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Biotechnologie in Österreich

Österreich hat eine große Vergangenheit in der biologischen Forschung. <ic:message key='Bild vergrößern' />

Österreich hat eine lange Tradition in der biologischen Forschung: Namen wie Gregor Mendel, Theodor Escherich, Ignaz Semmelweis oder Max Perutz stehen für wissenschaftliche Pioniertaten. Für die Regierung stellen die Life Sciences einen wichtigen Standortfaktor dar.  Dazu zählt auch die Biotechnologie. Angesichts vieler Forschungsstandorte von großen Pharmafirmen ist vor allem die medizinische Biotechnologie stark ausgesprägt.  Gegen die Grüne Gentechnik gibt es starke Widerstände. Aktualisierte Fassung November 2013

Rechtliche Grundlagen

In den vergangenen Jahren hat die österreichische Regierung versucht, die Ansiedelung von Unternehmen mit einer Reihe von steuerpolitischen Maßnahmen zu fördern. 2005 wurde die Körperschaftssteuer auf 25 Prozent gesenkt, einer der niedrigsten Sätze in der EU. Die effektive Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften liegt einer aktuellen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zufolge in Österreich sogar nur bei 23,1 Prozent. Dafür sorgen zahlreiche Abschreibungsmöglichkeiten wie etwa der Investitionsfreibetrag von 9 Prozent. Wesentliche Steuererleichterungen bieten daneben auch der Forschungs- und Bildungsfreibetrag, der Lehrlingsfreibetrag, der Verlustabzug oder die Übertragung stiller Reserven. Damit liegt die Unternehmensbelastung in Österreich um rund 40 Prozent unter dem deutschen Niveau.

Ein weiterer wirtschaftlicher Anziehungspunkt besonders für international agierende Unternehmen ist das Gruppensteuermodell. Bei der Gruppenbesteuerung werden die Gewinne und Verluste inländischer Gruppenmitglieder und ebenso die Verluste ausländischer Gruppentöchter gegen gerechnet und dadurch die Berechnungsbasis für die Körperschaftssteuer reduziert.

Unternehmenssteuern auf nicht ausgeschüttete Gewinne 2007 im VergleichLightbox-Link
Unternehmenssteuern auf nicht ausgeschüttete Gewinne 2007 im VergleichQuelle: KPMG Tax Survey 2007

Das kommt etwa lassen sich profitbringende Produktions- und kostenintensive Forschungseinheiten in verschiedenen Ländern platzieren. Die Erbschaftssteuer wurde ganz abgeschafft. Zudem sind bis zu 35 Prozent der Forschungsaufwendungen in Österreich absetzbar, falls diese zur Entwicklung oder Verbesserung „volkswirtschaftlich wertvoller“ Erfindungen dienen. Unternehmen, die keine Gewinne in dem Jahr erzielen, in dem die Aufwendungen getätigt wurden, steht alternativ die Geltendmachung einer Forschungsprämie in Höhe von 8 Prozent der getätigten Aufwendungen zu.

Besonders wissensbasierten Industriezweigen wie der Biotechnologie kommt der Bildungsfreibetrag zugute. So sind bis zu 20 Prozent der Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmer absetzbar. Alternativ dazu kann eine pauschale Bildungsprämie in der Höhe von 6 Prozent der getätigten Aufwendungen geltend gemacht werden.

Ein wichtiges Instrument der steuerlichen Forschungsförderung ist der Forschungsfreibetrag. Durch ihn sind bis zu 35 Prozent der Forschungsaufwendungen absetzbar, wenn diese zur Entwicklung oder Verbesserung volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen dienen – damit bietet Österreich Europas attraktivstes Steuersystem im Bereich F&E. Für Unternehmen, die keine Gewinne erzielt haben steht alternativ eine Forschungsprämie in Höhe von 8 Prozent der getätigten Aufwendungen zur Wahl.

Ökologische Landwirtschaft gehört zum Selbstbild

Auch wenn Hochtechnologie in wirtschaftlicher Hinsicht willkommen ist, ist die österreichische Identität noch stark in der Landwirtschaft verankert. Diese richtet sich zunehmend auf eine ökologische Erzeugung hin aus. Österreich ist weltweit das Land mit dem höchsten Anteil an biologischer Landwirtschaft, berichtet das österreichische Lebensministerium in seiner Biobroschüre. Im Jahr 2012 waren bereits mehr als 16 Prozent  der landwirtschaftlichen Betriebe Österreichs Biobetriebe (2005: 10 Prozent) und mehr als 20 Prozent  der landwirtschaftlichen Flächen Bioflächen (2005: 13 Prozent). 1991 hat Österreich wieder als erstes Land Bestimmungen für die Bioproduktion von tierischen Erzeugnissen erlassen.

EU-Biotech-Barometer

Seit 1991 wird der europäischen Bevölkerung in einer Repräsentativerhebung regelmäßig auf den Zahn gefühlt, wie sie die Biotechnologie und ihre Anwendungen wahrnehmen. Die aktuellste Runde wurde im Jahr 2010 veröffentlicht. Europaweit hat die Zustimmung zur Biotechnologie zugenommen.

Die komplette Umfrage: hier klicken  

Keine Akzeptanz für Grüne Gentechnik

Dieses Verständnis als Pionier der biologischen Landwirtschaft senkt die Akzeptanz für die Grüne Gentechnik. Laut der jüngsten europaweiten Repräsentativumfrage zur Biotechnologie aus dem Jahr 2010 ist die Zahl derjenigen, die unter keinen Umständen gentechnisch veränderte Nahrungsmittel kaufen würden, in Österreich höher als irgendwo sonst in der EU. Nicht zuletzt aus diesem Grund gilt Österreich zusammen mit Frankreich und Griechenlang auf EU-Ebene zu den Gegnern der Grünen Gentechnik. Bereits im Juli 2008 erteilte Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky ein Importverbot für den gv-Mais MON863. Neben MON863-Mais und den drei Rapslinien Ms8, Rf3 und Ms8xRf3 hatte die Regierung zuvor schon den Anbau der Maissorten MON810 und T25 sowie den Import der gentechnisch veränderten Rapssorte GT73 verboten. Erst nachdem die EU-Kommission einschritt, hob die Regierung das Anbauverbot für die in der EU erlaubten gv-Maissorten teilweise wieder auf. Insgesamt gab es bisher nur drei Feldversuche mit genetisch modifizierten Pflanzen in Österreich. Wenn überhaupt, werden in Österreich nur vereinzelt gv-Pflanzen zu Forschungszwecken angebaut und auch für die nächste Zukunft ist eine kommerzielle Nutzung hier sehr unwahrscheinlich.

1995 trat das Österreichische Gentechnikgesetz in Kraft. Es wurde mehrmals überarbeitet und setzt die EU-Richtlinien zur Freisetzung und zum Inverkehrbringen von GVO und zur Verwendung von GVO in geschlossenen Systemen in österreichisches Recht um. Daneben bestehen eine Reihe von Verordnungen auf Bundesebene und die Gentechnik-Vorsorgegesetze der Bundesländer zur Regelung von Koexistenzfragen. (Mehr Informationen: hier klicken

Volksbegehren gegen Gentechnik

Im April 1997 wurde das Gentechnik-Volksbegehren in Österreich angenommen. Bei einer Wahlbeteiligung von mehr als 21 % (2,1 Millionen Stimmen)wurde darin ein gesetzlich verankertes Verbot der Produktion, des Imports und des Verkaufs gentechnisch veränderter Lebensmittel gefordert. Auch die Freisetzung genetisch veränderter Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen sowie die Patentierung von Lebewesen wurde darin abgelehnt. Der Beschluss wurde am 16. April 1998 nach 3. Lesung angenommen. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften beschäftigte sich zuletzt in dem von Juli 2008 bis Dezember 2011 laufenden EU-Projekt STEPE (Sensible Technologien und europäische öffentliche Ethik) mit Fragen zur grünen Gentechnik.

Aber nicht nur der Grünen Gentechnik, auch der Biotechnologie im Allgemeinen  stehen die Österreicher insgesamt skeptischer gegenüber als der EU-Durchschnitt. Nur 35 Prozent der Österreicher glauben, dass  Biotechnologie und Gentechnik einen positiven Effekt auf den Alltag haben werden, 41 Prozent hingegen fürchten negative Auswirkungen. Im Durschnitt erwarten EU-Bürger eher einen positiven (53 Prozent) als einen negativen Effekt (20 Prozent). Damit ist Österreich innerhalb der EU das Land, das der Biotechnologie am skeptischsten gegenübersteht.

Gentechnik und Stammzellforschung kritisch gesehen
Auch bei der Stammzellforschung befindet sich Österreich in Europa im Drittel der eher kritischen Länder. Das liegt nicht unbedingt an der Rechtslage - so existiert in Österreich zum Beispiel keine einschränkende Stichtagsregelung nur Verwendung von embryonalen Stammzellen - sondern ist eine Spätfolge einer politischen Entscheidung der Bundesregierung. Beim Beschluss des sechsten und siebten EU-Rahmenprogramms für Forschungsförderung im Jahr 2002 lehnten die Politiker die Förderung der Forschung an humanen embryonalen Stammzellen ab und signalisierten damit deutlich ihre Zweifel an diesem Forschungsgebiet. Die Forschung mit adulten Stammzellen ist nicht gesondert geregelt und daher im Rahmen der allgemeinen medizinrechtlichen Normen zulässig. Manches ist allerdings strittig, etwa die Rahmenbedingungen von Biobanken für die Forschung. In der Öffentlichkeit wird die Forschung an Embryonen ebenfalls kritisch gesehen. In der Eurobarometer-Umfrage zur Biotechnologie 2010 sprachen sich 60 Prozent der Österreicher für ein Verbot aus, nur 33 Prozent lehnten es ab. Auch hier sind die Österreicher deutlich kritischer als der europäische Durchschnitt (38 Prozent für ein Verbot, 52 Prozent dagegen).

Liberale Stammzellregelung

Die Forschung an pluripotenten embryonalen Stammzellen ist nach geltendem Recht ohne spezifische Einschränkungen erlaubt. Verboten ist durch § 9 Abs 1 des Fortpflanzungsmedizin-Gesetzes jedoch die Gewinnung der Zellen aus befruchteten Eizellen,  sofern diese in Österreich stattfindet. Das ist liberaler als in Deutschland, wo für die Verwendung von importierten pluripotenten embryonalen Stammzellen eine Stichtagsregelung gilt (mehr...). Ebenso wie in Deutschland absolut verboten ist die Verwendung von totipotenten Stammzellen - Zellen, aus denen sich noch ein Individuum entwickeln kann - zu anderen Zwecken als jenen der Fortpflanzung.

 

Hintergrund

Biotech- und Pharmaunternehmen (2012): 157

davon dedizierte Biotech-Unternehmen (nach OECD): 95

Schwerpunkt: medizinisch-pharmazeutische Forschung

Wirtschaftsförderung

Austria Wirtschaftsservice AWS
Austrian Business Agency ABA

Nationales Programm
LISA - Life Science Austria

Regionale Verbände
Niederösterreich: Ecoplus

Oberösterreich: Gesundheitscluster
Steiermark: Human.technology.styria
Wien: Life Science Austria Vienna Region
Tirol: Cluster Life Sciences Tirol


Rechtliche Grundlagen
Forschung an Stammzellen ohne Stichtagsregelung erlaubt, aber nicht gefördert; Forschung an Embryonen verboten; Bevölkerung gegenüber Grüner Gentechnik sehr skeptisch, kaum Freisetzungsversuche

Downloads

Life Science Report Austria 2013

Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (aws), 2013 Download PDF (2,2 MB) PDF online ansehen

Life Sciences: Pharma und Biotechnologie - Nährboden für gesunde Gewinne

Austrian Business Agency Download PDF (725,5 KB)

BioPolis - Inventory and analysis of national public policies that stimulate research in biotechnology, its exploitation and commercialisation by industry in Europe in the period 2002-2005

National Report of Austria, März 2007 Download PDF (530 KB) PDF online ansehen