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Entwurf für neues Gentechnikgesetz: Zugeständnis an Ökolandbau

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Hickhack um Neugestaltung des Gentechnikgesetzes neigt sich dem Ende. Quelle: pixelquelle.de

24.07.2007  - 

Nach monatelangen Diskussionen haben sich CDU und SPD auf einen Gesetzesentwurf zur Neuregelung des Gentechnikgesetzes geeinigt. Wie Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer am Dienstag in Berlin mitteilte, beruht das Papier im Wesentlichen auf dem im März vorgelegtem Eckpunktepapier. Anders als ursprünglich geplant, wurden lediglich Zugeständnisse an Biobauern gemacht und ein gesonderter Mindestabstand von 300 Meter zwischen gentechnisch veränderten Pflanzen und ökologischem Landbau festgelegt. Zudem soll das Standortregister doch in seiner jetzigen Form beibehalten werden, ohne den Informationsgehalt einzuschränken.

Bereits im März hatte Landwirtschaftsminister Seehofer seine Vorstellungen zur Neugestaltung des Gentechnikgesetzes in einem Eckpunktepapier zusammengefasst. Seitdem jedoch schien es kaum voranzugehen, immer wieder wurde zwischen den Koalitionspartnern um Details gerungen. Nun hat Seehofer am 24. Juli einen Gesetztesentwurf in Berlin präsentiert, der am 8. August dem Kabinett vorgestellt werden soll. Im Wesentlichen wurden darin die Ideen des Eckpunktepapiers übernommen. Neben dem Gesetzesentwurf wurde auch ein Verordnungsentwurf vorgelegt, der künftig Regeln der guten fachlichen Praxis für Landwirte präzisiert, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen wollen.

Mehr Informationen zu Umweltauswirkungen von gentechnisch veränderte OrganismenLightbox-Link

Seit Ende der 80er Jahre fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Erforschung der Umweltauswirkung gentechnisch veränderter Pflanzen. Die Ergebnisse der Projekte sind auf der Internetplattform biosicherheit.de allgemeinverständlich erläutert.

www.biosicherheit.de

Pflanzenartspezifische Mindestabstände

Diese Regeln legen pflanzenartspezifische Mindestabstände fest und geben Umgangsnormen zur Lagerung, Beförderung und Ernte der gentechnisch veränderten Pflanzen vor. Da derzeit in Deutschland nur gentechnisch veränderter Mais angebaut werden darf, wurden diese Regeln bislang nur für diese Pflanzenart formuliert. Demnach soll zwischen konventionellen Feldern und gentechnisch verändertem Mais künftig ein Mindestabstand von 150 Metern gelten, um benachbarte Felder vor unbeabsichtigten Verunreinigungen zu schützen. Anders als bisher vorgesehen, soll es für den Ökolandbau einen doppelten Mindestabstand in Höhe von 300 Metern geben.

Mit diesen Abständen liegt Deutschland nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums europaweit im Mittelfeld. Bislang bestehen Anbauregel für gentechnisch veränderte Pflanzen nur in Dänemark (200m), den Niederlanden (25m), Portugal (200m) und Tschechien (70m).  Andere Länder haben bisher ebenfalls nur Gesetzesentwürfe vorgelegt: Luxemburg (800m), Polen (200m) oder Ungarn (400m).

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Die jetzt im Gesetzentwurf für Deutschland festgelegten Mindestabstände sind allerdings nicht in Stein gemeißelt. Wie bereits im Eckpunktepapier angkündigt, soll Landwirten nun tatsächlich die Möglichkeit eingeräumt werden, durch Absprache und Zustimmung der jeweils betroffenen Nachbarn geringere Abstände zu vereinbaren. Darüber hinaus soll mit zunehmendem Erkenntnisfortschritt über das Auskreuzungsverhalten der Abstandswert überprüft und gegebenenfalls geändert werden. Für den bevorstehenden Anbau der gentechnisch veränderten Stärkekartoffel Amflora hat Seehofer bereits angkündigt, ebenfalls genaue Regeln festlegen zu wollen.

Dieser Film gibt einen Einblick in Unternehmen, die biotechnologische Verfahren in der Landwirtschaft anwenden. Quelle: Fraunhofer IAIS im Auftrag des BMBF, 2004

Forschungsarbeiten werden erleichtert

Erhebliche Erleichterungen sieht der Gesetzentwurf für Forschungsarbeiten mit gentechnisch veränderten Pflanzen vor. So soll beispielsweise ein sogenanntes vereinfachtes Verfahren als Dauerrecht festgeschrieben werden. Hierdurch sollen Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen, mit denen bereits ausreichend Erfahrungen gesammelt worden sind, deutlich erleichert werden. Beispielsweise müssen für später hinzukommende Freisetzungsorte keine neuen Freisetzungsanträge mit erneuter Risikobewertung mehr gestellt werden – sie können einfach nachgemeldet werden und auf eine bestehende Risikobewertung verweisen.

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Erleichterungen sind dabei auch für Arbeiten mit gentechnischen Anlagen vorgesehen. Bisher sind diese Anlagen in vier Sicherheitsstufen (S1 bis S4) eingeteilt und künftig soll es etwa bei der Sicherheitsstufe eins ausreichen, wenn erstmalige gentechnische Arbeiten angezeigt statt angemeldet werden. Gleiches gilt für darauf aufbauende Vorhaben in der Sicherheitsstufe zwei. Auf diese Weise können die Wissenschaftler sofort nach der Anzeige mit ihren Arbeiten beginnen. Zudem müssen insgesamt weniger administrative Anforderungen erfüllt werden. Darüber hinaus sollen Ausnahmemöglichkeiten, die derzeit im Gentechnikgesetz für als sicher eingestufte gentechnisch veränderte Mikroorganismen (GVO) gelten, auch auf andere GVO ausgedehnt werden, die dieselben Sicherheitsanforderungen erfüllen und in gentechnischen Anlagen verwendet werden.

Unklar war bisher, wie im Rahmen von Forschungsfreisetzungen mit möglichen Auskreuzungen umgegangen werden soll. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte geprüft, ob man solche Ernteprodukte vom Erfordernis einer Inverkehrbringensgenehmigung befreien könnte. Hier habe die Europäische Kommission jedoch klar gemacht, dass sie darin einen Verstoß europäischen Rechts sehen würde, hieß es dazu bereits im Eckpunktepapier. Im aktuellen Gesetzesentwurf wurde nun ein Kompromiss gefunden: Wenn Material aus Freilandversuchen mit gv-Planzen in herkömmliche Ernten gerät, so soll diese in Zukunft nicht mehr unverkäuflich sein. Es ist dabei aber sicherzustellen, dass die betroffenen Ernteprodukte nicht in Futter- oder Lebensmittel geraten. Eine Verwertung in Biogasanlagen wäre beispielsweise möglich.

Standortregister bleibt, wie es ist

Keine Änderungen sieht der Gesetzesentwurf nun beim Standortregister vor. das Aufschluss über Anbauflächen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland gibt. Aufgrund zunehmender Feldzerstörungen  - die jüngst auch erst wieder im Oderbruch zu sehen waren - war ursprünglich angedacht worden, nur noch die Gemarkung der Gründstücke anzugeben, nicht das exakte Flurstück. Eine solche Änderung soll jetzt allerdings nicht mehr vorgenommen werden, vor allem aus Sorge vor zu starken Kosten, die entstehen könnten, wenn Interessenten beim Register Auskunftsanträge stellen müssten.

Politik reagiert überwiegend mit Kritik

Dieser Film der Deutschen Welle informiert über den Forschungsstandort Gatersleben in Sachsen-Anhalt, an dem sich hauptsächlich mit biotechnologischen Anwendungen in der Landwirtschaft beschäftigt wird.Quelle: Deutsche Welle

Die Politik hat auf den Gesetzesentwurf ganz unterschiedlich reagiert. Während sich die SPD mit der Erhöhung des Abstandes für Ökobauern zufrieden zeigt, verlangte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn, dass die 300 Meter für jeglichen Anbau gelten sollte. Für die CDU-Abgeordnete Katharina Reiche entbehren die 300 Meter „jeder wissenschaftlichen Grundlage“ und auch aus der FDP kam eindeutig Kritik. „Es ist ein indirektes Anbauverbot, wenn man die Distanz zwischen den Feldern verdoppelt“, sagte FDP-Abgeordnete Christel Happach-Kasan gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).

Kritisiert wurde auch, dass der Gesetzesentwurf keine Änderung in Sachen Haftung vorsieht. Wie jetzt auch haften Landwirte, die gv-Pflanzen anbauen, für wirtschaftliche Schäden, die auf Nachbarfeldern durch zufällige Beimischungen und Auskreuzungen entstehen - auch dann, wenn sie die Regeln der guten fachlichen Praxis eingehalten haben. Im Eckpunktepapier hieß es noch, dass eine Selbstverpflichtung von Seiten der Pflanzenzucht- und Biotechnologieunternehmen angestrebt wird, die die Landwirte bei Haftungsrisiken entlastet. Eine solche Selbstverpflichtung gibt es allerdings bislang nicht.

Der Fahrplan zur Umsetzung der Novelle sieht nun wie folgt aus: Geplant ist, dass Seehofer am 8. August seinen Ministerkollegen einen offiziellen Entwurf im Kabinett vorlegt. Wenn diese Runde den Entwurf verabschiedet, könnten nach der Sommerpause die Beratungen zur Gesetzesnovelle in Bundestag und Bundesrat beginnen.

 

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Downloads

Viertes Gesetz zur Änderung des Gentechnikgesetzes

Stand: 20. Juli 2007; Lesefassung Download PDF (178,3 KB)

Entwurf einer Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung - GenTPflEV)

Stand: 20. Juli 2007 Download PDF (103,7 KB)