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Wochenrückblick KW 17

03.05.2010

Verheerende Wirkung von Cholesterin entschlüsselt

Kristallines Cholesterin überreizt das Immunsystem und führt deshalb zu lebensgefährlichen Entzündungen in den Arterienwänden. Das zeigt eine Studie unter Federführung der Universitäten Massachusetts und Bonn sowie der LMU München.

Wie das internationale Forscherteam in der Fachzeitschrift Nature (Bd. 464, 29. April 2010, S. 1357–1361) berichtet, reagiert die körpereigene Abwehr auf Cholesterinkristalle offenbar mit einer massiven Immunreaktion. Dabei entstehen entzündliche Schwellungen in der Gefäßwand. Diese so genannten atherosklerotischen Plaques verengen die Arterien, was im schlimmsten Fall zu Herzinfarkt oder Schlaganfall führen kann. Schon lange beobachteten Mediziner, dass sich in der Nähe von Cholesterinkristallen im Körper stets große Ansammlungen von Immunzellen einfinden, obwohl gar keine Bakterien oder Viren zugegen sind. Was genau sich dabei abspielt, war bisher unklar.

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Wochenrückblick: Gezielte Waffe im Kampf gegen Atherosklerose

News: Arteriosklerose an- und ausschalten

Wochenrückblick: Arteriosklerose als Fehlfunktion des eigenen Immunsystems

Eicke Latz von der Universität Bonn hat das Phänomen nun zusammen mit dem Bonner Kollegen Veit Hornung (mehr...), Peter Düwell von der LMU München und Wissenschaftlern aus den USA entschlüsselt. „Wir haben festgestellt, dass sich bei entsprechender Ernährung schon nach kurzer Zeit Cholesterin-Kristalle in den Arterienwänden ablagern“, sagt Düwell. „Diese Kristalle werden dann von Fresszellen des Immunsystems aufgenommen.“ Das ist offenbar der Startschuss für eine verhängnisvolle Kettenreaktion: Die schwer verdauliche Kost aktiviert in den Fresszellen ein so genanntes Inflammasom. Dieses Konstrukt aus mehreren Eiweißen sorgt unter anderem dafür, dass die Zelle Entzündungsbotenstoffe freisetzt. Dadurch werden mehr und mehr Immunzellen an den Ort des Geschehens gelockt. Die Invasion destabilisiert letztlich die Gefäßwände – mit möglicherweise lebensbedrohlichen Folgen.

Ein Puzzlesteinchen fehlt den Forschern aber noch, um das Bild komplett zu machen: „Wir wissen noch nicht genau, wie die Cholesterin-Kristalle das Inflammasom aktivieren“, sagt Eicke Latz. Schon jetzt liefern die Resultate aber Ansatzpunkte für neue Medikamente. Bislang werden in der Therapie die so genannten Statine eingesetzt. Sie vermindern die Synthese von endogenem - also vom Körper selbst hergestelltem – Cholesterin und reduzieren so das Risiko eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls. Statine hemmen jedoch nicht die Aufnahme von Cholesterin mit der Nahrung. Wie die neuen Ergebnisse zeigen, könnte das ein vielversprechender Weg sein, um Arterienverkalkung einzudämmen. 

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Investoren stecken 20 Millionen Euro in Affimed

Bei einer Finanzierungsrunde der Serie C ist es der Affimed Therapeutics AG gelungen, 20 Millionen Euro einzuwerben. Das teilte der Antikörper-Spezialist mit Sitz in Heidelberg am 29. April mit.

 Die Serie C Finanzierungsrunde wurde von den bestehenden Investoren aeris Capital, BioMedInvest, LSP Life Sciences Partners, Novo Nordisk A/S und Orbimed angeführt.

Die Investoren glauben an Affimeds TandAb-Antikörper-Technologie.Lightbox-Link
Die Investoren glauben an Affimeds TandAb-Antikörper-Technologie.Quelle: Affimed AG

Affimed entwickelt Therapien gegen Krebs. Dabei setzt die Firma auf eine bestimmte Antikörper-Technologie, die mit dem frischen Geld weiterentwickelt und gegen verschiedene Krebsarten getestet werden soll. Am weitesten entwickelt ist der Antikörper AFM13 zur Behandlung von einer bestimmten Leukämie-Form. Er soll im dritten Quartal 2010 mit der klinischen Phase I beginnen.

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Förderbeispiel: Antikörper in Rekordzeit herstellen

News: Premiere - Antikörper aus Deutschland steht vor Markteintritt

News: Micromet weckt Hoffnungen bei Pharmaindustrie

AFM11 und 12 zur Behandlung von Non-Hodgkin-Lymphomen befinden sich derzeit in der präklinischen Entwicklung und werden voraussichtlich 2011 in Phase-I-Studien eintreten. Das klinische Entwicklungsprogramm ist seit März 2010 unter Verantwortung von Christian Hucke. Der promovierte Biologe wechselte vor kurzem von der Aachener Grünenthal GmbH zur Affimed.

AFM13 ist ein sogenannter bispezifischer Antikörper, der auf der patentierten TandAb-Technologie basiert. TandAbs binden einerseits an die Tumorzellen und aktivieren gleichzeitig die T-Zellen des Immunsystems oder natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), indem sie Tumorzellen im Körper identifizieren und selektiv zerstören. 

Die wichtigsten Nachrichten aus der Biotech-Branche

 

Vfa-Studie: Biopharmazie wächst, aber nicht mehr so stark

In Deutschland wurden 2009 erneut mehr biotechnologisch hergestellte Arzneimittel verkauft. Allerdings hat sich das Wachstum abgeflacht.

Der Umsatz lag 2009 bei 4,7 Milliarden Euro (+5%) und hat immer noch einen Anteil von 16% am gesamten Arzneimittelumsatz in Deutschland. Das ist das Fazit des Branchenreports "Medizinische Biotechnologie 2010", den die Unternehmensberatung The Boston Consulting Group (BCG) für die Arbeitsgruppe Biotechnologie im Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) jährlich erstellt. "Die wachsende Zahl neuzugelassener Biopharmazeutika und weiteren Kandidaten in der Pipeline verdeutlicht die Innovationskraft der Biotechnologie", sagte Frank Mathias, Vorsitzender von vfa bio und Chef des Biotech-Unternehmens MediGene bei der Vorstellung des Reports in Berlin.

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News: Forschende Pharmafirmen - Medikamentenpipeline gut gefüllt

Förderbeispiel: Kleines Moos mit großer Zukunft

News: Neue Schubkraft für Pharmastandort Deutschland

So wurden 2009 insgesamt zwölf neue Biopharmazeutika zugelassen (+27%), 468 Kandidaten befinden sich in der klinischen Studien oder in der Zulassungsphase (+12%). Grundlage der Erhebung sind die vfa-Mitgliedsunternehmen, die in Deutschland tätig sind. Hierbei wurde die gesamte Pipeline berücksichtigt, egal wo die Präparate entwickelt werden. Nach Angaben des Reports sind die 380 Unternehmen vor allem bei Stoffwechselerkankungen, in der Immunologie und der Onkologie am Markt aktiv. Ein Blick auf die Umsatzverteilung nach Therapiebereichen zeigt, dass 2009 insbesondere immunologische Präparate (+26%) sowie Krebsmedikamente (+17%) an Umsatz zugelegt haben, wohingegen im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger Geld mit Impfstoffen (-17%) verdient wurde. Konstant hoch blieben die Umsätze bei Stoffwechselerkrankungen (+2%).

Als Grund für die insgesamt sinkenden Wachstumsraten nannte Mathias die Tatsache, dass offenbar weniger Ärzte aufgrund von Kostengründen Biopharmazeutika verschreiben. Aus diesem Grund ist für ihn auch fraglich, ob sich für 2010 eine ähnlich positive Bilanz ziehen lässt. "Wir brauchen von politischer Seite mehr Planungssicherheit", sagte er und verwies auf den noch unklaren Umgang mit einer künftigen Kosten-Nutzen-Bewertung sowie auf jüngste politische "Markteingriffe" wie Zwangsrabatte, die die Situation für die Unternehmen weiter verschlechtern würden. Die Druckfassung des Reports wird im Juni erscheinen. 

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Malaria hindert kranke Zellen am Selbstmord

Malariaparasiten hindern befallene Zellen am Selbstmord. Hamburger Forscher wollen diesen Trick nun gegen die Erreger selbst anwenden.

Menschliche Zellen verfügen über einen fein ausgearbeiteten Mechanismus, um sich bei Befall mit Infektionserregern selbst zu zerstören. Diese letzte Sicherung wird von Malariaparasiten jedoch mit einem Hemmstoff ausgeschaltet, um sich ungestört zu vermehren. „Wenn wir den Hemmstoff blockieren könnten, würden unsere Leberzellen die Parasiten mit in den Tod reißen.

Malariaparasit überschwemmt befallene Leberzelle mit einem Hemmstoff. (rot: Hemmstoff, gelb: Parasitenhülle, blau: Zellkerne)Lightbox-Link
Malariaparasit überschwemmt befallene Leberzelle mit einem Hemmstoff. (rot: Hemmstoff, gelb: Parasitenhülle, blau: Zellkerne)Quelle: Bernhard-Nocht-Institut

Wir würden das gar nicht bemerken, denn nur wenige unserer zahlreichen Leberzellen sind betroffen“, erklärt Volker Heussler, Leiter der Forschergruppe am Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg. Heussler und seine Kollegen haben nun entdeckt, was die Malariaerreger mit der Zelle eigentlich anstellen und im Fachblatt PLoS Pathogens (Online-Veröffentlichung, 26. März 2010) beschrieben.

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News: Malaria - Hoffen auf den Impfstoff

News: Eiweiß-Datenbank als neue Waffe gegen Malaria

News: Zuckerforscher auf dem Weg zum Impfstoff gegen Malaria

Überrascht hat die Wissenschaftler, dass die Malariaparasiten mit diesem Hemmstoff gleich drei wesentliche Schritte in ihrem komplizierten Lebenszyklus regulieren. Der sogenannte Protease-Inhibitor hilft dem Erreger nicht nur beim Eindringen in Leberzellen, sondern ermöglicht auch deren enorme Vermehrung in den Zellen und ihre folgende Freisetzung ins Blut.

Die Gruppe um Heussler hatte bereits 2006 einen Meilenstein in der Malariaforschung gesetzt, indem sie in mikroskopischen Filmen zeigte, wie die Parasiten dem menschlichen Abwehrsystem entkommen: Sie verbergen sich beim Übergang von der Leberzelle in den Blutkreislauf in der äußeren Hülle der Wirtszelle wie in einem „trojanischen Pferd“. Die aktuellen Ergebnisse vervollständigen nun die Erkenntnisse über diese „Merosome“. „Mit diesen Ergebnissen sind wir dem großen Ziel näher gekommen, unsere Arbeit für die Bekämpfung der Malaria praktisch nutzbar zu machen“, so Heussler.

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Krebsgene mit Lichtstrahl ausschalten

Mit eigens konstruierten Eiweißmolekülen können Freiburger Forscher Krebsgene herunterregulieren.

Welche Gene des Erbguts tatsächlich in Eiweiße umgesetzt werden, wird durch spezielle Eiweißmoleküle, so genannte Transkriptionsfaktoren gesteuert. Bei Krebs sind sie oft krankhaft verändert. Die Forscher um Katja Arndt (mehr...) vom Institut für Biologie III der Universität Freiburg hat nun kleine Eiweißfragmente gebaut, die diese gefährliche Schieflage beheben und die fehlregulierte Genexpression hemmen können. In Zusammenarbeit mit Andrew Woolley von der Universität Toronto entwickelten die Wissenschaftler einen Mechanismus, mit dem sich diese Fragmente per Licht fernsteuern lassen.

Licht schaltet die Aktivität des AP-1 Transkriptionsfaktors (blau-grün) in lebenden Zellen mit Hilfe des Inhibitors (rot-gelb) aus.Lightbox-Link
Licht schaltet die Aktivität des AP-1 Transkriptionsfaktors (blau-grün) in lebenden Zellen mit Hilfe des Inhibitors (rot-gelb) aus.Quelle: Arndt / Universität Freiburg

Wie die Forscher im Fachblatt „Angewandte Chemie“ (Online-Veröffentlichung, 23. April 2010)  berichten, haben sie dabei zwei Techniken kombiniert: die von Katja Arndt konstruierten Hemm-Eiweiße, die Onkogene (Krebsgene) regulieren, und chemische Adaptermoleküle, die in Abhängigkeit von der Wellenlänge in zwei strukturellen Zuständen vorkommen und von Andrew Woolley entwickelt wurden. Die Adaptermoleküle werden an die Fragmente gekoppelt und wirken wie Schalter. Durch Anstrahlen mit Licht wird das Hemm-Eiweiß aktiviert und das Auslesen der Gene damit unterbunden. Das  „Ausschalten“ des Lichts hebt die Blockade wieder auf.

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Menschen: Katja  Arndt - Kinder, Campus und Karriere

News: Neuartige Immuntherapie gegen Krebs

Förderbeispiel: Einen Becher Joghurt gegen Krebs

Für die neue Technologie bieten sich viele Anwendungsmöglichkeiten. Zum einen sind solche molekularen Lichtschalter interessante Bauteile für den Baukasten der Synthetischen Biologie. Zum anderen versprechen sich die Wissenschaftler interessante Anwendungen in der Systembiologie. So spielen die neu entwickelten Lichtschalter bei der Erforschung zeitlich kontrollierter biologischer Prozesse, wie etwa der Entstehung und Wiedererkennung von Angst, eine Rolle. In der Medizin können die Lichtschalter möglicherweise die Grundlage einer neuen Behandlung bilden. 

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Licht kann Schimmelpilze ungefährlich machen

Mit Licht einer bestimmten Wellenlänge lassen sich Schimmelpilze wirksam ausschalten, haben Wissenschaftler des Max-Rubner-Instituts (MRI) in Karlsruhe herausgefunden.

Schimmelpilze und ihre Sporen sind allgegenwärtig. Nahrung effektiv vor einem Befall zu schützen, ist kaum möglich. MRI-Forscher haben innerhalb des EU-weiten-Projektes „Novel strategies for world wide reduction of mycotoxins in foods und feed chain“ (MycoRed) nun ein Verfahren entwickelt, mit dem die Pilze zwar nicht vollständig abgetötet, aber in ihrer Entwicklung wirkungsvoll gehemmt werden: Sichtbares Licht bestimmter Wellenlängen stört den Lebensrhythmus von vielen Schimmelpilzen so nachhaltig, dass kein Pilzgift gebildet wird und im besten Fall sogar das Wachstum unterbleibt.

Wissenschaftler des Max Rubner-Instituts stoppen Pilze mit LichtLightbox-Link
Wissenschaftler des Max Rubner-Instituts stoppen Pilze mit LichtQuelle: Max Rubner-Institut

Pilze haben, wie die meisten Lebewesen, eine innere Uhr, die Wachstum und Stoffwechsel steuert. „Wenn es uns gelingt, diese Uhr aus dem Takt zu bringen, dann können wir die Toxinbildung stoppen,“ sagt MRI-Forscher Rolf Geisen. Blaues Licht mit einer Wellenlänge von 450 Nanometern ist etwa bei einer großen Schmmelpilzgruppe besonders effektiv, zu der auch Penicillin und Aspergillus-Arten gehören.

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News: Pilz und Bakterium - Im Doppelpack gegen Osteoporose

News: Schimmelpilze im Visier der Wissenschaft - Genom von Aspergillus niger entschlüsselt

News: Pilze mit jedem Atemzug

Das blaue Licht reicht offenbar aus, um 80 Prozent der Pilzsporen zu zerstören. Gelbes und grünes Licht fördert dagegen das Wachstum der Pilze, haben die Wissenschaftler erkannt. Pilze verfügen demnach über Lichtrezeptoren für unterschiedliche Wellenlängen. Doch nicht alle Pilze sind derart empfindlich. Fusarien, typische Getreideschimmelpilze, reagieren etwa mit der erhöhten Bildung von Lichtschutzpigmenten wie Karotin. Trotzdem könnten die Ergebnisse für die schadstofffreie Bekämpfung bestimmer Schimmelpilze hilfreich sein. 

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