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Biotechnologie in Österreich

Österreich hat eine große Vergangenheit in der biologischen Forschung. <ic:message key='Bild vergrößern' />

Österreich hat eine lange Tradition in der biologischen Forschung: Namen wie Gregor Mendel, Theodor Escherich, Ignaz Semmelweis oder Max Perutz stehen für wissenschaftliche Pioniertaten. Für die Regierung stellen die Life Sciences einen wichtigen Standortfaktor dar.  Dazu zählt auch die Biotechnologie. Angesichts vieler Forschungsstandorte von großen Pharmafirmen ist vor allem die medizinische Biotechnologie stark ausgesprägt.  Gegen die Grüne Gentechnik gibt es starke Widerstände. Aktualisierte Fassung November 2013

Unternehmenslandschaft

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Gerade in den vergangenen Jahren ist die Pharma- und Biotech-Branche in Österreich noch einmal stark gewachsen. Das belegen aktuelle Statistiken, die im Auftrag des Östereichischen Wirtschaftsministeriums von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (AWS) herausgegeben wurden. Demnach sind die Life Sciences mit mehr als 21.000 Beschäftigten ein starker Wirtschaftsfaktor: Insgesamt 378 Firmen aus Pharma, Biotechnologie und Medizintechnik haben 2012 einen Umsatz von 9,1 Milliarden Euro erwirtschaftet. Die Biotechnologie spielt hierbei eine wichtige Rolle. Sie ist in Österreich stark medizinisch geprägt. Viele global agierende Firmen unterhalten eigene Forschungsabteilungen oder engagieren sich in Partnerschaften mit österreichischen Unternehmen oder Instituten.

Insgesamt gibt es in Österreich rund 157 Biotech- und Pharmafirmen (Stand: 2012).  Sie beschäftigen zusammen etwas mehr als 18.000 Arbeitnehmer und erzielen einen Umsatz von mehr als fünf Milliarden Euro. In den vergangenen Jahren ist der Sektor stetig gewachsen. Neue Firmen wurden beinahe monatlich gegründet. Allein in der Zeit zwischen 2010 und 2012 gründeten Unternehmer 17 neue Biotech- und 3 neue Pharmafirmen in Österreich. 

Auf Wachstumskurs ist auch der Biotech-Sektor. Das zeigen AWS-Daten, die nach den Kriterien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erhoben wurden. Im Jahr 2012 wurden in Österreich 95 Firmen gezählt, die sich vollständig oder zum ganz überwiegenden Teil den Methoden der Biotechnologie verschireben hatten. Diese sogenannten dezidierten Biotech-Unternehmen erzielten mit 1.565 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 187,2 Millionen Euro. Zwei Jahre zuvor waren es noch 77 Unternehmen, die mit 1.470 Angestellten einen Umsatz von 161 Millionen Euro erwirtschafteten. Die Biotechnologie-Unternehmen in Österreich sind besonders forschungsstark. Mit Forschungsausgaben von mehr als 131 Millionen Euro, investieren sie rund 70% des Umsatzes direkt wieder in die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen.

Die dedizierten Biotechnologie-Unternehmen in Österreich
20102012Veränderung
Anzahl7795+23%
Mitarbeiter1.4701.565+6%
Umsatz  (in Millionen Euro)161187,2+16%
F&E-Ausgaben (in Millionen Euro)173131,8-24%
Eingeworbenes Kapital (in Millionen Euro)7998,1+24%
Quelle: Life Science Report Austria 2013, AWS

Biotech-Branche ist geprägt von kleinen und mittelständischen Unternehmen

Die meisten österreichischen Biotech-Firmen sind von relativ kleiner Größe. Tatsächlich gehören 94 von 95 Unternehmen zur Kategorie der kleinen und mittelständischen Unternehmen. Mehr als die Hälfte der Unternehmen (53,7%) beschäftigen nicht mehr als 9 Mitarbeiter, die meisten anderen (37,9%) haben zwischen 10 und 50 Mitarbeiter. Noch größere Biotech-Unternehmen sind in Österreich eine Seltenheit: 5 beschäftigen 50-99 Mitarbeiter, 3 haben 100-249 Angestellte. Nur ein Großunternehmen (1,1%) bietet mehr als 250 Personen eine Beschäftigung.  

Ein Blick auf die Tätigkeitsschwerpunkte der Unternehmen zeigt: Die meisten Firmen richten ihr Augenmerk auf die Rote Biotechnologie. Insgesamt 68 von 95 dedizierten Unternehmen (71,6%) entwickeln neue biotechnologie Wirkstoffe, suchen nach diagnostischen Biomarkern oder arbeiten an Impfstoffen zum Schutz vor Krankheiten. Insgesamt zwei Produkte 'made in Austria' haben es bereits auf den Markt geschafft: ein Nasenspray der Firma Marinomed Biotechnologie GmbH sowie ein Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis von der Intercell AG (heute Valneva Austria GmbH). Eine ganze Reihe österreichischer Unternehmen arbeitet als Dienstleister für andere Biotech-Firmen oder fungiert als reiner Dienstleister, wie etwa Auftragsforscher ohne eigene Entwicklungsprojekte. Diese 17 Unternehmen (17,9%) erbringen sogenannte nicht-spezifische Anwendungen. In der weißen Biotechnologie geht es hingegen um die Entwicklung neuer technischer Enzyme für die industrielle Produktion oder um das Schaffen neuer, besonders leistungsfähiger Biomaterialien. In Österreich haben sich immerhin acht Firmen (8,4%) einer solchen Aufgabe verschrieben. Auf den ersten Blick erscheint diese Zahl relativ niedrig - und tatsächlich spiegelt sie die Bedeutung des Sektors nicht vollständig wider. Weil industrielle biotechnische Anwendungen vor allem in großen Industrie-Unternehmen zum Einsatz kommen, finden dort auch viele der Arbeiten statt. Firmen, bei denen die Biotechnik jedoch nur einen kleinen Teil des Produktionsprozesses ausmachen, erfüllen nicht die Definition eines dedizierten Biotechnologie-Unternehmens und blieben daher in der Umfrage von aws unberücksichtigt. Die Grüne Biotechnologie spielt in Österreich nur eine untergeordnete Rolle. An neuen Methoden zur biotechnischen Verbesserung der Pflanzengesundheit oder der Entwicklung neuer Nutzpflanzen arbeiteten nur zwei (2,1%) der 95 dedizierten Biotech-Unternehmen in der Alpenrepublik.

Tätigkeits-Schwerpunkte der österreichischen dedizierten Biotech-Unternehmen
20102012Veränderung
Gesundheit und Medizin (Rote Biotechnologie)5268

+31%

Industrielle Anwendungen (Weiße Biotechnologie)68+33%
Landwirtschaft (Grüne Biotechnologie)22--
Nicht-spezifische Anwendungen1717--
Quelle: Life Science Report Austria 2013, AWS

Gut gefüllte Wirkstoffpipeline

Die Zukunft von Unternehmen in der Roten Biotechnologie hängt ganz wesentlich von der Qualität der klinischen Forschungspipeline ab. Sind dort viele hochwertige Produkte zu finden, ist es für die Firma wahrscheinlich leichter, neue Investoren zu gewinnen und zusätzliche Finanzierungsquellen zu erschließen. Ein Blick auf die klinische Entwicklungspipeline der österreichischen Firmen zeigt: Die 68 dedizierten Biotechnologie-Unternehmen haben im Jahr 2012 an 92 neuen Wirkstoffkandidaten gearbeitet. Die Pipeline ist damit gerade in den beiden vergangenen Jahren noch einmal ausgebaut worden. 2010 arbeiteten 52 Biotech-Firmen nur an 80 Substanzen. Der Schwerpunkt der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten liegt dabei auf biologischen Molekülen wie Antikörpern, Proteinen oder Impfstoffen. In zwei Drittel der Projekte (63) steht ein biopharmazeutischer Wirkstoffkandidat im Mittelpunkt der Bemühungen. Zusätzlich treiben die Biotech-Firmen Österreichs in 29 Programmen die Entwicklung eines chemisch synthetisierten niedermolekularen Wirkstoffs voran.  Fast ein Drittel der Firmen (20; 29,4%) arbeitet an neuen Behandlungsmöglichkeiten für Krebs. Ebensoviele Firmen entwickelten neue Arzneien gegen Infektionskrankheiten (20; 29,4%). Der dritte große Bereich, der von vielen Unternehmen bearbeitet wurde, waren Atemwegserkrankungen (8; 11,8%)

Zu den am weitesten fortgeschrittenen Entwicklungsprojekten gehört eine Antikörper-Arznei zur Behandlung von Hirntumoren in Kindern. Das Wiener Unternehmen Apeiron Biologics AG in Wien entwickelt im Projekt APN311 einen monoklonalen Antikörper, der das GD2-Antigen auf Tumorzellen eines Neuroblastoms erkennen und angreifen soll. Im Jahr 2012 liefen mehrere klinische Studien der Phase III. Dies ist der letzte Entwicklungsschritt vor einem Zulassungsantrag bei den Aufsichtsbehörden.

Die Innovacell Biotechnologie AG hat ebenfalls ein Entwicklungsprojekt bis in die späte klinische Prüfung gebracht. Ziel des Forschungsprogramms ICES13 ist es, eine zellbasierte Therapie gegen bestimmte Formen der Inkontinenz zu entwickeln.

Das dritte Phase III-Projekt beschäftigt sich mit der Entwicklung eines Impstoffs gegen die Japanische Enzephalitis für Kinder - als Weiterentwicklung des entsprechendes Mittels für Erwachsene, das von der Intercell AG, die seit Mai 2013 zur französischen Valneva AG gehört, bereits auf den Markt gebracht wurde. Damit auch Kinder und Jugendliche von der Schutzimpfung profitieren können, sind jedoch weitere Studien notwendig.

Biopharmazeutische Wirkstoffe in der Pipeline 2012
PräklinischPhase IPhase IIPhase IIIZugelassenInsgesamt
Biopharmazeutischer Wirkstoff411093263
Chemischer Wirktstoff25220029
Quelle: Life Science Report Austria 2013, AWS

Knappes Venture Capital

Eine Schwachstelle identifizieren Wirtschaftsexperten bei der Versorgung mit Geld für Investitionen. Wie in vielen anderen europäischen Ländern auch, ist der Zugang zu Wagniskapital schwierig. Im Jahr 2012 flossen dem Sektor rund 98 Millionen Euro zu. Die am stärksten genutzte Möglichkeit um an frisches Geld zu kommen war im Jahr 2012 die Aufnahme von Krediten. Rund 23 Millionen Euro stellten Banken und andere Geldgeber den Biotechfirmen leihweise zur Verfügung. Deutlich mehr als noch 2010 (9 Millionen Euro, +154%). Öffentliche Beihilfen und Förderungen durch die öffentliche Hand waren ebenfalls ein viel genutztes Instrument, um den eigenen Geschäftsbetrieb zu finanzieren. Fast 23 Millionen Euro konnten die Biotech-Firmen 2012 bei staatlichen Geldgebern einwerben (2010: 9 Millionen Euro, +42%). Private Anleger und Business Angels brachten insgesamt annähernd 20 Millionen Euro zur Finanzierung von Biotech-Firmen auf. 2010 waren es noch 35 Millionen Euro (-40%). Die Finanzierung durch Wagniskapital ist für die Firmen zunehmend schwieriger geworden. Im Jahr 2012 erhielten die Firmen immerhin noch mehr als 17 Millionen Euro von den institutionellen Investoren (2010: 19 Millionen Euro, -10%). Auch an der Börse konnten österreichische Biotech-Firmen zuletzt wieder Anleger von sich überzeugen. Durch Kapitalerhöhungen flossen zusätzlich noch einmal mehr als 15 Millionen Euro in den Sektor (2010: 0 Euro) 

Finanzierung der österreichischen dedizierten Biotech-Unternehmen
20102012Veränderung
Wagniskapital1917,1

-10%

Kapitalerhöhungen über die Börse015,2--
Private Anleger, Business Angel3519,8-40%
Fördermittel922,9+42%
Sonstiges11,8+80%
Quelle: Life Science Report Austria 2013, AWS
 

Hintergrund

Biotech- und Pharmaunternehmen (2012): 157

davon dedizierte Biotech-Unternehmen (nach OECD): 95

Schwerpunkt: medizinisch-pharmazeutische Forschung

Wirtschaftsförderung

Austria Wirtschaftsservice AWS
Austrian Business Agency ABA

Nationales Programm
LISA - Life Science Austria

Regionale Verbände
Niederösterreich: Ecoplus

Oberösterreich: Gesundheitscluster
Steiermark: Human.technology.styria
Wien: Life Science Austria Vienna Region
Tirol: Cluster Life Sciences Tirol


Rechtliche Grundlagen
Forschung an Stammzellen ohne Stichtagsregelung erlaubt, aber nicht gefördert; Forschung an Embryonen verboten; Bevölkerung gegenüber Grüner Gentechnik sehr skeptisch, kaum Freisetzungsversuche

Downloads

Life Science Report Austria 2013

Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (aws), 2013 Download PDF (2,2 MB) PDF online ansehen

Life Sciences: Pharma und Biotechnologie - Nährboden für gesunde Gewinne

Austrian Business Agency Download PDF (725,5 KB)

BioPolis - Inventory and analysis of national public policies that stimulate research in biotechnology, its exploitation and commercialisation by industry in Europe in the period 2002-2005

National Report of Austria, März 2007 Download PDF (530 KB) PDF online ansehen