Runder Tisch: Diskussion um Standards in der Sicherheitsforschung
07.07.2010 -
Welche Risiken gehen von gentechnisch veränderten (gv) Pflanzen auf die Umwelt aus? Und wie kann die Sicherheitsforschung, die mögliche Auswirkungen von gv-Pflanzen untersucht, verbessert werden? Das waren die Hauptthemen des vierten Runden Tisches Pflanzengenetik, zu dem der Staatssekretär des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Georg Schütte, am 7. Juli rund 30 Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden und Kirchen geladen hatte. Es wurde durchaus kontrovers diskutiert, wie eine relevante und sinnvolle Sicherheitsforschung aussehen sollte. So ging es etwa um den für Forscher angemessenen Zugang zu Daten- und Versuchsmaterial, den Blick auf ökosystemische Wirkungen und die Entwicklung verbesserter Methoden und Indikatoren. Schütte kündigte für Ende des Jahres die Fortsetzung der BMBF-Förderung zur biologischen Sicherheitsforschung an.
Drehte sich der dritte Runde Tisch Pflanzengenetik im Juni insbesondere darum, welche Rolle die Agrarforschung für die Sicherung der Welternährung spielen kann (mehr...), so konzentrierte sich die vierte Auflage der Dialog-Runde auf die Frage der biologischen Sicherheitsforschung bei gentechnisch veränderten Pflanzen. Der Gastgeber und Diskussionsleiter, BMBF-Staatsekretär Georg Schütte, betonte die Wichtigkeit der Sicherheitsforschung. Das Bundesforschungsministerium habe die Sicherheitsforschung seit 1979 bis heute mit mehr als 100 Millionen Euro unterstützt. Seither wurden 300 Projekten an über 60 Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen aufgelegt. „Die Ergebnisse sind in international anerkannten Fachzeitschriften veröffentlicht worden und haben Eingang bei Entscheidungen der Zulassungsbehörden gefunden. Viele klärende Ergebnisse liegen mittlerweile vor", sagte Schütte. Wissenschaftlichen Belege für gesundheitliche oder ökologische Schäden durch gentechnisch veränderten Pflanzen seien dabei nicht aufgetaucht.
Eindeutige Ursachen-Wirkungshypothesen nötig
Die Molekularbiologin Inge Broer von der Universität Rostock fasste zum Auftakt ein Thesenpapier zusammen, in dem es um den Stellenwert und die Anforderungen an die Sicherheitsforschung bei gv-Pflanzen geht. Broer betonte, Sicherheitsforschung müssen hypothesengetrieben sein, um relevante Ergebnisse zu liefern: „Es muss eindeutige Ursachen-Wirkungshypothesen geben, die man dann auch untersuchen kann“. Außerdem sprach sie sich dafür aus, Schwellenwerte festzulegen und sich dazu in der Forschergemeinde auf wichtige Indikatoren bei der Untersuchung von gv-Pflanzen und ihren Wechselwirkungen mit der Umwelt zu einigen. Dafür müsse das Methodenarsenal der Sicherheitsforscher ständig verbessert und weiterentwickelt werden. Der Naturschutzbund Deutschland NABU hatte als Vertreter des Deutschen Naturschutzrings DNR seine Teilnahme am Runden Tisch kurzfristig abgesagt. Der NABU kritisierte in einer Pressemitteilung, er sehe die Bereitschaft zu einem ernsthaften und wissenschaftsbasierten Dialog seitens des BMBF nicht gegeben. Der NABU und der DNR stoßen sich besonders an einer BMBF-Stellungnahme zu einem Neun-Punkte-Katalog zur ökologischen Risikoforschung, den die Umweltverbände im Dezember 2009 zum Thema veröffentlicht hatte. Das BMBF bedauerte das Fehlen des NABU beim Vierten Runden Tisch. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstandvorsitzender des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) brachte die Kritiken der Umweltverbände vor.
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Erleichterter Zugang zu Saatgut
Dabei forderte er, unabhängige Wissenschaftler müssten für ihre Tests erleichterten Zugang zu den Daten und Saatgut-Material haben. Außerdem sei die Auswirkung von gv-Pflanzen-Pollen etwa auf Bienen nur unzureichend untersucht. Auch die sozioökonomischen Auswirkungen des Anbaus von gv-Pflanzen sei mangelhaft untersucht. Henning von der Ohe vom Saatguthersteller KWS Saat betonte, die Unternehmen hätten größtes Interesse, die biologische Sicherheitsforschung zu unterstützen. Doch die Firmen seien aus guten Grund vorsichtig mit der Herausgabe von gv-Saatgut: „Wir werden letztlich in der Öffentlichkeit verantwortlich gemacht, wenn Pflanzen auf diese Weise unkontrolliert in die Umwelt gelangen“. Deshalb würden nur ausgewiesene Forscher an Firmen-Saatgut gelangen, die klare Studienziele äußerten und auch einen Einblick in die erhaltenen Daten gewährten.
Neue Förderinitiative vorbereitet
Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz (BfN) sagte, die Sicherheitsforschung müsse stärker auf die Auswirkungen der gv-Pflanzen auf das gesamte Ökosystem ausgerichtet werden. Viele sogenannte Wirkpfade der gentechnisch in Pflanzen eingeschleusten Toxine im Wasser oder in Böden seien nicht ausreichend untersucht. Auch müsse man sich noch auf bestimmte Indikatorarten bei sogenannten Monitorings einigen. BMBF-Staatssekretär Georg Schütte zeigte sich im Anschluss des Runden Tischs zufrieden: "Der offene und intensive Dialog beim Runden Tisch hat gezeigt, dass weiterhin eine sorgfältige, häufig auch interdisziplinäre wissenschaftliche Forschung zu den Auswirkungen von gentechnisch veränderten Pflanzen notwendig ist." Schütte sicherte zu, die Vorschläge der Teilnehmer, die sich am Mittwoch zum letzten Mal zum Runden Tisch Pflanzengenetik getroffen hatten, bei der Ausgestaltung einer neuen Förderinitiative zur biologischen Sicherheitsforschung zu berücksichtigen.