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Olaf Kruse: Bioenergie aus Mikroalgen

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Olaf Kruse: Der Algenforscher will ein ganzheitliches Konzept zur Erzeugung von grüner Energie entwickeln. Quelle: Kruse

27.07.2009  - 

Wie lässt sich aus einzelligen Algen Energie gewinnen? Damit beschäftigt sich Olaf Kruse schon seit Jahren, inzwischen auch längst nicht mehr als reiner Grundlagenforscher. Seit diesem Sommer leitet der Biologe den von den Stadtwerken Bielefeld gemeinsam mit der Universität Bielefeld neu eingerichteten Lehrstuhl Algenbiotechnologie und Bioenergie.  Sein Ziel: die Gewinnung von Energie aus Algen zu einem konkurrenzfähigem Preis.

In puncto Nachhaltigkeit ist die Algen-Energie schon jetzt unschlagbar, davon ist Olaf Kruse überzeugt. Mikroalgen sind einzellige, pflanzenartige Organismen, die Photosynthese betreiben und Kohlendioxid (CO2) in Biomasse umwandeln. Aus dieser Biomasse lassen sich sowohl Wert- und Wirkstoffe, als auch Energieträger gewinnen. Da Algen bei ihrem Wachstum zuerst die Menge an CO2 aufnehmen, die sie später bei der energetischen Nutzung wieder freisetzen, lässt sich Energie aus Algen im Gegensatz zu konventionellen Energieträgern CO2-neutral gewinnen und könnte deshalb als Ersatz für fossile Energieformen dienen. Darüber hinaus stehen Algen auch in keiner Konkurrenz zu Nahrungsmittelproduktion, argumentiert der Forscher. Gemeinsam mit Partnern arbeitet Kruse daran, verbesserte Mikroalgenstämme zu etablieren. Je nach genetischer Veränderung können die Algen Energie in Form von Biodiesel, Biogas oder Wasserstoff herstellen. Das größte Problem in der Algenforschung liegt derzeit allerdings bei ihrer noch zu geringen Effizienz beziehungsweise den hohen Produktionskosten. Mithilfe eines zweistufigen Bioraffinerie-Konzepts will Kruse die Bioenergie zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren. „In einem ersten Schritt isolieren wir  kommerziell interessante Inhaltsstoffe und veräußern sie gewinnbringend,“ erklärt der Professor. In einem zweiten Schritt will der Forscher die anfallende Biomasse zur Energiegewinnung nutzen. „Noch kann unser Algendiesel preislich nicht mit dem Treibstoff aus Raps konkurrieren, weil die Ackerpflanze stark subventioniert wird,“ erläutert Kruse. Doch das soll sich bald ändern.

Hintergrund
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Algenbiotechnologie hat sich aus der Nische herausgearbeitet

So koordiniert Kruse das internationale „Solar Biofuels Consortium“, das die Bioenergiegewinnung aus Algen in Richtung „Wirtschaftlichkeit“ schieben will. Die Bielefelder arbeiten dabei eng mit Kollegen von der Universität Karlsruhe  und der Universität Münster zusammen, aber auch internationale Partner wie die University of Queensland (Australien) und das Imperial College London (Großbritannien) sind im Boot, um eine profitable Algenenergie-Anlage zu entwickeln. Die Australier beschäftigen sich dabei mit der Suche nach neuen Algenarten. Die Bielefelder, Münsteraner und Londoner Forscher bringen ihr molekularbiologisches Know-how ein und suchen nach neuen, interessanten Inhaltsstoffen. Die Karlsruher Ingenieure um Clemens Posten (zu seinem Porträt: hier klicken) sind wiederum darin gefordert, einen preisgünstigen Bioreaktor zu entwickeln.

Neben diesem Konsortium leitet Kruse auch ein Projekt, das sich mit der Wasserstoffgewinnung aus der gentechnisch optimierten Grünalge Chlamydomonas reinhardtii befasst – mit finanzieller Unterstützung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Hieran sind ebenfalls Wissenschaftler von den Universitäten Karlsruhe und Münster sowie dem Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm (Potsdam) beteiligt. „Für die Alge ist Wasserstoff ein Abfallprodukt,“ erklärt der 48jährige. „Dadurch kann sie ihre nutzlosen Protonen loswerden. Zwei „Abfall“-Protonen verbinden sich in der Alge zu einem Wasserstoff-Molekül, das flüchtig ist und die einzellige Pflanze verlässt.“ Noch sei die Ausbeute an freigegebenem Wasserstoff nicht sehr hoch, räumt Kruse ein, doch an der Optimierung werde stetig gearbeitet.

Links: Lichtmikroskopische Aufnahme der Mikroalge Chlamydomonas reinhardtii. Rechts: Kleinere Labor-Photobioreaktoren, in denen Algen wachsen. Lightbox-Link
Links: Lichtmikroskopische Aufnahme der Mikroalge Chlamydomonas reinhardtii. Rechts: Kleinere Labor-Photobioreaktoren, in denen Algen wachsen. Quelle: Kruse

Algen zur Bioenergiegewinnung – das ist längst keine Nischenforschung mehr. Gerade erst der US-amerikanische Ölkonzern Exxonmobil verkündet (zur Pressemitteilung: hier klicken), 600 Millionen Dollar in ein neues Algen-Bioenergie-Forschungsprogramm zu investieren, das von US-Genpionier Craig Venter und seinem Start-up Synthetic Genomics geleitet wird. Aber auch andere Großkonzerne geben Gas. „Shell hat erst kürzlich auf Hawaii eine Algenproduktions-Anlage in Betrieb genommen,“ erläutert Kruse und ergänzt: „Auch BP, EoN und REW haben das ungeheure Potenzial dieser kleinen, grünen Lebewesen erkannt und erforschen deren kommerzielle Nutzung.“ Ein Schub auf diesem Gebiet sei deutlich spürbar, so Kruse. „die nächsten Jahre werden zeigen, ob Algen-Power zukunftsträchtig ist.“

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Begeisterung in London entflammt

Ihn selbst hat seine Zeit als Postdoc am Imperial College in London stark geprägt. Hier wurde einst seine Begeisterung für die Algenforschun entfacht. Und von seinem Mentor James Barber  – einem internationalen Top-Forscher auf dem Gebiet der Photosynthese –  hat er gelernt, wirtschaftlich und global zu denken. „Barber ist ein Perfektionist des Wissenschafts-Managements,“ erklärt Kruse. „Ich habe mir viel von ihm angeeignet und kann deshalb sehr gut internationale Forschungsgruppen vernetzen.“ Nach London und anschließenden Habilitation an der Universität Bielefeld machte Kruse einen kleinen Abstecher an die European Science Foundation in Straßburg. „Auf einmal saß ich auf der anderen Seite des Tisches und konnte die Gelder vergeben,“ erinnert sich der Algenforscher. Nun wisse er auch bestens, wie Brüssel tickt – das angeeignete Insider-Wissen bringe ihm noch heute immense Vorteile. Doch nach einem halben Jahr in Straßburg lockte die Universität Bielefeld zuerst mit einer außerplanmäßigen Professur und eine eigenständige Arbeitsgruppe. Im Mai 2009 wurde er schließlich als ordentlicher W3-Professor auf den gemeinsam mit den Stadtwerken Bielefeld eingerichteten neuen Lehrstuhl für Algenbiotechnologie und Bioenergie berufen.

Autorin: Andrea van Bergen

 

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