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Mit mikrobieller Brennstoffzelle Strom erzeugen

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Eine Struktur wie eine Dauerwelle: Die Elektrode aus Carbonfaser nimmt Elektronen von Bakterien auf - es fließt Strom. Quelle: Uwe Schröder/TU Braunschweig

17.03.2011  - 

Weltweit forschen Wissenschaftler an neuen Technologien, um Energie einzusparen oder umweltfreundlich zu produzieren. Ein Team um Uwe Schröder von der Technischen Universität Braunschweig hat sich zum Ziel gesetzt, mit Mikroorganismen aus Kläranlagen elektrische Energie zu erzeugen. Auf dem Weg zu einer nutzbaren mikrobiellen Brennstoffzelle haben die Forscher zusammen mit Kollegen aus Berlin, Leipzig, Marburg und Chicago nun Details aufgeklärt. Die Ergebnisse dieser Forschung wurden jetzt in drei Artikeln renommierter Fachzeitschriften veröffentlicht.

Die Nachfrage für Energie steigt stetig an: Bis zum Jahr 2050 wird eine Verdopplung des weltweiten Energieverbrauchs erwartet. Zugleich werden die fossilen Ressourcen zunehmend knapp. Innovative und zukunftsträchtige Forschungsansätze aus dem Energiesektor sind daher gefragt wie selten zuvor: Einige Ideen setzen vor allem dort an, wo sehr viel Energie verbraucht wird oder noch unangetastete Energiequellen zugänglich gemacht werden könnten. Beispielsweise erforschen Wissenschaftler, wie sich Mikroorganismen zur Energiegewinnung nutzen lassen.

Mikrobielle Brennstoffzelle

Wenn Sie mehr über Forschungsarbeit von Uwe Schröder erfahren wollen, dann finden Sie hier eine Übersicht der letzten Publikationen:

Cytochrom-Studie: Angewandte Chemie (2011, Ausgabe 50, S. 2625–2627)

Carbonfaser Elektrode: Energy & Environmental Science (2011, Advance Article)

Zellzytometrische-Studie: Energy & Environmental Science (2011, Advance Article)

Webseite von Uwe Schröder: Hier klicken

Abwasser als Energiequelle nutzen

Schon heute werden Bakterien in Kläranlagen zum Abbau organischer Verbindungen und Schadstoffen genutzt. Uwe Schröder, Professor für nachhaltige Chemie an der Technischen Universität Braunschweig, sieht im Abwasser eine mögliche Energiequelle. Um diese anzuzapfen, forscht er schon seit Jahren an mikrobiellen Biobrennstoffzellen. Diese funktionieren nach einem einfachen Prinzip: Mikroorganismen können viele im Abwasser schwimmenden Stoffe verwerten. Sie tun dies, um ihren Energiebedarf zu decken. Baut ein Organismus energiereiche Substanzen ab, entstehen Elektronen. Insbesondere metallreduzierende Bakterien sind für die Forscher interessant, denn sie können Elektronen an einen festen Elektronenempfänger – wie eisenhaltige Mineralien oder an die Elektrode eines bioelektrochemischen Systems – übertragen, wodurch ein Stromfluss entsteht. „Das funktioniert, weil diese Bakterien membrangebundene Proteine besitzen, die Elektronen direkt an die Elektrode abgeben“, erläutert Schröder. Allerdings nur, wenn die Bakterien in direktem Kontakt als einzellige Schicht - Biofilm genannt - auf der Elektrode aufgebracht sind.

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News: Bakterien liefern Biogas für 10.000 Haushalte

Dossier: Neue Technologien der Energiegewinnung

Elektronenübertragung sichtbar gemacht

Über diese besonderen Proteine war bisher nur sehr wenig bekannt. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern um Peter Hildebrandt von der Technischen Universität Berlin, konnten die Braunschweiger Forscher nun erstmals die Strukturen der sogenannten Cytochrome „in situ“, also in lebenden Biofilmen und ihrer natürlichen Umgebung sichtbar machen. Dazu setzten sie eine spezielle spektroelektrochemische Untersuchungsmethode ein. „Es gelang uns, die Proteine während ihrer Arbeit zu beobachten“, berichtet Diego Millo aus dem Team von Hildebrandt von der TU Berlin. „Mit den gewonnenen Strukturinformationen ergeben sich möglicherweise neue Strategien, um den Übertragungsprozess der Elektronen zu optimieren.“

Mit Leipziger Kollegen vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) haben die Forscher weitere wichtige Details aufgeklärt: Mithilfe spezieller Zellanalysegeräte wurden die Bakterien aus elektrisch aktiven Biofilmen zum ersten Mal gezählt und charakterisiert. „Wir entdeckten, dass sich an der Elektrode ganz spezifisch ein Bakterium angesiedelt hat“, so UFZ-Gruppenleiterin Susann Müller. Ihre Ergebnisse zeigen, dass der Biofilm zu 98 Prozent aus dem Bakterium Geobacter sulfurreducens besteht. “Ein natürlicher Biofilm, aus nur einem Bakterium, das ist sehr ungewöhnlich“, sagt Müller, „zumal dieses Bakterium im Umgebungswasser kaum nachweisbar war.“ Die Forscher vermuten nun, dass es an einer Elektrode zu einer natürlichen Selektion ausschließlich elektroaktiver Bakterien kommt.

Ein elektroaktiver Biofilm auf einer Elektrode aus Carbonfaser. Je größer die Elektrodenoberfläche ist, desto mehr Bakterien können eingebettet werden.Lightbox-Link
Ein elektroaktiver Biofilm auf einer Elektrode aus Carbonfaser. Je größer die Elektrodenoberfläche ist, desto mehr Bakterien können eingebettet werden.Quelle: Andreas Greiner/Philipps-Universität Marburg

Elektrode wie eine Dauerwelle

Ein weiterer großer Fortschritt gelang den Wissenschaftlern in Kooperation mit Kollegen der Universitäten in Marburg und Chicago. Gemeinsam entwickelten sie ein neuartiges hochporöses Elektrodenmaterial. „Eine Struktur, wie eine Dauerwelle“, beschreibt der Braunschweiger Wissenschaftler Schröder die Elektrode aus unzähligen leitfähigen Carbonfasern, die zehnmal dünner sind als ein Haar. Auf ihr sind die Bakterien wie in einer 3D-Matrix eingebettet – extrem viele Bakterien können durch die Vergrößerung der Elektrodenoberfläche somit direkt Elektronen auf die Elektrode übertragen. Das Ergebnis scheint vielversprechend: Die Forscher haben zum ersten Mal 30 Ampere pro Quadratmeter gemessen. „Das ist der stärkste von Bakterien erzeugte Strom, der jemals gemessen wurde“, betont Andreas Greiner, Professor für makromolekulare Chemie an der Philipps-Universität Marburg. Der Polychemiker sieht in der Verbindung der Marburger Materialtechnologien mit der Braunschweiger Brennstoffzelle große Chancen für zukünftige Energiekonzepte. „Wir werden nun weiter daran arbeiten das Material und die Oberfläche der Elektrode zu optimieren, so dass noch mehr Bakterien in Verbindung zu den Nanofasern stehen und mehr Leistung erzielt werden kann“, so Greiner.

Im Abwasser der Kläranlagen befinden sich gut gerüstete Mikroorganismen. Wissenschaftler wollen diese nutzen, um Strom zu erzeugen.  Lightbox-Link
Im Abwasser der Kläranlagen befinden sich gut gerüstete Mikroorganismen. Wissenschaftler wollen diese nutzen, um Strom zu erzeugen. Quelle: Gerda G./pixelio.de

Kläranlagen sind der optimale Einsatzort

Bis zu einem fertigen Energiekonzept ist es allerdings noch weit hin. Die Forscher müssen zunächst einen Weg finden, wie aus der wenige Quadratzentimeter großen, im Labormaßstab erfolgreichen Elektrode ein mehrerer Quadratmeter großer Stromerzeuger werden kann. Dafür muss auch die Rolle der elektronenübetragenden Cytochrome weiter erforscht werden. Dennoch, der optimale Einsatzort für eine mikrobielle Brennstoffzelle scheint gefunden: „Im Abwasser befinden sich gut gerüstete Mikroorganismen“, sagt Schröder. In diesem Sinne steckt großes Potential in den deutschlandweit mehr als 10.000 kommunalen Kläranlagen. Vor allem die biologischen Reinigungsschritte benötigen aufwendige Belüftungsanalagen, damit Mikroorganismen wachsen können. Der Chemiker betont: „Man verschwendet Energie, um Energie zu vernichten. Das macht keinen Sinn.“ Laut Umweltbundesamtes sind Kläranlagen für durchschnittlich fast 20 Prozent des Stromverbrauchs aller kommunalen Einrichtungen verantwortlich und haben derzeit einen jährlichen Gesamtverbrauch von etwa 4.400 Gigawattstunden, das entspricht einem Strombedarf von 900.000 Vier-Personen-Haushalten – das Einsparpotential ist also groß. „Wir wollen erstmal nicht Energie gewinnen, sondern Abwasserreinigung energieneutral gestalten,“ gibt der Braunschweiger Professor als Ziel aus.

© biotechnologie.de/tk

 

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