Biotechnologie-Firmenumfrage 2009
Die Wirtschaftskrise ist in der deutschen Biotech-Branche noch nicht angekommen. Dies belegen die Ergebnisse der aktuellen Biotechnologie-Firmenumfrage 2009, die biotechnologie.de im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt hat.
Finanzielle Situation
Beim Umsatz der dedizierten Biotechnologie-Unternehmen waren im Jahr 2008 noch keine Anzeichen der Krise zu spüren. Ganz im Gegenteil. Er ist sogar noch um 9 % auf nunmehr 2,2 Milliarden Euro gewachsen. Hierzu gehören Erlöse aus dem Verkauf von Produkten und Dienstleistungen ebenso wie Vorab- und Meilensteinzahlungen aus Lizenzverträgen.
Umsatz und F&E Aufwwendungen nach Tätigkeitsschwerpunkt
Ein Blick auf die Umsatzverteilung nach Tätigkeitsbereichen zeigt jedoch, dass der größte Anteil mit Laborreagenzien und Dienstleistungen erwirtschaftet wird. Mit 1.3 Milliarden Euro sind diese für den Löwenanteil (59 %) des deutschen Biotech-Umsatzes verantwortlich und 2008 erneut leicht gestiegen (2007: 1,15 Mrd.), obwohl sich die Anzahl der hier tätigen Unternehmen leicht reduziert hat. Anders sieht es im Gesundheitsbereich aus.
Trotz leicht gestiegener Unternehmenszahl haben sich im Jahr 2008 die Umsätze in diesem Feld auf 776 Millionen Euro (2007: 783 Mio.) reduziert. Ein Plus konnte hingegen die industrielle Biotechnologie verbuchen, deren Umsatz von 50 auf 54 Millionen Euro gestiegen ist. Die Agrobiotechnologie hingegen hat sich im Vergleich zum Vorjahr mit 49 Millionen Euro Umsatz (2007: 48 Mio.) kaum verändert. Ein Zeichen für die Innovationskraft der Unternehmen sind zudem die anhaltend hohen Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Jahr 2008. So investierten die Unternehmen erneut rund eine Milliarde Euro, 1,1 % mehr als 2007.
Geldquellen der Biotech-Firmen
Neben dem Umsatz stellt Venture Capital eine wesentliche Finanzierungsquelle für die Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland dar. Nach wie vor ist etwa ein Drittel der dedizierten Firmen zumindest teilweise durch VC-Investoren finanziert. Allerdings hat die Anziehungskraft von Biotechnologie für Wagniskapitalgeber deutlich nachgelassen. Angesichts der Krise war es für die Firmen im Jahr 2008 deutlich schwieriger, an privates Geld heranzukommen.
Nach einer Erhebung des Biotechnologie-Nachrichtenmagazins |transkript wurden 2008 16 Finanzierungsrunden mit einem Gesamtvolumen von rund 202 Mio. Euro abgeschlossen. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies um ein Drittel (-32 %) weniger. Dennoch konnte 2008 ein Rekord verbucht werden: Mit 65 Millionen Euro konnte die Mainzer Biotech-Firma Ganymed die größte jemals in Deutschland abgeschlossene Finanzierungsrunde vorweisen. Das Geld stammt erneut aus den Taschen der HEXAL-Gründer Thomas und Andreas Strüngmann. Gemeinsam mit dem SAP-Gründer Dietmar Hopp sind die Biotech-affinen Milliardäre zu einer wichtigen Stütze der Branche geworden. Allerdings kamen – abgesehen von Ganymed – sonst keine Überraschungen. Es waren vielmehr deutlich geringere Aktivitäten zu verzeichnen.
Über die Börse fiel die Kapitalaufnahme im Jahr 2008 ebenfalls deutlich schwerer. Noch mehr, als dies in den Vorjahren schon der Fall war. Mit 94 Millionen Euro (2007: 136,5 Mio.) warben die Unternehmen nach Angaben von |transkript um ein knappes Drittel weniger ein als noch im Jahr 2007. Damit setzt sich ein Abwärtskurs in Gang, der angesichts der Krise in den kommenden Jahren kaum aufzuhalten sein wird. Auch für Börsengänge – im Jahr 2008 fand kein einziger statt – stehen die Zeiten derzeit nicht günstig.
Fördermittel haben nach eigenen Angaben 205 Unternehmen erhalten. Das Gesamtvolumen dieser Zuschüsse betrug rund 51 Mio. Euro. Somit hatte die Förderung einen Anteil von 15 % an der gesamten Außenfinanzierung der Unternehmen.Wie bereits in den vergangenen Jahren kam es auch 2008 zu mehreren Übernahmen und Zusammenschlüssen in der Biotechnologie-Branche. Nach Informationen von |transkript gab es ähnlich wie im vergangenen Jahr 16 Transaktionen, an denen mindestens ein deutsches Biotech-Unternehmen als Partner beteiligt war. Für Schlagzeilen sorgten eine Reihe von Pharma-Aktionen. So kaufte der japanische Konzern Daiichi Sankyo das Münchner Biotech-Unternehmen U3 Pharma des Krebsforschers Axel Ullrich für 150 Millionen Euro. Der Bayer Healthcare Konzern legte 210 Millionen Euro für die Medizinsparte der Kölner Direvo AG auf den Tisch. Und der britische Pharmakonzern Shire übernahm die Berliner Jerini AG für 328 Millionen Euro.
Börsennotierte Biotech-Unternehmen in Deutschland
Firma | Gründungs-jahr | Jahr des Börsengangs |
Arthro Kinetics plc (Esslingen) | 2000 | 2006 |
Biofrontera AG (Leverkusen) | 1997 | 2006 |
co.don AG (Teltow) | 1993 | 2001 |
CytoTools AG | 2000 | 2006 |
Epigenomics AG (Berlin) | 1998 | 2004 |
Evotec AG (Hamburg) | 1993 | 1999 |
GeneArt AG (Regensburg) | 1999 | 2006 |
GPC Biotech AG (Martinsried) | 1997 | 1999 |
Jerini AG (Berlin) | 1994 | 2005 |
LipoNova AG (Hannover) | 1998 | 2006 |
MediGene AG (Martinsried | 1994 | 2000 |
Micromet Inc. (München) | 1993 | 2006 |
MOLOGEN AG (Berlin) | 1998 | 1998 |
MorphoSys AG (Martinsried) | 1992 | 1999 |
MWG BIOTECH AG (Ebersberg) | 1990 | 1999 |
Nascacell Technologies AG (München) | 2003 | 2006 |
PAION AG (Aachen) | 2000 | 2005 |
Qiagen (Hilden) | 1984 | 1996 |
Sygnis Pharma AG (Heidelberg) | 1997 | 2000 |
Wilex AG (München) | 1997 | 2006 |
4SC AG (Martinsried) | 1997 | 2005 |
vita 34 International AG (Leipzig) | 1997 | 2007 |