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Außergewöhnliche Allianzen für eine biobasierte Industrie

Führen künftig eine strategische Allianz aus neun Partnern aus Industrie und akademischer Forschung: Christian Leggewie vom Düsseldorfer Enzymspezialisten Evocatal (ganz links) und Ulrich Schwaneberg (RWTH Aachen, Bildmitte). BMBF-Staatssekretär Georg Schütte überreichte bei der ACHEMA in Frankfurt die Förderurkunde.  <ic:message key='Bild vergrößern' />
Formen künftig die strategische Allianz FuPol für industrielle Biotechnologie: Christian Leggewie vom Düsseldorfer Enzymspezialisten Evocatal (ganz links) und Ulrich Schwaneberg (RWTH Aachen, Bildmitte). BMBF-Staatssekretär Georg Schütte überreichte bei der ACHEMA in Frankfurt die Förderurkunde. Quelle: biotechnologie.de

19.06.2012  - 

Auf dem Weg von der erdölbasierten Industrie hin zu einer biobasierten Wirtschaft kommt der Biotechnologie eine Schlüsselrolle zu. Gerade wenn es darum geht, nachwachsende Rohstoffe energetisch und stofflich zu verwerten, kann der Einsatz von Enzymen und Mikroorganismen die industrielle Produktion grundlegend verändern. Zum Start der ACHEMA, der weltgrößten Messe für chemische Technik in Frankfurt, wurden am 18. Juni zwei Konzepte vorgestellt, die den Weg zur Bioökonomie ebnen sollen. Mit der „Roadmap Bioraffinerien“ haben Experten im Auftrag der Bundesregierung erstmals eine umfassende Potenzialanalyse zu solchen Biomasse-Verwertungsanlagen vorgelegt. Zudem kürte Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), drei strategische Allianzen für industrielle Biotechnologie. Diese von Unternehmen geführten Netzwerke verknüpfen bundesweit Partner aus Wirtschaft und akademischer Forschung. Ihr gemeinsames Ziel: Die Industrie weiter biologisieren.

Damit pflanzliche Biomasse als zentrale Rohstoffbasis der Bioökonomie verarbeitet und in eine Vielzahl von Produkten umgewandelt werden kann, sind technische Multifunktionsanlagen gefragt: Bioraffinerien. Einige Pilotanlagen gibt es bereits in Deutschland, so in Straubing oder in Leuna, wo ein großes Forschungszentrum errichtet wird. Je nach Biomassequelle und Technologie kommen für Bioraffinerien verschiedene Ansätze in Frage. Doch welches Konzept eignet sich aus ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten in welcher Situation am besten? Wo liegen Stärken und Schwächen bisheriger Konzepte?

Wege zu effizienten Bioraffinerien

Diesen Fragen widmete sich ein Arbeitskreis aus  30 Experten unter Leitung von Kurt Wagemann von der Fachgesellschaft DECHEMA (das Werk als Broschüre: hier klicken).  Das vorgelegte Papier trägt den Titel „Roadmap Bioraffinerien“ und kommt zu dem Fazit: Da Bioraffinerien pflanzliche Rest- und Abfallstoffe nahezu vollständig nutzen können, versprechen sie große Chancen für Klimaschutz und Ressourceneffizienz. Zudem bergen sie jeden Menge Potenzial für innovative und nachhaltige Produkte. „Bioraffinerien werden die zentralen Produktionsanlagen einer künftigen Bioökonomie sein“, betonte BMBF-Staatssekretär Georg Schütte in Frankfurt. Er stellte ein weiteres zentrales Ergebnis des Expertenpapiers heraus: "Damit Bioraffinerien die Pflanzen möglichst vollständig nutzen können, brauchen wir noch viel Forschung und Entwicklung."

Markus Doll (rechts) von der RWE Power AG koordiniert die Allianz "ZeroCarbonFootprint", in die insgesamt 46 Millionen Euro investiert werden. Für BMBF-Staatsekretär Schütte (links) ein Vorzeigeprojekt, wegweisend für die Bioökonomie.Lightbox-Link
Markus Doll (rechts) von der RWE Power AG koordiniert die Allianz "ZeroCarbonFootprint", in die insgesamt 46 Millionen Euro investiert werden. Für BMBF-Staatssekretär Schütte (links) ein Vorzeigeprojekt, wegweisend für die Bioökonomie.Quelle: DECHEMA/Poblete
Die Roadmap Bioraffinerien ist Teil des Aktionsplans der Bundesregierung zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe, der 2009 beschlossen wurde. Die Roadmap ist unter Federführung von BMBF und Bundeslandwirtschaftsministerium und mit enger Einbindung von Umwelt- und Wirtschaftsministerium entstanden.

Strategische Allianzen sollen Innovationsschub bringen

Um den Strukturwandel zu einer biobasierten Industrie zu beschleunigen, sind neue Formen der Zusammenarbeit von Forschern und Industriepartnern gefragt.

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Deshalb hat das BMBF die "Innovationsinitiative industrielle Biotechnologie" aufgelegt (mehr...). Die Förderung ist Teil der "Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030". Aufgefordert zur Bewerbung sind strategische Allianzen unter Federführung eines Wirtschaftsunternehmens. Dabei sollen bevorzugt Partner aus verschiedenen Industriezweigen zusammenfinden, die bisher wenig kooperiert haben. Auf der ACHEMA wurden nun die ersten Allianzen vorgestellt. "Die zur Förderung ausgewählten strategischen Allianzen haben das Zeug dazu, unsere Industrie nachhaltig zu verändern", sagte Schütte. "Wir fördern hier Vorzeigeprojekte, die wegweisend für die Bioökonomie sind."

Kohlenstoffreiche Abfallströme biotechnologisch verwerten

Mit rund 46 Millionen Euro hat das Konsortium mit dem Titel „Zero Carbon Footprint“ (ZeroCarbFP) das größte Finanzvolumen. Wie bei allen Allianzen steuert die Hälfte des Geldes das BMBF bei, den Rest bringen die 21 Partner aus Industrie und Akademia gemeinsam auf. Das strategische Netzwerk wird von der RWE Power AG, der Stromerzeugungstochter des RWE-Konzerns, geführt. Markus Doll, der Leiter Neue Technologien/CCS, nahm die Förderurkunde in Frankfurt von Schütte in Empfang. „Wir haben uns vorgenommen, kohlenstoffreiche Abfallströme biotechnologisch zu nutzen, um daraus hochwertige Produkte zu erzeugen“, so Doll. Die Idee: in Rauchgas, Klärschlämmen und industriellen Abwässern steckt jede Menge Kohlenstoff, der stofflich bislang nicht genutzt wird. Das möchte die strategische Allianz in den kommenden neun Jahren ändern. Deshalb werden die Partner nach Mikroorganismen fahnden, die kohlenstoffreiche Abfälle als Substrate nutzen und diese zu wertvollen Bausteinen für die Industrieproduktion umwandeln. Hierzu wird insbesondere das Biotechnologie-Unternehmen BRAIN AG ihr mikrobiologisches Know-how einbringen. Vielversprechende Ansätze gibt es bereits aus einem Kooperationsprojekt mit RWE (mehr...). Allianz-Partner sind unter anderen die Südzucker AG und der Schmiermittelhersteller Fuchs Petrolub AG. Hinsichtlich der Produkte wollen sich die Industriepartner auf Biokunststoffe, Flugzeugenteisungsmittel, Erzlaugungstechnologien (Green Mining) und Zusätze für die Herstellung von Hightech-Ölen und Fetten konzentrieren.

Zwei führende Köpfe hinter der Innovationsallianz "NatLifeCell 2020" aus 22 Partnern sind Martin Langer (ganz rechts) und Holger Zinke (Mitte) vom Biotechnologie-Unternehmen BRAIN AG in Zwingenberg.Lightbox-Link
Zwei führende Köpfe hinter der Innovationsallianz "NatLifeCell 2020" aus 22 Partnern sind Martin Langer (ganz rechts) und Holger Zinke (Mitte) vom Biotechnologie-Unternehmen BRAIN AG in Zwingenberg.Quelle: DECHEMA/Poblete

Polymere für die Bau- und Textilindustrie veredeln

Die Allianz „Funktionalisierung von Polymeren (FuPol)“ wird von der evocatal GmbH aus Düsseldorf geleitet. „Wir wollen Enzyme entwickeln, die natürliche und synthetische Polymere für ihren Einsatz in der Bauchemie, bei Waschmitteln und bei Textilien funktionalisieren und mit nützlichen Eigenschaften versehen“, sagte Christian Leggewie, Forschungsleiter bei evocatal. Insgesamt neun Partner zählt die Allianz, vier aus der akademischen Forschung (RTWH Aachen, Universität Hamburg, Universität Leipzig und die schweizerische EMPA) und fünf aus der Industrie. Darunter ist der Schweizer Bauchemieproduzent SIKA, der Betonzusatzmittel aus den Rohstoffen Lignin und Cellulose herstellen will. Der ebenfalls beteiligte Hersteller von Textilgarnen Coats ist an neuartigen Funktionalisierungen von Polymerfasern interessiert, wie sie zum Beispiel zur Abdichtung von Nähten im Outdoor-Bereich und bei Zelten benötigt werden. Der Waschmittelhersteller Henkel wird hingegen an Reinigungsenzymen für synthetische Textilien arbeiten. Der Enzymproduzent AB Enzymes und evocatal werden die Proteine im großen Maßstab produzieren. Die Allianz will in den nächsten fünf Jahren rund 8 Millionen Euro in Forschungsprojekte investieren. Die Hälfte kommt auch hier vom BMBF. „Was die Dimension dieser Zusammenarbeit in der Allianz angeht, betreten wir hier Neuland“, betont Leggewie, „wir freuen uns auf diese Herausforderung.“

Broschüre „Weiße Biotechnologie“

Zum pdf-Download der Broschüre "Weiße Biotechnologie - Chancen für eine bio-basierte Wirtschaft": hier klicken

Bioaktive Wirkstoffe für Lebensmittel und Kosmetik

Die Allianz Natural Life Excellence Network 2020 (NatLifE 2020) wird ebenfalls von einer mittelständischen Biotechnologie-Firma angeführt: der BRAIN AG aus dem hessischen Zwingenberg. NatLifE 2020 hat sich zum Ziel gesetzt, eine neue Generation natürlicher, bioaktiver Wirkstoffe für die Lebensmittel- und Kosmetikindustrie zu entwickeln. Innerhalb von neun Jahren sind rund 30 Millionen Euro für Forschungsprojekte in der Allianz vorgesehen. Als Koordinator der Allianz übernehmen wir die Führung des Industriekonsortiums und bringen als partnerschaftlich nutzbare Forschungs- und Entwicklungsbasis ein innovatives Technologieportfolio ins Zentrum der NatLifE 2020 ein“, sagte Martin Langer, Koordinator der NatLife 2020 und bei BRAIN für die Geschäftsentwicklung zuständig. Dazu zählten zum Beispiel sensorische Zellen, wie etwa Geschmackssinneszellen. Die Biotechnologen haben die Zellen so umfunktioniert, dass sie sich im Labor nun als Testsystem eignen, um etwa Geschmacks- und Sättigungsmodulatoren zu identifizieren. 22 Partner arbeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammen, zu den Industriepartnern zählen Celanese, Analyticon Discovery, Merck KGaA und AB Enzymes.

Die ACHEMA hat noch bis 22. Juni ihre Pforten in der Messe Frankfurt geöffnet. Das BMBF ist in der Halle 9.2 "Forschung und Innovation"  präsent. Im "Schaufenster bio-basierte Wirtschaft" (in der Galleria Level 1 A1) werden zudem Exponate aus Förderinitiativen des BMBF und anderer Fördermittelgeber zum Thema Bioökonomie gezeigt.

© biotechnologie.de/pg
 

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