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Ohne Umweg: Gliazellen zu Neuronen umprogrammiert

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Durch die beiden molekularen Schalter Mash1 und Sox2 werden die Stützzellen ohne Umwege zu reifen Nervenzellen umprogrammiert. Quelle: Helmholtz Zentrum München

12.10.2012  - 

Stützzellen aus der Großhirnrinde können beim Menschen in funktionelle Nervenzellen umgewandelt werden. Zu dieser Erkenntnis sind nun Forscher des Helmholtz Zentrums München gekommen. Die sogenannten Gliazellen spielen sonst bei der Wundheilung des Gehirns eine wichtige Rolle. Die Ergebnisse könnten den Weg ebnen, künftig die Selbstheilungskräfte des Hirns direkt zu aktivieren. Die Forscher nutzten für ihre Arbeit Methoden der Reprogrammierung, wie sie der frisch gekürte Medizin-Nobelpreisträger Shinya Yamanaka entwickelt hat. Das Münchener Forscherteam konnte jetzt den Umweg über die Stammzellen überspringen. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher im Fachjournal Cell Stem Cell (2012, Online-Vorabveröffentlichung).

Lange galten Gliazellen als „Kitt des Nervensystems“. Der deutsche Arzt Rudolf Virchow entdeckte sie bereits vor mehr als 150 Jahren. Da er vermutete, dass sie nur eine Stützfunktion haben, bezeichnete er sie als Gliazellen. Glia ist das griechische Wort für Kitt. Dass die Stützzellen aber deutlich wichtiger für die Funktion des Hirns sind, zeigte sich erst in den vergangenen Jahren. Forscher fanden heraus, dass sie eine wichtige Rolle beim Wundheilungsprozess spielen.

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Außerdem wurde erkannt, dass diese Art der Hirnzellen durchaus kommunizieren kann. Auch wenn sie deutlich langsamer als Neurone reagieren, beeinflussen sie doch, wie Informationen verarbeitet, gespeichert und weitergeleitet werden.

Zwei molekulare Schalter verwandeln Stützzellen in Nervenzellen

Ein Forscherteam um die Neurowissenschaftler Magdalena Götz und Benedikt Berninger vom Helmholtz Zentrum München konnte nun neue Erkenntnisse über die einst unterschätzten Stützzellen liefern. Die Wissenschaftler legten eine Zellkultur mit menschlichen Gliazellen an, die sie zuvor aus der Großhirnrinde entnommen hatten. Anschließend brachten sie die Zellen dazu, die Transkriptionsfaktoren Mash1 und Sox2 zu bilden. Die beiden Moleküle funktionieren im Erbgut der Zellen wie Schalter und bewirken die Umwandlung der Stützzellen zu funktionierenden Neuronen. Die neuen Nervenzellen begannen Kontakte zu knüpfen und somit ein Netzwerk wie im Gehirn zu bilden. Das Gen für Sox2 ist mitentscheidend für die Verjüngung von reifen zu pluripotenten Zellen die sich ihrerseits wieder zu anderen, ausgereiften Zellen differenzieren. Für die Entdeckung von Sox2 und drei weiteren Genen die für die Rückentwicklung maßgeblich sind, wurde Yamanaka in diesem Jahr mit dem Medizin-Nobelpreis geehrt (mehr...).

Reprogrammierung ohne Umwege

Die Neurowissenschaftlerin Götz fand heraus, dass Gliazellen als Stammzellen fungieren und daraus Nervenzellen hervorgehen können. Damit leitete sie einen Paradigmenwechsel in der Neurowissenschaft ein – zur Belohnung gab es 2007 den Leibniz-Preis (mehr...). Außerdem zeigte die Biologin bereits 2002, dass die Umbildung von Gliazellen zu Nervenzellen ohne den Schritt über die Stammzellen möglich ist. Mit Hilfe ihres Kollegen Berninger wandelte Götz nun auch menschliche Stützzellen direkt um.

Die Erkenntnisse sollen in Zukunft die schnelle Umprogrammierung der Stützzellen nach einer Hirnverletzung ermöglichen. Die Forscher wollen ihre Erkenntnisse nutzen, um neue Behandlungsmöglichkeiten zu schaffen. „Wir werden nach Wirkstoffen suchen, die es ermöglichen, Stützzellen bei Traumapatienten zu aktivieren und somit die Selbstheilung des verletzten Gehirns einzuleiten“, so Götz.

© biotechnologie.de/ks

 

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