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Millionen-Deals für Krebsimmuntherapie-Spezialist Biontech

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Die Mainzer Biotech-Firmen Biontech arbeitet künftig mit dem US-Unternehmen Eli Lilly zusammen. Quelle: biotechnologie.de

19.05.2015  - 

Die Biontech AG in Mainz ist zwei millionenschwere Allianzen eingegangen: Insgesamt 27 Mio. Euro will der amerikanische Pharmakonzern Eli Lilly direkt an die Krebsimmuntherapiespezialisten zahlen, eine Kapitalbeteiligung an einer Tochterfirma in gleicher Höhe wurden ebenso zugesagt wie mögliche Meilensteinzahlungen von bis zu 269 Mio. Euro. Darüber hinaus konnten die Mainzer einen kleineren Deal mit der dänischen Genmab A/S abschließen. Hier sollen vorab zehn Millionen Euro fließen, weitere fünf Millionen könnten für erfolgreiche Entwicklungsschritte hinzukommen.

Dass Biotech-Unternehmen aus Deutschland bei der Enwicklung von Immuntherapien einiges zu bieten haben, haben bereits Firmen wie Curevac (mehr...), Morphosys (mehr...) oder Micromet (mehr...) bewiesen. Die jüngsten Branchenzahlen zeigen deutlich nach oben (mehr..), die deutsche Pharmaindustrie setzt inzwischen vermehrt auf heimisches Know-how und ausländische Investoren schauen sich offenbar verstärkt in Deutschland nach interessanten Technologien um. Dies hat gerade erst die Übernahme der Göttinger Zelltechnik-Firma Stage Cell Therapeutics durch das US-Unternehmen Juno gezeigt (mehr...). Auch beim jüngsten Branchentreff der hiesigen Biotech-Szene Ende April, den "Deutschen Biotechnologietagen", waren diese Entwicklungen eines der am meisten diskutierten Themen (mehr...). Nun sorgt die in Mainz ansässige, ebenfalls auf Krebsimmuntherapien spezialisierte Biontech AG für Schlagzeilen.

Kern der Firma durch BMBF-Mittel aufgebaut

Ursprünglich wurde die Firma im Jahr 2008 von Ugur Sahin aus der Universität Mainz ausgegründet. Zwei Jahre zuvor hatte der Immunologie-Professor die Idee für ein auf RNA-Therapien fokussiertes Startup beim GO-Bio-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) eingereicht und schließlich eine Förderung erhalten (mehr...). Dieser Ansatz bildet auch heute noch den Kern der Mainzer Firma. Später wurde um die vielfältigen weiteren Technologieplattformen aus seinem universitären Umfeld die Biontech-Gruppe gegründet – mit finanzieller Unterstützung durch die MIG Fonds und das Strüngmann Family Office. Einen weiteren Schub erhielt die Firmengruppe durch das Cluster CI-3, das seit 2012 unter dem Dach des Spitzencluster-Wettbewerbs des BMBF mit 40 Mio. Euro gefördert wird.

Firmengruppe mit vielen Technologieplattformen gut aufgestellt

Inzwischen ist die Biontech-Gruppe mit einer Vielzahl von Technologieplattformen gut aufgestellt, um verschiedene Ansätze zur Bekämpfung von Krebs zu entwickeln. Über Zukäufe ist aus den ursprünglich drei Einheiten – basierend auf drei Technologieplattformen – eine Gruppe von sechs Tochterfirmen angewachsen. Während sich die Tochter Biontech Diagnostics GmbH in einem Querschnittsansatz auf die Identifikation und Validierung von immunologischen Krebsbiomarkern konzentriert, arbeitet die Tochtergesellschaft Cell & Gene Therapies GmbH an sogenannten chimären Antigenrezeptoren (CARs). Diese molekularen Spürhunde sind seit einiger Zeit besonders im Fokus von Krebsforschern und feiert bereits einige klinische Erfolge. Jüngst haben Biotech-Firmen wie Adaptimmune oder Juno Therapeutics an der Börse hohe Summen bei Investoren eingesammelt, weil sie ebenfalls in diesem Feld aktiv sind.

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CAR-T-Therapien im Visier: Präzisionswaffen gegen Krebs

Die CARs sind Eiweiße, die Antikörpern sehr ähnlich sind. Sie können Krebszellen spezifisch erkennen. Ein Ansatz von Therapieentwicklern besteht nun darin, diese CARs mit speziellen Immunzellen, den T-Zellen, zu koppeln. Gemeinsam werden diese CAR-T-Zellen damit zu Präzisionswaffen gegen Krebs.  Aktivierte T-Zellen sind nämlich in der Lage, den Tumor zu attackieren, ihn unter Kontrolle zu halten und im besten Fall zu beseitigen. Die Aktivierung erfolgt über spezielle T-Zell-Rezeptoren (TCRs). Die Forscher der Cell&Gene Therapies isolieren solche TCRs aus Immunzellen und wollen sie als Ausgangspunkt neuer Krebsimmuntherapien entwickeln. Genau hier setzt auch die Partnerschaft mit dem US-Pharmakonzern Eli Lilly an. Gemeinsam sollen neue Angriffspunkte für Immuntherapien sowie entsprechende TCRs in einen oder mehreren Krebsarten identifiziert werden. Auf Basis der hauseigenen Unicell-Technologieplattform arbeitet die Biontech-Tochter an präklinischen Kandidaten zu CAR-T-Therapien, die unter anderem bei Eierstock- und Lungenkrebs eingesetzt werden sollen. Erste klinische Versuche könnten den derzeitigen Planungen zufolge im Jahr 2016 starten.

Pharmakooperation zahlt sich aus

Für Biontech zahlt sich die Kooperation mit Eli Lilly schon jetzt in barer Münze aus. Rund 27 Mio. Euro können die Mainzer sofort für sich verbuchen. Hinzukommen bis zu 269 Mio. Euro Prämien: für jede zugelassene Arznei, die aus der Kooperation hervorgeht. Auch gestaffelte Umsatzbeteiligungen wurden vereinbart. Zudem wird sich Eli Lilly mit rund 27 Mio. Euro Eigenkapital an der Cell & Gene Therapies GmbH beteiligen. Insgesamt ist die Allianz mit dem Paukenschlag zu vergleichen, den der Einstieg von Bill-Gates bei Curevac hervorgerufen hat (mehr...). Die Höhe der Firmenbeteiligung wird zwar nicht genannt, aber der zuständige Vorstand Sean Marett deutete gegenüber der FAZ (zum Artikel hier klicken) an, dass die Biontech-Tochter mit dem Deal einen Milliardenwert zugemessen bekommt. Eli Lilly, viertgrößter Pharmakonzern in den USA, baut mit dem Einstieg in Mainz seine Kompetenzen in der Immuntherapie deutlich aus. Erst 2014 hatte der Konzern 45 Mio. Dollar in die britische Biotech-Firma Immunocore gesteckt, darüber hinaus bestehen Vereinbarungen mit Pharma-Konkurrenten.  “In den vergangenen Jahren konnten wir einige bahnbrechende Entwicklungen in der Immunonkologie beobachten. Wir glauben jedoch, dass diese nur die Spitze des Eisbergs sind”, sagte Greg Plowman, Vice President von Lilly Oncology Research. "Lillys Kooperation mit Biontech steht für diese nächste Etappe der Krebsimmuntherapie."

Ugur Sahin, Professor an der Universität Mainz, ist einer der Gewinner in der ersten Runde des BMBF-Wettbewerbs GO-Bio. Der kurze Film aus dem Jahr 2010 erläutert seine damalige Projektidee, die inzwischen den Kern der Biontech-Firmengruppe bildet.Quelle: BMBF

Noch stecken die Ansätze in der Präklinik

Firmenchef Ugur Sahin ist froh, nun einen zahlungskräftigen Partner an Bord zu haben, der die Entwicklung in Richtung Klinik vorantreiben kann. Denn bislang befinden sich die firmeneigenen Ansätze noch in der präklinischen Phase, wurden also noch nicht am Menschen getestet. „Persönlich halte ich die Wahrscheinlichkeit, dass wir in die klinische Entwicklung reingehen werden, für über 90 Prozent. Und für deutlich mehr als 50 Prozent, dass ein klinisch verträglich getesteter, funktionaler Rezeptor es auf den Markt schafft“, zeigt sich Sahin jedoch optimistisch. In diesem Fall kommt die Meilenstein-Option zum Tragen. Je Rezeptor bis zu 300 Millionen Dollar – für den Fall, dass gleich mehrere glücken, winken also potenziell mehr als 1 Milliarde Dollar.

Weitere 15 Millionen Euro durch Kooperation mit dänischer Biotech-Firma

Einige Tage nach dem Einstieg der US-Anmerikaner konnten die Mainzer eine weitere Erfolgsnachricht vermelden. Denn neben den CAR-T-Therapien setzt die Biontech-Tochterfirma Protein Therapeutics auch auf die Entwicklung neuartiger Antikörper. Die hauseigenen Technologieplattformen sollen nun in Kooperation mit den dänischen Antikörperspezialisten Genmab A/S kombiniert werden und zu optimierten bispezifischen Antikörpern zum Einsatz in unterschiedlichsten Krebsindikationen führen. Geplant ist, die Entwicklungskosten zu teilen und im Erfolgsfall gemeinsam zu kommerzialisieren. Die Allianz hat ein Volumen von insgesamt 15 Millionen Euro, wobei zehn Millionen vorab von den Dänen bereitgestellt werden.

© biotechnologie.de/pg+sw
 

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