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Frank Buchholz: Kleine RNA-Moleküle nach Wunsch

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Der RNA-Experte Frank Buchholz leitet eine Forschungsgruppe am Max-Planck- Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden. Quelle: MPI für molekulare Zellbiologie und Genetik

12.07.2010  - 

Wenn Frank Buchholz ein Enzym erfinden könnte, um den Bau der Dresdner Waldschlösschenbrücke zu verhindern, würde er es vermutlich tun. Der 44-jährige gebürtige Bremer mag die barocke Altstadt der Elbemetropole. „Das ist ein sehr schönes Setting“, lobt er. Vielmehr noch interessiert ihn jedoch, wie Dresden auf der Forschungsebene punktet. „Hier hat die Sachsenmetropole gute Akzente gesetzt, und sich als Wissenschaftsstadt präsentiert“, soBuchholz. Seit 2002 leitet der Wissenschaftler eine Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden. Mit Hilfe eines speziellen Enzyms produziert er RNA-Moleküle, die Gene im menschlichen Genom nach Belieben ausschalten können. Mit Unterstützung der BMBF-Gründeroffensive GO-Bio will Buchholz dieses Wissen auch bald in einem Unternehmen vermarkten.

 

„Wir kennen alle Gene, aber wir wissen nicht, wozu sie da sind“, erklärt Buchholz. „Also schalten wir ein einzelnes Gen gezielt aus und schauen, was passiert.“ Das geschieht durch so genannte RNA-Interferenz (RNAi). Passende RNA-Moleküle können nämlich dazu eingesetzt werden, die Übersetzung der Gene in Eiweiße zu verhindern. Damit können Zellvorgänge gesteuert werden. Die US-Forscher Andrew Fire und Craig Mello erhielten für die Entdeckung der RNA-Interferenz den Medizin-Nobelpreis 2006, der deutsche Molekularbiologe Tom Tuschl übertrug die Technologie auf menschliche Zellen und wurde damit unter anderem zum BioFuture-Preisträger des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (mehr...).

Buchholz' Team hat das menschliche Genom nach Genen abgeklopft, die für die Reparatur des Erbmoleküls DNA unabdingbar sind.Lightbox-Link
Buchholz' Team hat das menschliche Genom nach Genen abgeklopft, die für die Reparatur des Erbmoleküls DNA unabdingbar sind.Quelle: MPI für molekulare Zellbiologie und Genetik

Mit Enzymen einen Strauß an RNAs produzieren

In den Grundzügen ist RNAi also seit Ende der 90er Jahre bekannt und hat große Hoffnungen bei Medizinern geweckt. Frank Buchholz jedoch interessiert sich nicht nur für therapeutische Möglichkeiten, sondern nutzt die Methode zur Identifikation neuer genetischer Funktionen, die für ganz unterschiedliche Forschungsfeldern der Biotechnologie interessant sind. Hierfür hat er ein Verfahren entwickelt, welches die Herstellung besonders effizienter und spezifischer RNAi-Auslöser, so genannte esiRNAs (endoribonuclease-prepared siRNAs), auf enzymatischem Weg ermöglicht. Dabei wird ein ganzer Strauß an unterschiedlichen esiRNAs hergestellt, mit dem dann über die RNA-Interferenz die Funktionen einzelner Gene abgefragt werden können.

„Wir haben mit unserer Methode schon viele vorher unbekannte Funktionen von Genen identifiziert“, sagt Buchholz. Ein wichtiger Erfolg ist der Arbeitsgruppe vor einigen Wochen gelungen. Mit der Methode entdeckten sie 61 neue Gene, die mit der Reparatur von beschädigter DNA zu tun haben (mehr...). Weiterführende Arbeiten zeigten dann, dass eines dieser Gene in Patienten mit einer bestimmten neurodegenerativen Erkrankung mutiert ist.

Dieser Film stellt Frank Bucholz und sein Gewinnerprojekt aus der zweiten Runde des GO-Bio-Wettbewerbs vor. Darin geht es um die effiziente Produktion von kleinen RNA-Molekülen für den Einsatz in Forschung und Medizin.Quelle: Fraunhofer IAIS

Verständlich, dass nach solchen Publikationen zahlreiche Forschungseinrichtungen Interesse an den esiRNAs zeigten. „So viel Aufmerksamkeit ist ja schön, aber sie bringt auch Probleme mit sich“ sagt Buchholz und lächelt.  „Unsere Herstellungsmethode bietet entscheidende Vorteile zu anderen Ansätzen, wie z.B. der chemischen Herstellung – natürlich wollten viele gerne von diesen Vorteilen profitieren. Wir mussten sehen, wie wir dieser enormen Nachfrage am besten gerecht werden.“

Lieblingsfächer Biologie und Wirtschaft

Buchholz´ Forschergruppe gewinnt die esiRNA-Moleküle mit Hilfe des Enzyms Endoribonuklease, das effizient einen Cocktail von kleinen RNAi-Auslösern aus langer doppelsträngigen RNAs erzeugt. Das Verfahren ist neu. Zuvor wurde siRNAs durch chemische Synthese gewonnen, ein Verfahren, das nicht nur teuer, sondern auch aufwändig und langwierig ist. Mit Hilfe von Buchholz’ Enzym können die esiRNAs kosteneffizient im Industriemaßstab erzeugt werden.

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Schon in der Schulzeit zeichnete sich bei Buchholz die Liebe zur Biologie ab. „Sprachen haben mich nicht so interessiert“, erinnert er sich. „Ich wollte wissen, wo man herkommt, und wie das Leben verschlüsselt ist – vor allem das menschliche.“ Das zweite Lieblingsfach war Wirtschaftslehre, deshalb hatte der Biotechnologe auch zunächst eine  Lehre zum Industriekaufmann absolviert. „Aber da habe ich gemerkt, das ist auf lange Sicht nichts für mich.“

Durch das neu entwickelte Verfahren sind jetzt jedoch auch wieder seine unternehmerischen Fähigkeiten gefordert. Denn die Herstellung der esiRNAs bindet Kräfte im Labor, die Buchholz lieber in der Forschung einsetzen würde. Wie also molekulare Massenproduktion und akademische Forschung unter einen Hut bringen?

Die Lösung präsentierte sich in Form der Gründungsoffensive Biotechnologie des BMBF. Seit 2007 wird Buchholz im Rahmen der zweiten Runde des GO-Bio-Wettbewerbs gefördert, um auf der Basis seiner Technologie ein Unternehmen zu gründen (mehr...). „Das war eine sehr elegante Lösung, weil es die akademische Forschung unterstützt und uns gleichzeitig die Möglichkeit gibt, esiRNAs weltweit anzubieten“, schwärmt Buchholz. In den kommenden Monaten ist die Firmenausgründung geplant, Buchholz hat dazu bereits einen Kooperationsvertrag mit dem Pharmaunternehmen Sigma unterzeichnet. Freizeit oder sein Hobby Squash kommen da in letzter Zeit zu kurz. Denn wenn er nicht im Labor steht, verbringt Buchholz seine Zeit am liebsten mit der Familie.


Autorin des Textes: Cornelia Kästner 

 

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