Wochenrückblick KW 24

21.06.2010

Ägyptische Minapharm übernimmt Berliner Probiogen AG

Das Kairoer Pharmaunternehmen Minapharm Pharmaceuticals übernimmt den Berliner Zelllinien-Spezialisten Probiogen AG.

Das ägyptische Unternehmen hat 95 Prozent der Aktien von Probiogen erworben. Wie die Berliner Biotech-Firma am 16. Juni vermeldete, beträgt der Kaufpreis insgesamt 30,4 Millionen Euro. Probiogen will nach eigenen Angaben aber weiterhin als unabhängiger Dienstleister für internationale Kunden aus der biopharmazeutischen Industrie arbeiten und eigene Designerzelllinien für die Produktion von Impfstoffen und Proteinen entwickeln. Neuer Vorstandsvorsitzender von Probiogen wird Dr. Wieland Wolf.

Die Berliner Probiogen AG entwickelt Zelllinien für die Arznei- und Impfstoffproduktion. Nun hat das ägyptische Pharmaunternehmen Minapharm 95 Prozent der Anteile an Probiogen übernommen. Lightbox-Link
Die Berliner Probiogen AG entwickelt Zelllinien für die Arznei- und Impfstoffproduktion. Nun hat das ägyptische Pharmaunternehmen Minapharm 95 Prozent der Anteile an Probiogen übernommen. Quelle: Probiogen AG
Der Biologe war zuvor Mitglied der Geschäftsleitung beim schwäbischen Lohnhersteller Rentschler Biotechnologie GmbH und ist Präsident der European Association of Pharma Biotechnology. Neuer Vorsitzender des Probiogen-Aufsichtsrates wird der CEO von Minapharm, Dr. Wafik Bardissi. Hubertus Leonhardt, der scheidende Vorsitzende des Probiogen-Aufsichtsrats, freut sich über den geglückten Verkauf und den gelungenen Ausstieg der Altinvestoren:

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„Probiogen hätte keinen besseren Partner finden können.Die Kombination der beiden Geschäftsmodelle profitiert von einer überzeugenden strategischen Rationale und einer Reihe von Synergien.“ Zu den bisherigen Investoren von Probiogen zählten der Venture Capital Fonds der SHS Gesellschaft für Beteiligungsmanagement, die CFH/LBBW-Gruppe, IBG und tbg. Minapharm Pharmaceuticals mit Hauptsitz in Kairo gehört mit seinen Produktionsanlagen in Ramadan City zu den führenden Pharmaunternehmen bei verschreibungspflichtigen Medikamenten in Ägypten und dem Mittleren Osten. Die gesamte Minapharm-Gruppe beschäftigt 700 Mitarbeiter.Seit 2003 existiert die Biotechnologie-Tochtergesellschaft Rhein Minapharm Biogenetics, die sich auf die Herstellung von Biopharmaka für Leberkrankheiten, Thrombose und Hämostase konzentriert. In diesem Bereich ist Minapharm mit fünf therapeutischen Proteinen auf dem Markt. Bereits seit 2007 hat Probiogen mit Minapharm kooperiert.

Norddeutschlands Marine Biotechnologie vernetzt sich

Um ihre Aktivitäten in der marinen Biotechnologie stärker zu bündeln, haben sich 20 Forschergruppen und Wirtschaftsunternehmen aus Norddeutschland zu einem regionalen Verbund zusammengeschlossen.

Die Gründungsmitglieder des „Nordverbund Marine Biotechnologie – Wirk- und Wertstoffe aus Marinen Organismen“ kommen aus Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg. Sie suchen nach Anwendungen für Wirkstoffe aus dem Meer, wie etwa Medizin aus maritimen Bakterien oder Kosmetik aus Algen.

Extrakte mariner Mikroorganismen werden am Kieler Leibniz-Institut IFM-GEOMAR aufgespalten, um Wirkstoffe zu isolieren.Lightbox-Link
Extrakte mariner Mikroorganismen werden am Kieler Leibniz-Institut IFM-GEOMAR aufgespalten, um Wirkstoffe zu isolieren.Quelle: Sieg/Nölting, IFM-GEOMAR
„Der Zusammenschluss schafft Synergien und stärkt die Leistungskraft der norddeutschen Biotechnologie“, sagte der Leiter des Kieler Wirkstoffzentrums am IFM-Geomar (KiWiZ), Johannes Imhoff, nach der Unterzeichnung der Gründungserklärung am 15. Juni in Kiel. Neben dem KiWiZ gehören dazu unter anderem das Institut für Pharmazie der Universität Greifswald, die Fraunhofer-Einrichtung Marine Biotechnologie Lübeck, das Forschungs- und Technologiezentrum Westküste Büsum sowie mehrere Wirtschaftsunternehmen, die aus marinen Wirk- und Wertstoffen Produkte entwickeln und diese vermarkten. Schwerpunkt des Verbundes sind die stofflichen Ressourcen mariner Organismen, die in den Bereichen Medizin und Medizintechnik, Pflanzenschutz, Hygiene, industrielle Biotechnologie, Kosmetik, Nahrungs- und Futtermittel Verwendung finden.

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Wochenrückblick: Gründerzentrum Marine Biotechnologie in Büsum gegründet

Der regionale Verbund will sich an der Vernetzung rund um Nord- und Ostsee sowie im europäischen Raum beteiligen. „Marine Biotechnologie ist weltweit eine wachsende Branche. Gemeinsam können wir uns besser dem globalen Wettbewerb stellen“, betonte Imhoff.

Der drohenden Schließung der Medizinischen Fakultät in Lübeck zum Trotz gab die Fraunhofer-Gesellschaft am 18. Juni bekannt, dass die Fraunhofer-Einrichtung am Standort Lübeck zu einem Institut für Marine Biotechnologie ausgebaut werden wird. Die Bund-Länder-Komission gab grünes Licht für den Instituts-Neubau, der von der EU, dem Land Schleswig-Holstein und dem Bund finanziert wird. 2013 soll das 5000 Quadratmeter große Institut bezugsfertig sein. Insgesamt werden in den nächsten drei Jahren aus den öffentlichen Fördertöpfen 37,5 Millionen Euro in den Bau fließen.

Brüderle besucht Biotechnologie-Unternehmen in Israel

Bei einer zweitägigen Israel-Reise hat sich der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) für die Intensivierung der Zusammenarbeit der beiden Länder in den Lebenswissenschaften eingesetzt.

Dazu besuchte Brüderle am 14. Juni die Biomed-Konferenz, die wichtigste Konferenz auf dem Sektor im Nahen Osten. Außerdem eröffnete er eine Sitzung des German-Israel Life Science Committee und machte eine Tour durch das Werk von Teva. Der weltweit größte Generikahersteller hatte im März für 3,6 Milliarden Euro Ratiopharm, die Nummer 2 in Deutschland, gekauft. Auch auf den Markt für Biosimilars drängt Teva mit aller Wucht. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass das Unternehmen gerade eine Kopie von Roches Krebs-Antikörper Rituxan an Patienten testet.
"Gerade die Lebenswissenschaften bieten große Chancen für unsere Wirtschaftsbeziehungen", sagte Brüderle. "Wir haben parallele Interessen, zum Beispiel einen ähnlichen Bedarf an Spitzentechnologie. Zudem ist Israel in diesem Bereich eines der innovativsten Länder, das hier zuletzt mit atemberaubendem Tempo gewachsen ist."

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Länderfokus: Biotechnologie in Israel

Tatsächlich ist Israel relativ gut durch die Krise gekommen. Prognosen zufolge wird die israelische Wirtschaft in diesem Jahr um 2,5 Prozent wachsen. Der Verband der israelischen Lifescience-Industrie zählt mehr als 750 Biotechfirmen. Hauptmärkte für die israelischen Produkte der Lebenswissenschaften sind die EU und die USA, im Jahr 2009 betrugen die Exporte rund 5 Milliarden Euro, 8% weniger als 2008.

In weiterer Programmpunkt der Israel-Reise von Brüderle bildete die Vorbereitung des des "Israel Innovation Day" am 6. Dezember 2010 im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. Er soll Unternehmen aus Israel Gelegenheit geben, sich potenziellen deutschen Kooperationspartnern als Innovationspartner in den Kernbereichen Lebenswissenschaften, IT sowie Erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit zu präsentieren.

Glykoproteine ohne Zucker erleichtern Strukturbiologen die Arbeit

Mit einem Trick ist es Braunschweiger Strukturbiologen gelungen, komplexe Glykoproteine im Labor in vereinfachter Form herzustellen und zu analysieren.

Die Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) verwendeten für die Produktion der Eiweißstoffe bestimmte Mikroben-Stämme, bei denen der Prozess der Zucker-Anheftung gestört ist. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift Protein Science (Juni 2010, Bd. 19, S.1264) berichten, lassen sie die eigentlich komplexen Glykoproteine mithilfe dieser Bakterienstämmen stark vereinfacht nachbauen. Dadurch fällt es den Forschern leichter, ihre Struktur zu entschlüsseln.

Glykoproteine tragen vielfältig verzweigte Zuckerstrukturen an ihrer Oberfläche. Diese Zuckerreste stabilisieren die Eiweiße und lassen sie funktionsfähig bleiben. In der Zelle werden die kleinen Reste in mehreren Schritten nach und nach an die Struktur des neu gebildeten Proteins angehängt. Biochemiker tun sich jedoch für gewöhnlich schwer, im Labor Kristalle von Glykoproteinen zu züchten. Kristalle sind jedoch nötig, um die räumliche Struktur der Eiweiße zu entschlüsseln.

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Wochenrückblick: Neue Methode spürt tausende Glyko-Proteine auf

Dossier: Glykobiotechnologie im Aufwind

„Wir haben nach einer Möglichkeit gesucht, Proteine mit so wenig Zuckerresten wie möglich herzustellen“, sagt der Strukturbiologe Konrad Büssow vom HZI. Zwar lassen sich durch Enzyme unerwünschte Zuckerreste entfernen, dies ist jedoch aufwendig und kann den Proteinen schaden. Die Forscher stießen bei ihrer Suche auf eine veränderte Zell-Linie, die nur wenige Zuckerreste an die Proteine anhängt. Diese sogenannten Lec-Zellen bricht das Anhaften von Zuckerresten bereits nach einigen Schritten ab. Wenn die Forscher die Bauanleitung für ein gewünschtes Protein in diese Zellen einschleusten, stellten die Lec-Zellen das Protein mit nur wenigen, einfach zu entfernenden Anhängen her.

„Mit dieser Methode können wir jetzt auch Glykoproteine untersuchen, die zum Beispiel bei der Immunabwehr oder der Interaktion eines Krankheitserregers mit dem Wirt eine Rolle spielen und die früher nur schwer oder gar nicht zu kristallisieren waren“, sagt Dirk Heinz, Leiter der Abteilung „Strukturbiologie“ am HZI.

Zellbiologin Ulrike Kutay wird Humboldt-Professorin

Mit der Zellbiologin Ulrike Kutay erhält eine Biowissenschaftlerin in diesem Jahr eine der begehrten Alexander von Humboldt-Professuren, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert werden.

Die 44-jährige Forscherin arbeitet derzeit noch an der ETH Zürich und soll einen neuen Lehrstuhl für Biochemie an der Universität Würzburg übernehmen.

Die Zellbiologin wird als Alexander von Humboldt-Professorin den neuen Lehrstuhl für Biochemie an der Universität Würzburg aufbauen.Lightbox-Link
Die Zellbiologin Ulrike Kutay wird als Alexander von Humboldt-Professorin den neuen Lehrstuhl für Biochemie an der Universität Würzburg aufbauen.Quelle: privat
Neben Kutay erhalten noch drei weitere Top-Forscher aus der Physik und Nachrichtentechnik die mit jeweils fünf Millionen Euro dotierte Auszeichnung, wie die Alexander von Humboldt-Stiftung und das BMBF am 16. Juni bekannt gaben.

Im Mai waren bereits fünf Spitzenforscher mit dem höchstdotierten internationalen Forschungspreis Deutschlands ausgezeichnet worden, darunter der Biomembran-Spezialist Matthias Wessling (mehr...). Der Preis wurde 2008 zum ersten Mal vergeben (mehr...). Mit dem Millionen-Preis sollen im Ausland tätige Wissenschaftlern fünf Jahre lang exzellente Forschung an deutschen Hochschulen durchführen können. Zu den bislang ausgezeichneten Forschern in den Lebenswissenschaften gehören  die Entwicklungsgenetikerin Ulrike Gaul (zum Porträt: hier klicken), der Bioinformatiker Burkhard Rost (zum Porträt: hier klicken) und der Neurobiologe Tamas Horvath RNA-Experte Thomas Tuschl hatte seine Berufung als Humboldt-Professor hingegen abgelehnt (mehr...). 

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Wochenrückblick: Biomembran-Spezialist zum Humboldt-Professor ernannt

Menschen: Ulrike Gaul-Die pragmatische Abenteurerin

Humboldt-Professorin Ulrike Kutay gehört im Bereich der Zellkernbiochemie zu den weltweit führenden Köpfen. Sie erforscht an der ETH Zürich den Molekültransport aus dem Zellkern ins Plasma und zurück sowie die Funktionsweise der Ribosomen. Schon als Postdoktorandin am Zentrum für Molekulare Biologie in Heidelberg gelang es ihr als Erste, den Mechanismus und den Rezeptor für Protein- und RNA-Export aus dem Zellkern zu entschlüsseln und fand damit bereits als junge Forscherin Eingang in die Lehrbücher der Biochemie und Zellbiologie. Am Biocenter and Rudolf Virchow Center der Universität Würzburg soll Kutay den neu eingerichteten Lehrstuhl für Biochemie einnehmen und damit den Standort strategisch verstärken.

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Wie sich der Malaria-Erreger Zugang verschafft

Tropenmediziner vom Hamburger Berhard-Nocht-Institut haben mit australischen Kollegen einen Schlüssel-Schritt aufgeklärt, mit dem sich Malariaerreger Zugang in rote Blutkörperchen verschaffen.

Wie die Forscher im Fachjournal PLoS Pathogens (Juni 2010, Online-Veröffentlichung) berichten, eröffnen die Ergebnisse neue Ansätze zur Prävention und Behandlung der Tropenkrankheit. Das Eindringen in die roten Blutkörperchen ist die Voraussetzung für das Überleben der Malariaparasiten im Menschen. "Dazu heften sich die Parasiten zunächst fest an die Blutkörperchen an und senden dann eine Art inneres Signal, das die Invasion in die Zellen auslöst, erläutert Tim Gilberger, Leiter der Malaria-Forschungsgruppe am BNI. Die Forscher suchen nach Wegen, um diesen Mechanismus gezielt zu unterbinden. „Dann würden Malariaerreger keine Chance mehr haben, uns zu infizieren", so Gilberger.

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News: Malaria: Hoffen auf den Impfstoff

News: Eiweiß-Datenbank als neue Waffe gegen Malaria

Wochenrückblick: Malariaerreger wandern mit Klebe-Gleit-Technik

Gemeinsam mit den australischen Kollegen haben die Berhard-Nocht-Forscher nun einen entscheidenden Aktivierungsprozess der Invasionsmaschinerie entschlüsselt. Daran ist ein Protein (AMA1) beteiligt, das sich auf der Oberfläche des Parasiten befindet. Mithilfe dieses Oberflächenproteins dockt der Malariaparasit eng an das rote Blutkörperchen an. Die Wissenschaftler heraus, dass der Parasit dieses Oberflächenprotein zunächst mithilfe eines Enzyms, der sogenannten Proteinkinase A, aktivieren muss.Wird das Oberflächenprotein AMA1 mit einer Phosphatgruppe markiert, so ist das das notwendige Signal für die Erreger-Invasion. „Jeder Malariaparasit hat nur eine einzige Chance, eine geeignete Zelle zu infizieren, oder er ist zum Sterben verurteilt. Die Schlüsselprozesse dieses Vorgangs zu inhibieren, ist ein attraktiver Ansatzpunkt für Impfstoffe und Medikamente“, sagt Gilberger. Etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung sind der Malaria ausgesetzt, mit jährlich mehr als 500 Millionen registrierten Fällen. Die Krankheit ist für mehr als eine Million Todesfälle pro Jahr verantwortlich, vor allem Kinder sind betroffen. Immer noch gibt es keinen Impfstoff, allerdings gibt es bereits aussichtreiche Kandidaten (mehr...).