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Stefan Engelhardt: Netzwerken fürs Herz

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Der Herzforscher Stefan Engelhardt ist mit 39 Jahren zum Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der TU-München berufen worden. Quelle: Engelhardt

18.12.2008  - 

Für Stefan Engelhardt war 2008 ein Jahr, wie es sich jeder Forscher nur wünschen kann. Nicht nur, dass der Pharmakologe mit 39 Jahren zum wahrscheinlich jüngsten Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der TU-München berufen wurde. Auch bei der Erforschung der Volkskrankheit Herzmuskelschwäche sind ihm große Erfolge gelungen. Vielleicht hat seine Arbeitsgruppe sogar einen neuen Therapieansatz für die Krankheit gefunden. Als Mitglied im neuen Transatlantischen Netzwerk für kardiovaskuläre Forschung kann seine Gruppe zusätzlich auf außergewöhnliche Ressourcen zurückgreifen.




 

Eigentlich ist Engelhardt Mediziner, studiert hat er in Regensburg und an der LMU München. „Ich wollte Kardiologe werden“, erzählt er. Aber dann kam es doch ganz anders. Nach der Doktorarbeit am Münchner Genzentrum ging er für zwei Jahre ans Institut für Pharmakologie der Universität Würzburg, in die Grundlagenforschung. „Um das noch mal richtig zu lernen“, sagt er im Rückblick. Was als Ergänzung beginnt, lässt ihn nicht mehr los und wird zum Kern seiner Arbeit. „Ich bin in der Forschung hängen geblieben“, erzählt er. Eines aber hat sich nicht geändert, und das ist sein Interesse am menschlichen Herzen. Mit seiner Arbeitsgruppe erforschte er am Rudolf-Virchow-Zentrum der Universität Würzburg die molekularen Grundlagen der Herzmuskelschwäche. Im Oktober 2008 folgte der 39-Jährige einem Ruf an die Technische Universität München, als Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie.

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So gefährlich wie bösartige Tumore

Sobald sein Labor an die Isar umgezogen ist, wird er seine Forschung dort fortsetzen. „Herzmuskelschwäche ist eine der häufigsten Todesursachen in unserer Gesellschaft“, sagt Stefan Engelhardt. Die Ursachen für dieses Krankheitsbild sind vielfältig: Bluthochdruck, beschädigte Herzkranzgefäße und Diabetes sind die bekanntesten. Herzmuskelschwäche ist aber mehr als einfach nur ein überlastetes Herz. Der Herzmuskel selbst erkrankt und verändert seine zelluläre Struktur. „Die Herzmuskelzellen fangen an, abnorm zu wachsen und sterben teilweise ab“, erklärt Engelhardt. Außerdem baut sich das Herzgewebe um. Die Bindegewebszellen, die dem Herzmuskel normalerweise den Halt geben, fangen an zu wuchern. Ein solches Herz kann nicht mehr ordentlich pumpen. Und die Therapieaussichten bei Herzinsuffizienz sind schlecht. „Die Lebenserwartung ist vergleichbar mit der bei bösartigen Tumoren“, sagt Engelhardt. „Die einzige Heilungsmöglichkeit ist zurzeit eine Herztransplantation“.´

microRNAs machen das Herz schwach

Was genau die Zellen im Herz veranlasst, sich so zu verändern, ist unklar. Die Arbeitsgruppe um Engelhardt ist allerdings auf einer interessanten Spur (mehr...). „Wir haben gefunden, dass bei Herzinsuffizienz eine Menge an kleinen RNAs zu beobachten ist“, erzählt er. MicroRNAs nennt man die kleinen RNA-Stückchen auch, die in allen Zellen vorkommen und die Aufgabe haben, die Bildung von Eiweißen zu steuern (mehr...). Von einer bestimmten microRNA, genannt microRNA-21, fanden die Wissenschaftler in kranken Herzen drei bis viermal so viel wie in gesunden Herzen. „Da lag die Frage nahe, ob diese erhöhte Konzentration etwas mit der Erkrankung zu tun hat“, erläutert Engelhardt. Die Antwort: Ja, hat sie.

Im Mausmodell schalteten die Forscher microRNA-21 gezielt mittels RNA-Interferenz aus. Das Ergebnis: Bei solchen Mäusen blieben die geschilderten Symptome aus. „Wir können sogar die bereits etablierte Krankheit teilweise heilen“, sagt Engelhardt. Auch der Mechanismus ist weitgehend bekannt: MicroRNA-21 aktiviert einen Signalweg, der die Bindegewebszellen zur Vermehrung anregt. Diese Ergebnisse veröffentlichte die Gruppe um Engelhardt zusammen mit den Würzburger Kardiologen Thomas Thum und Johann Bauersachs im Fachmagazin Nature (30. November 2008, Online-Vorabveröffentlichung).

Auf den Menschen übertragbar

Noch testen die Forscher den Ansatz nur im Mausmodell. „Aber unser Fernziel ist durchaus, eine microRNA-basierte Therapie auch beim Menschen einzuführen“. Engelhardt ist optimistisch. Nicht zuletzt, weil er seinen Dienst in München mit einem ganz besonderen Förderpäckchen antreten kann: Seit Oktober ist er Europakoordinator eines „Transatlantic Network of Excellence in Cardiac Research“, gesponsert von der französischen Leducq-Stiftung. „Von dieser Förderung träumt jeder kardiovaskuläre Forscher, weil sie so großzügig ist“, freut sich Engelhardt.

Immerhin sechs Millionen US-Dollar stehen den fünf beteiligten Arbeitsgruppen aus Europa und den USA zur Verfügung. „Man bekommt aber nicht nur viel Geld, sondern muss sich auch regelmäßig treffen, junge Mitarbeiter und Methoden austauschen und eben zusammen forschen“. Das gefällt Engelhardt besonders. „Da sind wirklich sehr gute Labors beteiligt. Es ist wunderbar, mit solchen Leuten in kleinem Kreis zusammenzuarbeiten“.

Neuer Lehrstuhl, eine Veröffentlichung in Nature und eine Traumförderung in der Tasche  – „Ja, das war ein gutes Jahr“, zieht Engelhardt sein ganz persönliches Fazit für 2008.

Autorin des Textes: Miriam Ruhenstroth

 

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