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Biotechnologie in den Niederlanden

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Aufgrund ihrer besonderen Lage und ihrer Geschichte haben die Niederländer seit jeher ein besonders intensives Verhältnis zur Natur. Das Land ist relativ klein und dicht besiedelt, ein großer Teil der Landfläche musste dem Meer durch ein besonderes System an Dämmen und Kanälen erst abgetrotzt werden, und es gibt wenig natürliche Rohstoffe. Trotzdem sind die Niederlande nach den USA der größte Exporteur von landwirtschaftlichen Produkten, nach der Zahl an exportierten Gütern rangieren sie weltweit laut OECD an sechster Stelle. Das ist nur möglich, da die Niederlande Ingenieurskunst, Handel und wissenschaftlichen Fortschritt effizient kombinieren. Das kommt auch der Biotechnologie zugute, die in den Niederlanden im europäischen Vergleich eine starke Position inne hat.

Unternehmenslandschaft

Auf einer relativ kleinen Fläche konzentrieren sich in den Niederlanden nicht nur 16 Millionen meist gutausgebildete Einwohner, sondern auch Hunderte von Biotechnologieunternehmen.Lightbox-Link
Auf einer relativ kleinen Fläche konzentrieren sich in den Niederlanden nicht nur 16 Millionen meist gutausgebildete Einwohner, sondern auch Hunderte von Biotechnologieunternehmen.Quelle: Wikipedia
Biotechnologie zählt zu den "Topgebieten"

Die Zahl der Biotechnologie-Unternehmen ist eine Größe, die ohne eine standardisierte Umfrage, wie sie biotechnologie.de jährlich durchführt, schwer zu ermitteln ist. Im Jahr 2006 schätzte die OECD die Zahl der dedizierten Biotechnologieunternehmen, also jenen Unternehmen, die sich ausschließlich mit Biotechnologie beschäftigen, in den Niederlanden auf 221. Im gleichen Jahr kam der Servicearm des US-Handelsministeriums auf 157 dedizierte und 400 gemischte Biotechnologieunternehmen. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen, mittlerweile dürfte die Zahl auch trotz Finanzkrise angestiegen sein. 

Stark vertreten ist vor allem der medizinische Sektor. Die "rote" Biotechnologie und andere Unternehmen aus dem Medizinbereich beschäftigen dem Investitionsportal Life Sciences and Health zufolge 56.400 Menschen. 20% dieser Angestellten sind demnach in der Forschung tätig, die Zahl der Unternehmen aus dem Pharma-, Diagnostik- und Medizintechnikbereich im Jahr 2010 betrug 935.

Nach den aktuell verfügbaren Zahlen des Wirtschaftsministeriums (erhoben 2005) sind mehr als 70% der Pharmaunternehmen Kleinunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern. Wie auch in anderen Ländern entstehen diese als Ausgründungen von Universitäten und Forschungseinrichtungen. So  konzentriert sich die Branche in der Nähe der wissenschaftlichen Forschungszentren Amsterdam/Leiden/Utrecht/Rotterdam, Wageningen, Groningen und Maastricht.

Life Sciences and Health

Auf dem Internetportal präsentiert sich die Branche der Lebenswissenschaften in den Niederlanden möglichen Investoren. Neben Nachrichten über die Industrie, aktuellen Förderausschreibungen und einer Datenbank mit Förderprogrammen bietet die Seite auch Informationen über gesetzliche Rahmenbedingungen oder Finanzierungsmöglichkeiten.

www.lifescienceshealth.com

Crucell erfolgreich mit Impfstoffen

Sechs Biotech-Unternehmen sind an der Börse notiert. Am bekanntesten ist der Impfstoffhersteller Crucell, mit 115 Millionen verkauften Dosen 2009 der nach eigenen Angaben weltweit größte unabhängige Impfstoffproduzent, und eines der führenden Biotechnologieunternehmen in Europa. Der Gesamtumsatz des Unternehmens lag 2009 bei 358 Millionen Euro, wovon mehr als ein Drittel wieder in und FuE investiert wurde. Crucell hat sich auf Impfstoffe für Entwicklungsländer spezialisiert, zum Portfolio zählt der Fünffach-Impfstoff Quinvaxem, der über UNICEF verteilt wird. In der Pipeline des Unternehmens finden sich Vakzine gegen Gelbfieber, Malaria, Ebola, Tuberkulose, Hepatitis C, Tollwut und HIV sowie ein zellbasierter Grippeimpfstoff.

Nicht zuletzt wegen dieser attraktiven Palette an Produktkandidaten will das US-amerikanische Pharmaunternehmen Johnson&Johnson die niederländischen Impfstoffspezialisten gerne übernehmen. Der Verkauf soll voraussichtlich im Februar 2011 stattfinden, dem vorläufigen Übernahmeangebot zufolge wird Crucell innerhalb der J&J-Gruppe zum Impfstoffzentrum aufgebaut und behält den Firmenhauptsitz in Leiden.

Ebenfalls in Leiden sitzt die niederländische Niederlassung des belgischen Wirkstoffentwicklers Galapagos. Mit zwei therapeutischen Plattformen für Antikörper und niedermolekulare Therapien verfügt das Unternehmen über eine der größten Pipelines in dem Sektor. Es hat sechs klinische und 50 vorklinische / niedermolekulare Forschungsprogramme aufgebaut. Galapagos hat in den vergangenen Jahren mehrere Kooperationen mit großen Pharmapartnern aufgebaut, zum Beispiel mit Roche. Ziel dieser Zusammenarbeit sind vor allem neue Ansätze in der personalisierten Medizin. Der Trend wird auch in den Niederlanden stark verfolgt, ein Konsortium aus drei Public-Private-Partnerships will im kommenden Jahr 28 Mio Euro in diesem Bereich investieren, und konzentriert dabei auf sieben Projekte, welche sich vor allem mit den Transportkanälen für Wirkstoffe beschäftigen.

Agendia mit erstem Brustkrebstest auf dem Markt

Weitere börsennotierte Unternehmen sind der Spezialchemiekonzern DSM sowie die Unternehmen Fornix, AMT und der Technologieentwickler OctoPlus. Neben OctoPlus sind zwei weitere große Unternehmen in der Technologieentwicklung tätig: Avantium mit einer Spezialisierung aus Eiweißkristallisationstechnik und SynCom, das pharmazeutische Verbindungen entwickelt.

Informationen beim Wirtschaftsministerium

Die Regierung der Niederlande hat die Lebenswissenschaften zu einem "Topgebiet" erklärt, was verstärkte Förderung möglich macht. Das Wirtschaftministerium informiert auf seiner Internetpräsenz ausführlich über die Lebenswissenschaften in den Niederlanden.

mehr Informationen: hier klicken

Seit einiger Zeit macht der Molekulardiagnostikspezialist Agendia auf sich aufmerksam. Mittlerweile hat das Unternehmen die sechste Finanzierungsrunde hinter sich und bereitet einen Börsengang im Jahr 2011 vor. Erfolgreichstes Produkt ist bisher Mammaprint, ein Test, mit dem nach dem Entfernen eines Brustkrebstumors die Aktivität von brustkrebsrelevanten Genen in Gewebeproben überwacht und damit ein möglicher Rückfall vorhergesagt werden kann.

Nur ein Teil der in der Biotechnologie tätigen Unternehmen ist in Verbänden organisiert. Das wird einerseits darauf zurückgeführt, dass die Mitgliedsbeiträge für die mehrheitlich kleinen Unternehmen zu hoch sind. Andererseits gibt es aber von Unternehmensseite offenbar bisher auch wenig Interesse an einer biotechnologischen Lobbyarbeit auf nationaler und europäischer Ebene. Neben dem allgemeinen Verband „Nederlandse Biotechnologische Vereinigung“ und einem wissenschaftlichen Verband für Genetik gibt es industrielle und regionale Berufsverbände. Die industriellen Vereinigungen sind international ausgerichtet und teilweise EU-Dachverbänden angeschlossen. Die regionalen Verbände haben den Charakter von Clustern, sie sollen die Region entwickeln und haben unter ihren Mitgliedern Unternehmen und Wissensorganisationen gleichermaßen. Dieses Modell, auch wenn es de facto nicht mehr als  ein regionales Netzwerk bedeutet, ist für viele Unternehmen attraktiver als ein industrieller Verband.

Public-Private-Partnerships als Wirtschaftspolitik

Nach wie vor ist der Markt in der Biotechnologie in den Niederlanden sehr dynamisch. Immer mehr Firmen verlagern nicht nur Produktion und Vertrieb, sondern auch ihre FuE-Aktivitäten ins Ausland. Selbstdiagnostizierte Schwachpunkte der Branche liegen vor allem bei der Markteinführung von innovativen Produktreihen und der Umsetzung von Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte.

Die Regierung unterstützt sie durch Forschungsstipendien, Zuschüsse für Startups und Technologiekooperationen wie das Programm „Pieken in de delta“. Den Fokus ihrer Förderung hat die Regierung nach der Identifizierung der Schwachstellen der Branche auf Markteinführung und Public-Private-Partnerships (PPP) gelegt, um vor allem die Forschungsergebnisse kleiner Unternehmen besser und schneller zu verwerten. Besonders in der industriellen Biotechnologie gibt es bereits ganze PPP-Netzwerke, die auch renommierte Forschungseinrichtungen wie die  TU Delft und das Kluyver Centre for Genomics of Industrial Fermentation sowie das Unternehmen DSM umfassen. Es wird jedoch erwartet, dass die Investitionen in PPP, welche in den vergangenen Jahren nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bei jeweils rund 250 Millionen Euro lagen, in den kommenden Jahren zurückgehen.

Die ersten PPP unter niederländischer Beteiligung haben schon wichtige Erfolge gemeldet. Die in Amsterdam beheimatete Firma Synco Bio Partners gehört zum ersten PPP, welches für die Weltgesundheitsorganisation WHO einen Impfstoff entwickelt hat. Die MenAfriVac genannte Vakzine richtet sich gegen Erreger der Hirnhautentzündung Meningitis A. Synco Bio Partners lieferte die aus Meningokokken stammenden komplexen Zuckermoleküle gegen die der Impfstoff eine Resistenz vermitteln soll. MenAfriVac ist im Juni 2010 von der WHO zugelassen worden.

 

Hintergrund

Unternehmen: 221 (OECD-Zählung)

Schwerpunkt: medizinische und industrielle Biotechnologie

Branchenverband: BioFarmind
www.biofarmind.nl

Größtes PPP-Netzwerk: National Genomics Initiative
www.genomics.nl

Forschungsförderung
www.lifescienceshealth.com

Rechtliche Grundlagen
Forschung mit Stammzellen erlaubt, keine Stichtagsregelung, erstes europäisches Land mit Koexistenzregelung für gv- und konventionellen Anbau, Freilandversuche, jedoch bisher kein kommerzieller gv-Anbau

Internationale Kooperationen

www.internationale-kooperationen.de

Sie interessieren sich für Kooperationen mit Hochschulen und Unternehmen im Ausland? Das internationale Büro des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt einen solchen Austausch. Mehr Informationen zu möglichen Förderprogrammen und länderspezifische Hintergründe finden Sie unter:

www.internationale-kooperationen.de


Downloads

Eurobarometer Biotechnologie 2010

vollständiger Report auf Deutsch Download PDF (8,2 MB)

Eurobarometer Biotechnologie 2010 Niederlande

Detailauswertung Niederlande englisch Download PDF (1,6 MB)

Biopolis Netherlands 2007

National Report of the Netherlands Download PDF (542,7 KB)