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Malaria: Hoffen auf den Impfstoff

Die Anapholes-Mücke injiziert die Malaria-Erreger in den Blutkreislauf. Der Impfstoffkandidat RTS,S soll die Körperabwehr gerade für diese Phase befähigen, die Erreger zu attackieren. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Die Anapholes-Mücke injiziert die Malaria-Erreger in den Blutkreislauf. Der Impfstoffkandidat RTS,S soll die Körperabwehr gerade für diese Phase befähigen, die Erreger zu attackieren. Quelle: James Gathany/ CDC

23.04.2010  - 

Jedes Jahr fällt rund eine Million Menschen vor allem in Afrika und Südostasien der Malaria zum Opfer. Knapp eine Viertel Milliarde Menschen steckt sich jährlich mit dem Erreger an. Besonders für Kinder unter fünf Jahren verläuft die Infektion häufig tödlich. Seit Jahrzehnten tun sich Arzneientwickler und Impfstoff-Hersteller schwer, schlagkräftige Präparate gegen die komplexe Krankheit zu entwickeln. Dank potenter Stiftungen und Produktentwicklungspartnerschaften ist die Wirkstoff-Pipeline immer besser gefüllt. Doch erst kürzlich sind gegen die bisher wirksamsten Arzneien Resistenzen aufgetaucht. Hoffnungen vieler Tropenmediziner ruhen auf dem Impfstoff-Kandidaten „RTS,S“. Er wird derzeit an 16.000 afrikanischen Kindern in einer Zulassungsstudie erprobt. Nach Ansicht von Experten hat die Vakzine das Potenzial, die Malaria für Kinder zumindest weniger tödlich zu machen.

Mit einiger Sorge richtet sich der Blick der Tropenmediziner derzeit auf West-Kambodscha in Südostasien. Dort waren 2009 die ersten Resistenzfälle gegen die bisher wirksamsten Arzneitherapie gegen den Malariaerreger Plasmodium falciparum aufgetaucht. Die gängige artemisininbasierte Kombinationstherapie (ACT) hat hier offenbar ihre Schlagkraft verloren. Und womöglich haben sich die resistenten Erreger ausgebreitet. „Wir gehen davon aus, dass die rätselhaften Resistenzen bereits in Richtung Nordwesten nach Thailand gelangt sind“, berichtete der Malaria-Experte Jörg Möhrle bei einem Pressegespräch am 22. April in Berlin. Die Situation verdeutliche die Notwendigkeit einer großen Pipeline neuartiger Wirkstoffe, die verschiedene Schwachpunkte im komplexen Lebenszyklus des Malariaerregers attackieren. „Wir sind bislang viel zu stark abhängig von Artemisinin-Wirkstoffen“, so Möhrle.

Der Malaria-Parasit "Plasmodium falciparum" befällt rote Blutkörperchen und benutzt sie als Brutstätte zur eigenen Vermehrung.Lightbox-Link
Der Malaria-Parasit "Plasmodium falciparum" befällt rote Blutkörperchen und benutzt sie als Brutstätte zur eigenen Vermehrung.
Er ist Direktor der klinischen Entwicklung bei der Stiftung „Medicines for Malaria Venture“ (MVV). Die gemeinnützige Organisation mit Hauptsitz in Genf wurde 1999 gegründet. Ziel ist es, wirksame und erschwingliche Malaria-Medikamente mithilfe von Public-Private-Partnerships (PPP) zu entwickeln.

Größte Anti-Malaria-Wirkstoff-Pipeline

Der MVV ist mit etwa 300 Millionen US-Dollar ausgestattet, größter Einzelspender ist die Melinda-und-Bill-Gates-Stiftung. Dank der Produktentwicklungspartnerschaften zwischen Pharmakonzernen, Forschungseinrichtungen und Stiftungen managt der MVV laut Möhrle die umfassendste Pipeline von Anti-Malaria-Medikamenten weltweit, mehr als 20 Medikamente sind derzeit in Arbeit. „Allerdings gibt es erst wenige Präparate gegen die Erregerart Plasmodium vivax“, bedauerte Möhrle. Die Forschungsbemühungen hätten sich lange zu sehr auf den Hauptübeltäter Plasmodium falciparum konzentriert. Eine weitere Strategie für die Malariabekämpfung ziele darauf ab, die Übertragung der Erreger medikamentös zu unterbrechen und auch die Parasiten in den Millionen von Menschen zu beseitigen, die ohne Symptome mit dem Erreger leben und damit ein stilles Reservoir für die Krankheit darstellen.

Malaria-Impfstoffe: Die Lösung mit den Wirkverstärkern

Malaria ist im Wesentlichen eine todbringende „Kinderkrankheit“: Denn gerade das junge Immunsystem kommt mit den Erregern in Blut und Leber nicht zurecht. Deswegen wollen Forscher die Immunabwehr der Kinder in den Endemiegebieten in Afrika, Südostasien und Südamerika möglichst durch einen Impfstoff trainieren. Über viele Jahrzehnte haben sich die Forscher an der Entwicklung eines Malaria-Impfstoffs die Zähne ausgebissen- zu komplex galt die Natur des Erregers.

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"Den Durchbruch haben erst Wirkverstärker gebracht“, sagte Jens Vollmar, Leiter des Medizinischen Fachbereichs Impfstoffe beim Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK). Erst durch die Zugabe von neuartigen Adjuvantien-Kombinationen sei es gelungen, die Immunabwehr ausreichend anzukurbeln. Große Hoffnungen des Pharmakonzerns ruhen nun auf dem hauseigenen Impfstoffkandidaten mit dem Kürzel „RTS,S AS01E“. Bereits im Jahr 1987 startete die Entwicklungsarbeit an der Vakzine. Der Impfstoff baut auf einem Eiweiß von der Oberfläche des Malaria-Erregers auf, zudem wurde er gentechnisch mit einem Bruchstück des Hepatitis-B-Virus gekoppelt.

Immun-Attacke frisch nach dem Moskitostich

Nach einer Impfung ist der Körper in der Lage, die durch einen Mückenstich frisch ins Blut injizierten Malaria-Parasiten mittels T-Zellen und Antikörpern zu attackieren. Nach einer Reihe positiver Studien ist RTS,S der bislang am weitesten fortgeschrittene Impfstoffkandidat weltweit: Im Mai 2009 begann für die Zulassung entscheidende Phase III-Studie. Das Präparat wird 16 000 Säuglingen und Kleinkindern an elf afrikanischen Orten verabreicht. „Wir liegen im Zeitplan und planen bei positiven Ergebnissen 2012 das Präparat bei der Europäischen Arzneimittelbehörde einzureichen“. Vollmar machte in seinem Vortrag klar, dass auch RTS,S keinen absoluten Schutz bieten könne. „Bei Kleinkindern konnten wir in vorangegangenen Studien das Risiko einer schweren Malaria um bis zu 50 Prozent senken.“ Damit könnte die Malaria zumindest ihre tödliche Eigenschaften verlieren und zu einer kontrollierbaren Krankheit werden. „Wenn alles glatt läuft, könnte der Impfstoff 2013 oder 2014 auf dem Markt sein“, sagte Vollmar.

Noch nicht ganz soweit sind die Entwicklungsprojekte eines Impfstoffs, der das kindliche Immunsystem auf die Erkennung und die Attacke bestimmter Zuckermoleküle auf der Oberfläche des Malariaerregers eichen soll. Diesen Ansatz hat der Chemiker Peter Seeberger vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam entwickelt (mehr...), das Biotech-Unternehmen Ancora Pharmaceuticals führt die klinische Entwicklung eines Impfstoffes fort.

 

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