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Energie aus Wasserstoff: Bio-Brennstoffzellen in der Tiefsee

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Aus den Schloten der Schwarzen Raucher in der Tiefsee strömt unter anderem Wasserstoff, den Mikroben als Nahrungs- und Energiequelle verwerten. Quelle: Marum

11.08.2011  - 

Auf der Suche nach umweltfreundlichen Wegen der Energiegewinnung ruhen viele Hoffnungen auf Wasserstoff-betriebenen Brennstoffzellen. Während auf diesem Gebiet viel geforscht wird, lässt sich 3000 Meter tief im Atlantik besichtigen, wie die Natur die Brennstoffzell-Technologie auf ihre Art und Weise umgesetzt hat. In der Umgebung von heißen Quellen haben Forscher vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie und vom Exzellenzcluster MARUM an der Universität Bremen eine faszinierende Lebensgemeinschaft von Muscheln und Bakterien entdeckt. Dabei haben die Mikroben die Fähigkeit entwickelt, Wasserstoff als Energiequelle zu nutzen. Die Forscher berichten im Fachjournal Nature (2011, Bd. 476 , S. 176) über ihren Fund.

Kochend heiß, tausende Meter tief unter der Meeresoberfläche: Heiße Quellen sind Lebensräume der Extreme. In der Tiefsee entstehen sie überall dort, wo Magma in die obere Erdkruste aufsteigt und Seewasser mit dem hoch erhitzten Magma in Kontakt kommt. Das erhitzte Seewasser löst Mineralien aus der Erdkruste, und rauscht mit bis zu 400 Grad Celsius aus markanten Schloten, den sogenannten Schwarzen Rauchern, heraus. So gelangen Schwefelwasserstoff, Ammonium, Methan, Eisen oder Wasserstoff ins Meer. Aus der Oxidation dieser anorganischen Verbindungen gewinnen die Organismen Energie, um Kohlenhydrate aufzubauen. Da in die Tiefen des Ozeans kein Sonnenlicht vordringt, müssen chemische Reaktionen diese Energie liefern. In Analogie zur Photosynthese spricht man daher von Chemosynthese.

Chemosynthese: Energiegewinnung im Dunkeln
Chemosynthetische Mikroorganismen bilden die Existenzgrundlage für einzigartige Lebensgemeinschaften an den heißen Quellen der Tiefsee. Egal ob Würmer, Weichtiere oder Gliederfüßer: Sie können in dieser unwirtlichen Umgebung nur überleben, weil sie symbiotische Beziehungen mit Bakterien eingehen und somit quasi ihr eigenes Kraftwerk betreiben. Bislang waren allerdings nur zwei Quellen bekannt, aus denen die jeweiligen symbiotischen Mikroorganismen Energie gewinnen: Schwefelwasserstoff und Methan. „Wir haben jetzt eine dritte Quelle entdeckt- Wasserstoff“, sagt Nicole Dubilier vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen. In 3.000 Meter Tiefe am Mittelatlantischen Rücken, einem untermeerischen Gebirgszug, befindet sich auf halber Strecke zwischen der Karibik und den Kapverdischen Inseln das Logatchev-Hydrothermalfeld. In einer Reihe von Forschungsfahrten registrierten die Forscher hier die höchsten jemals an heißen Quellen gemessenen Konzentrationen an Wasserstoff. „Nach unseren Berechnungen bringt die Oxidation von Wasserstoff dort siebenmal mehr Energie als die Methanoxidation und bis zu 18-mal mehr Energie als die Oxidation von Sulfid“, erklärt Dubiliers Mitarbeiterin Jillian Petersen.

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Symbiont sitzt in den Kiemen von Tiefseemuscheln
In den Kiemen der dort lebenden Tiefseemuschel Bathymodiolus puteoserpentis entdeckten die Wissenschaftler dann erstmals einen Schwefel-oxidierenden Symbionten, der auch Wasserstoff einsetzen kann, um Energie und Nahrung zu gewinnen. Um diesen mikrobiellen Brennstoffzellen der Tiefseemuschel auf die Spur zu kommen, waren die Forscher auf die Tiefseeroboter "MARUM-QUEST" von der Universität Bremen und "Kiel 6000" vom IFM-GEOMAR angewiesen. Damit sammelten sie Proben in mehreren tausend Meter Tiefe. Mittels molekularbiologischer Methoden gelang es ihnen anschließend, das Gen namens „hupL“ nachzuweisen.

Es enthält den Bauplan für ein wichtiges Schlüsselenzym für die Wasserstoff-Oxidation, eine Hydrogenase. Muschelfelder um die hydrothermalen Quellen herum erreichen eine Ausdehnung von einigen hundert Quadratmetern, auf denen sich dann bis zu einer halben Millionen Individuen tummeln. „Unsere Experimente deuten darauf hin, dass die Muschelpopulation im Logatchev-Hydrothermalfeld bis zu 5000 Liter Wasserstoff pro Stunde oxidiert“, rechnet Frank Zielinski vor, der in der Bremer Arbeitsgruppe von Dubilier promoviert hat und inzwischen am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig forscht.

Wasserstoff-Straße auf dem Atlantikrücken

Die bakteriellen Untermieter der Muscheln spielen demnach eine beachtliche Rolle als Primärproduzenten und bei der Umwandlung von geochemischer Energie in Biomasse. „Entlang der mittelozeanischen Rücken gibt es so etwas wie einen „Wasserstoff-Highway“ mit Zapfstellen für die symbiotische Primärproduktion – das sind die Hydrothermalquellen“, sagt Jillian Petersen. Auch die Symbionten anderer an den Hydrothermalquellen lebenden Tiere, wie die des Röhrenwurms Riftia pachyptila oder die Garnele Rimicaris exoculata, besitzen das Schlüsselenzym Hydrogenase. „Wir gehen deshalb davon aus, dass die Fähigkeit, Wasserstoff als Energiequelle zu nutzen, unter diesen symbiotischen Gemeinschaften weit verbreitet ist, und zwar selbst dort, wo der Wasserstoff in nur sehr geringen Mengen vorkommt“, so Nicole Dubilier.

 

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