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Berlin: CO2 als Rohstoff für die Zellfabrik

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Mikroalgen und Bakterien können gezielt dazu gebracht werden, mit dem Kohlenstoff aus dem Klimagas CO2 chemische Grundstoffe herzustellen. Quelle: fotolia.com

06.06.2013  - 

Unter dem Motto „Vom Treibhausgas zum Wertstoff“ haben sich am 4. Juni Experten verschiedenster Disziplinen in Berlin getroffen, um über Lösungsansätze für die stoffliche Nutzung des Treibhausgases CO2 zu diskutieren. Die Konferenz fand im Rahmen einer 2010 gestarteten Tagungsreihe statt, die von der BIOCOM AG mit Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) veranstaltet wird. Trotz unterschiedlicher Ansätze waren sich die Forscher in einem einig: Die Ideen sind gut, die Realisierung liegt aber noch ein Stück in der Zukunft. Die größte Herausforderung besteht vor allem darin, eine positive Ökobilanz zu erzielen.

Die Nutzung von Bakterien und Mikroorganismen zur Gewinnung von Biomasse und Energie steht schon seit einigen Jahren im Fokus von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern. Dabei wurden inzwischen eine Reihe von Systemen und Technologien entwickelt, die im Prinzip funktionieren. Um die ehrgeizigen Klimaschutzziele der Bundesregierung mithilfe solcher Verfahren zu erreichen und das Treibhausgas CO2 bis 2020 um 40 Prozent einzusparen, muss allerdings noch viel optimiert werden. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, eine positive Ökobilanz zu erreichen. Bei einer Tagung in Berlin stellten elf Experten aus Wissenschaft und Industrie  biotechnologische und physiko-chemische Ansätze vor. Gleich zu Anfang rief Hans-Christian Schaefer, Leiter des Referats Biotechnologie der DBU, die Bedeutung der biobasierten Forschung in diesem Feld in Erinnerung: „Die Natur liefert uns fertige Lösungen, die wir nur weiterentwickeln müssen.“  

Bakterien als Grundstofffabrik

Dirk Weuster-Botz von der Technischen Universität München stellte neue Wege zur Produktion von Acetat vor. Hierbei handelt es sich um eine Essigsäure-Verbindung, die von Mikroorganismen hergestellt werden kann und sich anschließend zu kohlenstoffhaltigen Produkten weiterverarbeiten lässt. Neue Erkenntnisse für die Herstellung von Acetat aus CO2 und Wasserstoff durch die Bakterienspezies Acetobacterium woodii  haben die Forscher um Weuster-Botz bereits gewonnen: Wie er in Berlin berichtete, konnten sie bereits eine bisher unerreichte Acetatausbeute durch spezielle Feinjustierung der Reaktionsbedingungen in speziellen Reaktoren erreichen. „Eine prinzipielle Nutzung acetogener Mikroorganismen zur Herstellung von Acetat ist also möglich“ erläuterte Weuster-Botz. Unter Berücksichtigung der Ökobilanz und der Energiebereitstellung, die zur Umsetzung durch die acetogenen Bakterien notwendig wäre, sei eine Überführung in den industriellen Maßstab aber noch ein langer Weg.

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Stromgetriebene Synthese durch Bakterien

Ein anderer Ansatz wird bei der mikrobiellen Brennstoffzelle verfolgt. Hier lässt sich ein Stromfluss durch die Umsetzung von organischen Substanzen durch Bakterien erzeugen (mehr...). Diese Bakterienbatterien sind für eine sinnvolle ökologische Nutzung jedoch bisher nicht wirtschaftlich genug. Johannes Gescher vom Karlsruher Institut für Technologie forscht an einem quasi umgekehrten Ansatz: Bei der mikrobiellen Elektrosynthese nehmen Mikroorganismen in speziellen Reaktoren Elektronen auf, um damit Eisenverbindungen zu reduzieren.  Das Bakterium Shewanella oneidensis beispielsweise gewinnt bei dieser sogenannten "dissimilatorischen Metallreduktion" Energie und macht zugleich chemisch sonst sehr schwer aufzuschlüsselnde Schwermetalle leichter zugänglich. Durch die Reaktion bindet die Mikrobe Kohlenstoff für seine Zellspeicher. Mögliche Quellen für Kohlenstoff und Schwermetalle könnten Abfallströme aus der Industrie sein, die anschließend besser verwertet werden können, berichtete Gescher in Berlin.In der 45. Folge von biotechnologie.tv erfahren Sie, woher der Treibstoff der Zukunft einmal kommen könnte: aus den Cyanobakterien einer Berliner Firma.Quelle: biotechnologie.tv

Effizienz der Biofilme steigern

Weiterhin ein vielversprechender Trend, der auf der Tagung diskutiert wurde: Die Nutzung der Photosynthese durch Mikroalgen. Nimmt man der Mikroalge die Fähigkeit zu wachsen oder Energie zu speichern, und fördert gleichzeitig die Ausbeute ihrer CO2-Umsetzung, erhält man eine hocheffiziente Kohlenstoff-Fabrik, der man den Überschuss nur abnehmen muss. Daran forschen zum Beispiel Wissenschaftler um Christian Wilhelm von der Universität Leipzig. Dabei will er nicht unbedingt möglichst hohe Biomassen in großflächigen Reaktoren erzeugen, sondern höhere Effizienz auf kleinem Raum. So sollen in Wilhelms Ansatz vergleichweise wenige, aber hochpotente Arten in dünnen Biofilmen das CO2 stofflich zugänglich machen. Wie Wilhelm auf der Konferenz erläuterte, werden diese Biofilme nach dem Vorbild der Natur so konzipiert und angeordnet, dass sie physikalische Störfaktoren effizient umgehen. Als Vorbild dient das junge Blatt einer Buche, das trotz seiner Dicke hocheffizient CO2 bindet, indem die Zellwandeigenschaften für optimale Lichtstreuung sorgen.

Forscher zeigen sich selbstbewusst

„Es geht um Substanzen, von denen wir wissen, dass die Industrie sie braucht, die aber eine schlechte ökologische Bilanz haben. Unser Anspruch ist es, den bakteriellen und den pflanzlichen Stoffwechsel so zu kombinieren, dass wir schließlich mit einer Effizienzsteigerung um mindestens eine Zehnerpotenz diese Substanzen erzeugen können. Sonst können wir beim Alten bleiben“, sagte Wilhelm während der abschließenden Diskussion. Bis dahin sei es allerdings ein langer Weg. Insbesondere sei die Umsetzung von Fragen der Stabilität und der Kontrolle der lebenden Systeme abhängig. Ein Scheitern ihrer Projekte befürchten die Forscher aus allen vertretenen Disziplinen indes nicht, denn das frühe Stadium ihrer Forschung lässt Fehler direkt auffliegen.

© biotechnologie.de/bs
 

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