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Wertvolle Spermien einzeln eingefroren

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Unter dem Mikroskop ist zu erkennen, dass in jeder Mulde nur ein einzelnes etwa 60 Mikrometer großes Spermium liegt. Quelle: Zimmermann / IBMT

13.10.2010  - 

Sollen Spermien für die künstliche Befruchtung verwendet werden, lagern die Reproduktionsmediziner sie bei extrem tiefen Temperaturen. Bei der späteren Verwendung kommt es darauf an, gezielt einzelne, besonders vitale Spermien auszuwählen. Bisher war es aber so, dass die in einer Probe enthaltenen Spermien während des Auftauens miteinander vermengt wurden. Ein bestimmtes Spermium wiederzufinden wird so zu einem Problem. Forscher aus Israel und Deutschland haben jetzt gemeinsam eine Technik entwickelt, die genau dies ermöglichen soll. Auf einem neu entwickelten Biochip werden lebende Spermazellen einzeln an einer bestimmten Position gehalten. So lassen sie sich nach dem Auftauen einfach wiederfinden. Das auf drei Jahre angelegte Projekt wurde  vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der deutsch-israelischen Initiative „BIO-DISC“ gefördert.

 

In den 1970er Jahren entwickelte der Brite Robert Edwards die in-vitro Fertilisation, also die künstliche Befruchtung im Reagenzglas. Das erste Retortenbaby wurde am 25. Juli 1978 geboren (mehr...). In der Folgezeit wuchs die Bedeutung der in-vitro Fertilisation rasant, nun wurde Edwards für seine Leistungen mit dem Medizin-Nobelpreis 2010 geehrt (mehr...). Allein in Deutschland werden heutzutage jedes Jahr etwa 70.000 Behandlungen durchgeführt. Jahr für Jahr werden hierzulande etwa 11.000 Kindern nach künstlicher Befruchtung geboren. Der artifizielle Weg zum Mutterglück ist so zum Wirtschaftsfaktor geworden: Sechs Milliarden Euro werden weltweit pro Jahr für die künstliche Befruchtung ausgegeben.

BIO-DISC

Seit 2004 läuft das deutsch-israelische Programm zur gemeinsamen Förderung des Mittelstands. Die Fördermittel stammen vom BMBF sowie den israelischen Wissenschafts- und Wirtschaftsministerien. Bisher wurden fünf Auswahlperioden abgeschlossen, die siebte Auswahlrunde soll 2011 starten.

Informationen des BMBF: hier klicken

Länderfokus: Biotechnologie in Israel

Spermien in einem mikroskopisch kleinen Eierkarton

Für viele Paare ist die in-vitro-Fertilisation die letzte Hoffnung auf ein eigenes Kind. Doch gerade wenn die Spermien des potenziellen Vaters von nur geringer Qualität sind, stoßen die Reproduktionsmediziner auf große Probleme. Wenn nur wenige Spermien so vital sind, dass sie sich für eine künstliche Befruchtung eignen, ist es besonders wichtig sie jederzeit sicher wiederfinden zu können. Mit den bisherigen Lagerungstechniken ist das nicht möglich. Beim Auftauen werden sämtliche in einer Probe vorhandenen Spermien jedes Mal miteinander vermischt. Ein bestimmtes Spermium wiederzufinden wird so unmöglich. Ein israelisch-deutsches Forscherteam hat nun eine Möglichkeit gefunden, die genau dieses Problem lösen hilft. Auf so genannten bio-optischen Cryochips sollen die Spermien fein säuberlich voneinander getrennt aufbewahrt werden.

Möglich wird das durch eine mikroskopisch fein strukturierte Oberfläche: Tausende winzig kleine Kammern, gerade einmal 20 Mikrometer im Durchmesser sind auf dem Chip verteilt. „Wie in einem mikroskopisch kleinen Eierkarton liegt jedes Spermium in einer eigenen Mulde und kann sich deswegen nicht mit seinen Nachbarn vermischen“, erklärt Heiko Zimmermann vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) im saarländischen St. Ingbert. So können die Spermien in flüssigem Stickstoff auf etwa -196°C abgekühlt werden. Nach dem Auftauen ist jedes einzelne Spermium an seinem alten Platz und kann so gezielt ausgewählt werden. Der besondere Vorteil dieser Technik: Werden die Spermien vor dem Einfrieren auf ihre Eignung zur künstlichen Befruchtung untersucht, so können die Eigenschaften eines Spermiums zusammen mit seiner Position auf dem Chip in einer Datenbank zusammengeführt werden. Nach dem Auftauen kann dann das jeweils vitalste Spermium gezielt ausgewählt werden.

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 „Stellen Sie sich mal vor, sie werden 200 °C wärmer“

Zusammen mit der in  Großerkmannsdorf (Sachsen) ansässigen Gesellschaft für Silizium-Mikrosysteme GmbH, dem Zentrum für gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin in Saarbrücken (ivf-Saar) und dem israelischen Partner, Prof. Mordechai Deutsch vom Biophysical Interdisciplinary Schottenstein Center for the Research and Technology of the Cellome  in Ramat Gan, hat Heiko Zimmermann vom IBMT den Chip entwickelt. Das BMBF hat das deutsch-israelische Kooperationsprojekt im Rahmen der gemeinsamen Förderinitiative „BIO-DISC“ zwischen Juni 2007 und Mai 2010 unterstützt. Die Förderpartner auf israelischer Seite waren das Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MOST) sowie das Ministerium für Industrie, Handel und Arbeit (MOITAL).

„Jeder der Partner hat seine eigenen Stärken und Technologien eingebracht, damit wir erfolgreich sein konnten“, betont Zimmermann. Tatsächlich scheinen sich ideale Partner gefunden zu haben. Die Spezialisten der Gesellschaft für Mikrosystemtechnik lieferten die Materialien, aus denen der Chip aufgebaut wurde. Die israelischen Forscher waren in der Lage, eine mikrostrukturierte Oberfläche zu schaffen, sie konstruierten sozusagen die Wände des Eierkartons. Damit der Chip auch den extrem tiefen Temperaturen standhält, war das Wissen der Fraunhofer-Experten vom IBMT gefragt.  "Der enorme Temperaturunterschied beim Auftauen wird oft unterschätzt," erläutert Heiko Zimmermann, der die Abteilung für Biophysik und Kryotechnologie am IBMT leitet. „Aber stellen Sie sich mal vor, sie werden 200 °C wärmer.“

Enge Verzahnung ist Geheimnis des Erfolgs

Das Material ist also höchste Anforderungen ausgesetzt. Bei extrem tiefen Temperaturen werden viele Werkstoffe spröde und weisen gänzlich andere Eigenschaften auf. Der Cryochip besteht aus besonderen Glas- und Polycarbonatsorten, die sowohl die sehr kalten Temperaturen, aber auch die großen Temperaturunterschiede beim Auftauen und Einfrieren verkraften. Dadurch wird es sogar möglich, die Spermien während dessen zu mikroskopieren. Reproduktionsmediziner von der ivf-Saar testeten den Chip gründlich. Im Praxisalltag überprüften sie, ob sich die Prototypen bewähren konnten. Ihre Erfahrungen mündeten dann direkt im Design der neuen Chips. Für den Cryo-Experten Zimmermann ist die enge Verzahnung der unterschiedlichen Experten das Geheimnis des Erfolges. Regelmäßig traf man sich in den Fraunhofer-Laboren um die neuesten Entwicklungen zu testen. „Am Ende muss physisch gemeinsam in einem Labor gearbeitet werden, dann ist so ein Projekt erfolgreich“, betont Zimmermann. Der Cryochip soll nun weiterentwickelt werden, so dass Untersuchungen am Probenmaterial, wie beispielsweise an Spermien,  automatisiert erfolgen können. Obwohl die Förderung durch das BMBF im Mai 2010 nach drei Jahren ausgelaufen ist, werden die Partner auch künftig zusammenarbeiten. Die israelischen Forscher vom Schottenstein-Center und die Mikrosystemtechniker aus Sachsen haben inzwischen neue gemeinsame Projekte gestartet.

 

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