schalter an, um die Abwehr einzuschalten. Und weil die Schalter schon da sind, funktioniert die Abwehr beim zweiten Angriff besser“, erklärt er. Das Phänomen sei erstmals 1901 von französischen Biologen beschrieben worden, allerdings ohne seine biochemischen, physiologischen und vor allem molekularbiologischen Abläufe zu kennen.

Hintergrund
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Impfen als Strategie bei Frost und Dürre

Die Aachener Forschungsergebnisse entstanden in Kooperation mit der University of Missouri, der Michigan State University und der University of California. Langfristig könnten sie dazu beitragen, Pflanzen künftig gezielt zu immunisieren - ähnlich wie beim Impfen. „Durch das Priming können wir insbesondere auch Nutzpflanzen wie Weizen, Soja und Mais gezielt auf Krankheitserreger vorbereiten“, hofft Conrath.

Wie lange das Priming der MAP-Kinasen bestehen bleibt, ist allerdings noch unklar. „Wir wissen nicht genau, wann die Enzyme den Abwehrmechanismus wieder verlernen“, sagt Conrath. Bei bisherigen Experimenten blieben die Pflanzen im Schnitt einige Wochen bis Monate resistent, Weizen und Gerste sogar eine ganze Vegetationsperiode lang. Auch gegen abiotische Faktoren wie Trockenheit, Kälte und Salz könne man die Pflanzen nach dieser Methode „impfen“: Nach Angaben der Forscher überlebte die Ackerschmalwand dank MAP-Kinasen im Laborversuch vier Stunden lang starke Frosttemperaturen.

 

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