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Pflanzlicher Cholesterinsenker gefährdet Herz

So mancher Margarine werden Zusatzstoffe wie Sterole beigemengt. Bei bestimmten Genkonstellationen kann das problematisch sein, sagen Leipziger Forscher. <ic:message key='Bild vergrößern' />
So mancher Margarine werden Zusatzstoffe wie Sterole beigemengt. Bei bestimmten Genkonstellationen kann das problematisch sein, sagen Leipziger Forscher. Quelle: Claudia Hautumm / pixelio.de

03.08.2010  - 

Sterole, auch Phytosterole genannt, sind als Cholesterinsenker bekannt und daher zum gefragten Inhaltsstoff von neuartigen funktionellen Lebensmitteln geworden. Doch nun haben Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums Leipzig erstmals einen Zusammenhang zwischen bestimmten genetischen Faktoren, dem Anteil von pflanzlichen Sterolen im Blut und der koronaren Herzerkrankung nachgewiesen. „Menschen mit einer bestimmten genetischen Variante scheiden Phytosterole schlechter aus, haben dadurch einen höheren Sterolspiegel und somit ein erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden“, erklärt Daniel Teupser, in Leipzig Professor für Klinische Chemie und Funktionelle Genetik. Sterole sind also für einige Menschen offenbar nicht nützlich, sondern gefährlich, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt Circulation (Online-Vorabveröffentlichung, 7. Juni 2010).



Pflanzliche Sterole sind Bestandteil der Zellwand von Pflanzen und kommen in pflanzlichen Fetten und Ölen vor. Lebensmittel mit hohem Sterolgehalt sind zum Beispiel Nüsse oder Pflanzenöle aus Sonnenblumensamen, Weizenkeimen oder Sojabohnen. Bekannt sind etwa 44 pflanzliche Sterole. Sie sind eng verwandt mit den tierischen Sterolen, von denen das bedeutendste das Cholesterin ist. Weil sie diesem so ähnlich sind, hemmen Sterole die Aufnahme von Cholesterin im Darm und werden als Cholesterinsenker in „funktionellen“ Lebensmitteln wie Margarine oder Joghurt eingesetzt. Zudem wird vermutet, dass pflanzliche Sterole eine vorbeugende Wirkung gegen Krebs haben. Das alles hat sie in den vergangenen Jahren zu einem begehrten Zusatzstoff werden lassen.

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Drei Genabschnitte sorgen für erhöhtes Risiko bei Herzgefäßen

Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig und des Leipziger Universitätsklinikums haben sich nun auf die Suche nach genetischen Faktoren gemacht, die den Sterolspiegel im Blut regeln. Denn ähnlich wie der Cholesterinpegel ist auch die Konzentration an Sterolen von Mensch zu Mensch verschieden, was eine genetische Ursache nahe legt.

Tatsächlich brachte ein Vergleich von über 4.000 Blutproben drei voneinander unabhängige Genabschnitte ans Licht, die immerhin etwa 10% der unterschiedlichen Sterolspiegel erklärten. In einem nächsten Schritt interessierten sich die Forscher nun dafür, ob ein genetisch bedingter hoher Sterolspiegel ähnlich wie bei Cholesterin auch mit einer höheren Rate an Erkrankungen der Herzgefäße in Verbindung gebracht werden kann. Dafür wurde die Studie auf 27.000 Patientenproben ausgedehnt, darunter Proben aus der Leipziger Herzstudie, in der die Proben jeweils zur Hälfte von Herzerkrankten und von Gesunden stammen. Die Untersuchungen wurden in enger Kooperation mit Wissenschaftlern der Universitäten Lübeck, Regensburg, München und Erlangen durchgeführt sowie mit Kooperationspartnern in Großbritannien und Frankreich.

Menschen mit Blutgruppe 0 sind vor hohem Sterolspiegel geschützt

Und wieder wurde die Hypothese bestätigt. Die Ergebnisse zeigten, dass alle drei Genabschnitte einen Effekt auf das Risiko der koronaren Herzerkrankung hatten. Zwei der Genabschnitte lagen dabei in einem bekannten Lipidtransferprotein (ABCG8). Dieses Ergebnis war zu erwarten gewesen, da diese Lipidgene für den Transport pflanzlicher Sterole im Blut zuständig sind. Der dritte Genabschnitt liegt auf dem Gen AB0. Es bestimmt die Blutgruppe. Demzufolge neigen Träger der Blutgruppen A, B und AB zu höheren Sterolspiegeln und gleichzeitig zu einem höheren Risiko für eine Erkrankung der Herzkranzgefäße. Dagegen ist Blutgruppe 0 besonders geschützt vor einem hohen Sterolspiegel ebenso wie Herzgefäßerkrankungen. 

Alles in allem muss mit Sterolen deshalb vorsichtig umgegangen werden, meint Daniel Teupser, Professor für Klinische Chemie und Funktionelle Genetik an der Universität Leipzig. „Menschen mit einer bestimmten genetischen Variante scheiden Phytosterole schlechter aus, haben dadurch einen höhere Sterolspiegel und somit ein erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. Dieser Befund steht im Widerspruch zu den Empfehlungen medizinischer Fachgesellschaften, die eine Nahrungsmittelergänzung mit pflanzlichen Sterolen befürworten."

Risikotest bisher nicht allgemein erhältlich

Das sehen auch Teupsers Kollegen so. „Aufgrund der Forschungsergebnisse kann die weit verbreitete Auffassung, dass Produkte mit Ersatzstoffen für tierische Fette grundsätzlich gesundheitsfördernd sind, nicht mehr aufrecht erhalten werden“, sagt Joachim Thiery, Direktor des Instituts für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik am Universitätsklinikum Leipzig. „Für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung sind sie sogar als schädlich einzustufen.“ 

Ob jemand zur Risikogruppe gehört und die entsprechende Variante in sich trägt, ist durch einen genetischen Test herauszufinden, der jedoch bis jetzt nicht allgemein verfügbar ist. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte deshalb bei Lebensmitteln mit Phytosterolzusätzen zurückhaltend sein, so das Fazit der Forscher.

Was es mit dem Sterolspiegel und der koronaren Herzerkrankung nun im Detail auf sich hat, wird mit weiteren Forschungsarbeiten geklärt, die im Rahmen der Landesexzellenzinitiative LIFE stattfinden. LIFE ist eines von fünf Projekten, das in Sachsen mit Mitteln des Freistaats und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung seit 2007 aussichtsreiche Forschungscluster der Lebenswissenschaften stärkt und Spitzenforschung fördert.

 

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