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Christian Henneberger: Lernen sehen

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Forscht an Gliazellen: Christian Henneberger. Quelle: privat

22.02.2012  - 

Lange Zeit führten die Gliazellen im Gehirn ein Nischendasein: Die Wissenschaftswelt nahm sie lediglich als Hirnkleber wahr, der die Nervenzellen umgibt. Doch neueste Forschungen enthüllen ihre wahren Stärken: „Wir und andere konnten zeigen, dass Gliazellen die Kommunikation im Gehirn auf zellulärer Ebene beeinflussen und  so für Lernprozesse wichtig sein können“, erklärt Christian Henneberger, Juniorprofessor am Institut für Zelluläre Neurowissenschaften an der Universität Bonn. Der  junge Forscher, der bislang in London arbeitete, bekam für die Rückkehr nach Deutschland eine Förderung von 1,25 Millionen Euro vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW. Das Geld verwendet er für den Aufbau seiner Nachwuchsgruppe an der Universität Bonn.

Ein einstiger Zufallsfund erlaubt einen Einblick in das, was beim Lernen und der Gedächtnisbildung auf Zellebene passiert. Alles begann am University College in London, wo Christian Henneberger insgesamt sechs Jahre lang als Wissenschaftler tätig war: „Zufällig entdeckten wir, dass Gliazellen  in der Lage sind, die Langzeit-Potenzierung zu beeinflussen“, erklärt der Mediziner. Für die Gehirnforscher ist das Phänomen der Langzeit-Potenzierung, kurz auch LTP (long-term potentiation) genannt, ein Mechanismus der Lernprozessen zugrunde liegen könnte. LTP führt zu einer verstärkten synaptischen Aktivität zwischen Nervenzellen, welche die Wissenschaftler durch elektrophysiologische Techniken wie der Patch Clamp Methode messen und nachweisen können.

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Die Rolle von Astrozyten in der Gedächtnisbildung

Christian Henneberger interessiert sich besonders für Astrozyten, eine bestimmte Form von Gliazellen. Während seiner Zeit in London konnte der Neurophysiologe zeigen, dass die Astrozyten die Aminosäure D-Serin freisetzen und dadurch LTP unterstützen. Für seine Experimente verwendet der aus Berlin stammende Forscher Gewebeschnitte des Hippocampus, einer Gehirnregion, die für das Lernen und die Gedächtnisbildung zuständig ist. „Der Umkehrschluss ist uns auch schon gelungen. Wenn wir die Bildung von D-Serin durch die Zugabe  von Chemikalien blockieren, wird keine LTP ausgelöst, “ erläutert der 37-jährige Juniorprofessor. Diese Funktion von Astrozyten und D-Serin war der Forschergemeinde bislang neu. Sie brachte dem jungen Wissenschaftler nicht nur eine Veröffentlichung im renommierten Fachjournal Nature ein, sondern war auch ausschlaggebend für die vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung NRW bewilligten Gelder über 1,25 Millionen Euro für Rückkehr des wissenschaftlichen Spitzennachwuchses aus dem Ausland.

Astrozyt im Hirngewebe: Über eine Pipette wird ein fluoreszierender Farbstoff in eine Zelle eingebracht. Mithilfe der Zweiphotonen-Fluoreszenzmikroskopie können dann feinste Details tief im Gewebe dargestellt werden.Lightbox-Link
Astrozyt im Hirngewebe: Über eine Pipette wird ein fluoreszierender Farbstoff in eine Zelle eingebracht. Mithilfe der Zweiphotonen-Fluoreszenzmikroskopie können dann feinste Details tief im Gewebe dargestellt werden.Quelle: Universität Bonn

Christian Henneberger erhält dieses Geld für den Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe am Institut für Zelluläre Neurowissenschaften der Universität Bonn. „Zusätzlich werde ich auch großzügig vom Institutsdirektor Christian Steinhäuser unterstützt, der mir die Beschaffung eines teuren Lasers ermöglicht“, freut sich Henneberger. 

Dynamische Vorgänge in den Astrozyten identifizieren

Christian Henneberger hat große Pläne für die Zukunft. Momentan steckt er noch im Aufbau seiner neuen Arbeitsgruppe, holt Angebote für Laborgeräte ein und kümmert sich um die Einstellung neuer Mitarbeiter – für Freizeit bleibt da wenig übrig, doch er hofft, bald regelmäßig durch das grüne Bonn zu joggen, um den Kopf frei zu bekommen. Wissenschaftlich kann er bald wieder durchstarten, um die Funktion der Astrozyten beim Lernen weiter zu enträtseln. „Ich plane nun, die räumlichen Verhältnisse der Astrozyten zu den Synapsen der benachbarten Nervenzellen bei LTP genauer zu charakterisieren“, so der Juniorprofessor. Dafür wird er die Astrozyten-Fortsätze farbig markieren und die Veränderungen der Fortsätze während des Lernprozesses sichtbar machen. Diese Forschung trägt nicht nur dazu bei, den Lernmechanismus im gesunden Gehirn zu untersuchen. Auch könnte sie zukünftig helfen, zum Beispiel krankheitsbedingte Verminderungen der Lernfähigkeit besser zu  verstehen.

Autorin: Andrea van Bergen

 

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