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Trisomie 21:Vorgeburtsuntersuchung per Blutprobe

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Das Unternehmen GATC Biotech erkennt das überzählige dritte Chromosom anhand einer Untersuchung von DNA-Fragmenten des Kindes im Blut der Mutter. Quelle: NHGRI

13.07.2011  - 

Um zweifelsfrei festzustellen, ob ein ungeborenes Kind an einer Erbkrankheit wie dem Down-Syndrom leidet, war bisher immer eine Punktion nötig: eine invasive Untersuchung, die das Risiko für eine Fehlgeburt erhöht. Das Unternehmen GATC Biotech hat zusammen mit dem Tochterunternehmen LifeCodexx einen Weg gefunden, Trisomie 21 anhand von DNA-Fragmenten des Kindes zu erkennen, die im Blut der Mutter zirkulieren. Eine Punktion ist nicht mehr notwendig. Das Projekt wurde im Rahmen der Initiative KMU-innovativ des Bundesforschungsministeriums mit 230.000 Euro gefördert. Im Augenblick durchläuft die Methode das klinische Testverfahren, Ende 2011 könnte der Test auf den Markt kommen.

 

Um eine Chromosomenaberration wie Trisomie 21 bei ungeborenen Kindern festzustellen, hatten die Ärzte lange Zeit nur invasive und damit für das Ungeborene potentiell gefährliche Methoden an der Hand. Mit einer Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie wurden fetale Zellen aus dem Fruchtwasser oder der Plazenta entnommen und genetisch untersucht. Mit verfeinerten Ultraschallgeräten ist es zwar mittlerweile möglich, eine Diagnose durch die Transparenzmessung der Nackenfalte des Kindes zu stellen, doch liefert diese nur Wahrscheinlichkeiten. Mit der neuen Methode, die bei GATC (zum Porträt des Firmengründers Peter Pohl: hier klicken) entwickelt wurde, lassen sich in 98% der untersuchten Schwangerschaften, in denen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie 21 bestand, weitere invasive Untersuchungen vermeiden. Hier genügt für eine Diagnose eine Blutprobe von zehn Millilitern, die wie bei einer Blutspende aus den Armvenen der Mutter gewonnen wird. Mit diesem SPEZIAL beleuchtet biotechnologie.tv das Thema PräimplantationsdiagnostikQuelle: biotechnologie.tv

„Bisherige Untersuchungsmethoden haben sich darauf konzentriert, intakte fetale Zellen zu erhalten“, erklärt Projektleiterin Wera Hofmann. „Wir arbeiten dagegen mit zellfreier fetaler DNA.“ Diese stammt aus den Trophoblasten. Der Zelltyp bildet die Plazenta, den Mutterkuchen und hat die gleiche genetische Ausstattung wie der Embryo. Trophoblasten haben nur eine kurze Lebensdauer. Wenn diese überschritten ist, sterben sie den programmierten Zelltod, werden ausgeschwemmt und vom Körper der Mutter abgebaut. Die DNA-Fragmente aus dem Zellkern dieser Zellen allerdings sind hartnäckiger, sie sind noch bis zu 24 Stunden nach dem Zerfall ihrer Heimatzelle im Blut der Mutter nachweisbar. Die Widerstandsfähigkeit hat einen Grund: „Wir wissen, dass das Erbmaterial von den umgebenden Proteinkomplexen, den Nukleosomen, geschützt wird und deshalb langsamer abgebaut wird“, sagt Hofmann. Die zellfreie fetale DNA wurde 1997 von dem Wissenschaftler Dennis Lo entdeckt.

KMU-innovativ

Im Jahr 2007 erweiterte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die erfolgreichen Förderinitiativen BioChance und BioChancePlus. Unter dem Titel "KMU-innovativ" werden nun kleine und mittlere Unternehmen unterstützt, die besonders aufwendige Forschungen betreiben. Für KMU-innovativ in der Biotechnologie stehen für jede der halbjährlichen Auswahlrunden etwa 15 Millionen Euro Fördermittel bereit.

Mehr Informationen zur Förderinitiative auf biotechnologie.de: hier klicken

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DNA-Fragmente gehören zweifelsfrei zum Fötus

Nur rund 10 und 20 Prozent der in einer Blutprobe enthaltenen frei zirkulierenden DNA gehören auch zum ungeborenen Kind. Doch stammen sie eindeutig vom Fötus. Bisher war das nicht immer sicher. Intakte fetale Zellen, wie sie bei Biopsien entnommen werden, können nämlich mehrere Jahrzehnte im mütterlichen Blut verbleiben und so die Diagnose bei allen danach folgenden Geburten verfälschen. Die zellfreie fetale DNA der Trophoblasten jedoch, die etwa ab der vierten Schwangerschaftswoche im Blut der Mutter auftaucht, wird nach der Geburt ausgeschwemmt.

Mit Hilfe eines Hochdurchsatzverfahrens zur Entschlüsselung von Erbgut, der Next Generation Sequencing Technologie, analysiert GATC die in der Blutprobe erhaltenen DNA Fragmente und gleicht sie gegen eine Datenbank mit der bekannten Sequenz des menschlichen Genoms ab. „Wir nehmen eine Quantifizierung vor“ erklärt Hofmann. „Unter den rund 10 Millionen sequenzierten Abschnitten einer Probe suchen wir uns die Fragmente aus, die wir gebrauchen können.“ Bei einer Trisomie etwa wird mit statistischen Methoden untersucht, ob das 21. Chromosom in der Probe wesentlich häufiger als normal auftritt. Unsicher ist diese Methode allerdings noch bei Mehrlingsschwangerschaften, hier will GATC weitere Tests durchführen.

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Für Hofmann und ihr Team ist der Test auf Trisomie 21 der Anfang. Da das Down-Syndrom eine der häufigsten genetischen Erkrankungen bei Neugeborenen ist, sind die Stichproben entsprechend groß. „Wir arbeiten auch an den Trisomien 13 und 18“, sagt Hofmann. „Aber hier sind die klinischen Studien erheblich teurer, weil es weniger Betroffene gibt.“ Aus Sicht der GATC-Forscher könnte das Verfahren zukünftig auch für andere autosomale Einzelgenerkrankungen, die von der Mutter vererbt werden, einmal hilfreich sein. Die Schwierigkeit liegt bisher darin, eine an das ungeborene Kind vererbte Mutation der Mutter überhaupt gut genug und mengenmäßig nachzuweisen. Denn in der Blutprobe kommen sowohl die zellfreie DNA der Mutter als auch des Kindes vor, die genetische Information des mütterlich vererbten fetalen Chromosoms lässt sich nach dem GATC-Verfahren nicht eindeutig unterscheiden.

In den USA gibt es bereits ein vergleichbares Verfahren zum Nachweis der Trisomie 21, in Deutschland ist das Unternehmen auch dank seiner Ausstattung mit Next-Generation-Sequenzierungstechnologien bisher der einzige Anbieter. Nach abgeschlossener Förderung durch das BMBF befindet sich das Verfahren seit dem Frühjahr in der Testphase mit klinischen Partnern. Hofmann hofft, im Verlauf Proben von 500 werdenden Müttern testen zu können. Die Studie soll bis Ende 2011 abgeschlossen sein, um dann den Bluttest auch auf dem Markt anbieten zu können. 

Autorin: C. Kästner

 

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