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Virtueller Vorkoster für krankmachende Mutationen

Moderne Sequenziermethoden liefern riesige Datenmengen. Das Computerprogramm Mutationtaster ermittelt schnell, ob DNA-Sequenzen potenziell Krankheiten auslösen können. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Moderne Sequenziermethoden liefern riesige Datenmengen. Das Computerprogramm Mutationtaster ermittelt schnell, ob DNA-Sequenzen potenziell Krankheiten auslösen können. Quelle: NHGRI

24.08.2010  - 

Wissenschaftler der Berliner Charité haben ein Computerprogramm entwickelt, mit dessen Hilfe Ärzte schnell und einfach krankhafte von harmlosen Veränderungen im Erbgut unterscheiden können. Das Programm mit dem Namen „MutationTaster“ spürt in entzifferten Erbgutschnipseln potentiell krankmachende Mutationen auf. Der virtuelle Vorkoster soll Wissenschaftlern helfen, die enormen Datenmengen aus Hochdurchsatz-Sequenzierprojekten sinnvoll auszuwerten. Die Forscher stellen ihre Software im Fachjournal Nature Methods (August 2010, Bd. 7, S. 575) vor. Die Entwicklung des Programms wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt und steht im Internet frei zur Verfügung (www.mutationtaster.org).

Entwickelt wurde das „MutationTaster“-Programm von einem Wissenschaftlerteam um Jana Marie Schwarz, Markus Schülke und Dominik Seelow vom Exzellenzcluster NeuroCure an der Berliner Charité. Die neue Software soll Medizinern dabei helfen, die gigantischen Datenmengen, wie sie die moderne Sequenzierprojekte liefern, sinnvoll auszuwerten. Hochdurchsatz-Sequenzierer der neuesten Generation werden zunehmend an Forschungseinrichtungen und Kliniken eingesetzt, um bestimmte Abschnitte aus dem Erbgut von Patienten in hoher Geschwindigkeit zu entziffern. Doch mit der Entzifferung von DNA-Sequenzen allein ist es nicht getan. Computerprogramme versuchen, aus den Daten sinnvolle Aussagen abzuleiten. Der MutationTaster der Berliner Forscher sucht in den Sequenzdaten nach Buchstaben-Änderungen im Erbinformationstext und errechnet, ob solche Mutationen ernste Folgen haben können.

Ein Testlauf mit dem MutationTaster: Eingegeben wurde der Genname CFTR und ein Sequenzschnipsel, den man nach einer Entzifferung dieses Gens erhalten hat. Das Programm berechnet nun ...Lightbox-Link
Ein Testlauf mit dem MutationTaster: Eingegeben wurde der Genname CFTR und ein Sequenzschnipsel, den man nach einer Entzifferung dieses Gens erhalten hat. Das Programm berechnet nun ...Quelle: Dominik Seelow

Millionen harmloser Mutationen im Erbgut

Die menschliche Erbinformation besteht aus etwa drei Milliarden Bausteinen, den sogenannten DNA-Basen. Der Austausch eines einzelnen Bausteins führt oft dazu, dass ein körperwichtiges Eiweiß falsch hergestellt wird oder völlig fehlt. Das kann schwere genetische Erkrankungen zur Folge haben. Eine bestimmte Mutation im CFTR-Gen löst zum Beispiel die Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose aus. Allerdings münden Abweichungen von der menschlichen „Standardsequenz“ nicht zwangsläufig in Erkrankungen. Auch in gesunden Menschen finden sich mehr als drei Millionen gutartiger Varianten, sogenannte Polymorphismen. Ist eine Mutation in einem bestimmten Gen nun harmlos oder aber krankheitsverursachend- genau bei dieser Unterscheidung kann der MutationTaster helfen.

....ob sich in dem Sequenzabschnitt eine krankheitsverursachende Mutation befindet. Tatsächlich, diese Mutation im CFTR-Gen löst die vererbare Erkrankung Mukoviszidose aus.Lightbox-Link
....ob sich in dem Sequenzabschnitt eine krankheitsverursachende Mutation befindet. Tatsächlich, diese Mutation im CFTR-Gen löst die vererbbare Erkrankung Mukoviszidose aus.Quelle: Dominik Seelow
Die Software nutzt und kombiniert das enorme und stetig aktualisierte Wissen über Gene und deren Funktion, das sich in öffentlich zugänglichen Datenbanken befindet. Sie spürt potentiell krankmachende Mutationen auf, die dann gezielt weiter untersucht werden können. „Unser Programm ist dabei nicht nur leistungsfähiger, sondern auch wesentlich schneller als alle anderen Systeme“, sagt Dominik Seelow.

Leicht zu bedienendes Werkzeug für Humangenetiker

Dabei hat der Biochemiker Seelow das Programm so gestaltet, dass es als webbasierte Anwendung möglichst einfach zu bedienen ist. „Wir sind mit einem biologisch-medizinischen Blick an die Programmierung gegangen“, sagt Seelow.

Humangenetiker müssen in die übersichtlich gestaltete Eingabemaske lediglich das Kürzel des Gen-Namens und den zu prüfenden Sequenzschnipsel eingeben. „In 0.3 Sekunden errechnet der MutationTaster dann die potenziellen Auswirkungen der Mutation“, sagt Seelow.

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„Prediction: disease causing“ leuchtet es rot auf dem Bildschirm, wenn das Programm eine mögliche Krankheitsmutation ausgemacht hat.

Von dem MutationTaster sollen Humangenetiker profitieren und indirekt deren Patienten, insbesondere solche mit bislang noch nicht aufgeklärten genetischen Erkrankungen. Seelow sieht einen naheliegenden Anwendungsbereich in der vorgeburtlichen Diagnostik. Diese stütze sich häufig noch auf indirekte Nachweise bei der Ermittlung krankmachender Genmutationen. Das Projekt MutationTaster wurde mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Exzellenzclusters Neurocure und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert. Die Software kann daher unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen des Deutschen Netzwerks für mitochondriale Erkrankungen „mitonet“ ist Dominik Seelow gerade dabei, ähnlich dem Muster des MutationTaster eine Software zu entwickeln, die die Diagnose vererbarer Erkrankungen der Zellkraftwerke erleichtern soll.

 

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