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Bioaktives Pflaster mit eingebauter Wundheilung

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Wenn es nach den Forschern der Hohenstein-Institute geht, kann ein Pflaster in Zukunft mehr, als nur die Wunde abzudecken. Quelle: Stephanie Hofschlaeger/pixelio.de

04.11.2009  - 

Zwei Jahre lang forschte ein Team um den Biologen Gregor Hohn an den Hohenstein-Instituten im baden-württembergischen Bönnigheim. Dann hatten sie es geschafft: Sie entwickelten Hohlfasern, die verschiedene biologisch wirksame Wirkstoffe aufnehmen, speichern und wieder abgeben können. So können Wunden kontinuierlich und dosiert behandelt werden, mit antibiotisch wirkenden Viren zum Beispiel oder dem wundreinigenden Enzym Krillase. Für ihre Entdeckung erhielten die Wissenschaftler im Oktober den mit 10.000 Euro dotierten Innovationspreis "textil+mode 2009".



 

Ist eine Wunde nach vier Wochen noch nicht geheilt, sprechen Mediziner von einer chronischen Wunde. Dass die Verletzung nur zögerlich abheilt, liegt oft an Durchblutungsstörungen, einer Diabetes-Erkrankung oder einer Immunschwäche. Fast 2,5 Millionen Menschen in Deutschland sind betroffen. Chronische Wunden bedeuten für die behandelnden Ärzte im Vergleich zu normalen Verletzungen eine große Herausforderung. Zum einen siedeln sich in der Wunde mit der Zeit Bakterien an, zum anderen stört entzündetes oder abgestorbenes Gewebe den Heilungsprozess. Hinzu kommt, dass die Wunde sehr empfindlich ist. Herkömmliche Wundauflagen wie Mullbinden oder Pflaster, saugen zwar entstehende Wundflüssigkeit auf, haben aber den großen Nachteil, dass sie häufig mit dem Wundgrund verkleben und die Wunde austrocknen kann. Beim Verbandswechsel ist die Gefahr groß, dass neu gebildetes Gewebe mit abgerissen wird.

Die Entwickler des bioaktiven Wundpflasters: Gregor Hohn, Elisabeth Holzer und Michael Sontag (v.l.n.r.)Lightbox-Link
Die Entwickler des bioaktiven Wundpflasters: Gregor Hohn, Elisabeth Holzer und Michael Sontag (v.l.n.r.)Quelle: Gesamtverband textil+mode
 

Fasern und Wirkstoffe werden gefriergetrocknet

Gefragt ist also eine Wundauflage, die nicht so oft gewechselt werden muss, die aber trotzdem eine kontinuierliche Behandlung der Wunde mit den benötigten Wirkstoffen ermöglicht. Ein Forscherteam um den Biologen Gregor Hohn hat sich dem Problem nun an den Hohenstein-Instituten im baden-württembergischen Bönnigheim erfolgreich angenommen. Die Wissenschaftlergruppe am Institut für Hygiene und Biotechnologie entwickelte in zweijähriger Forschungsarbeit eine Methode, Textilfasern mit biologisch aktiven Wirkstoffen zu füllen. Wird ein aus diesen Fasern bestehendes Gewebe auf die Wunde gebracht, gibt es die Stoffe dosiert und kontinuierlich an den Körper ab.

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Dabei verwenden die Forscher spezielle Hohlfasern aus Zellulose. In ihrem Inneren können diese Kapillarhohlmembranen Wirkstoffpartikel mit einer Größe von bis zu 100 Mikrometern aufnehmen. Bei der Befüllung werden sowohl Fasern als auch Wirkstoffe gefriergetrocknet. Damit bleiben die Fasern funktional und die Wirkstoffe haltbar - das Pflaster kann gelagert werden. Kommt das Pflaster nun auf eine Wunde, aktiviert deren Feuchtigkeit spezielle Enzyme. Diese beginnen dann, die Zellulosefasern nach und nach zu zersetzen. Damit werden die eingelagerten Wirkstoffe freigesetzt. Prototypen der neuartigen Wundauflage mit "Drug Delivery Funktion" wurden inzwischen in einer ersten klinischen Studie eingesetzt. Für die Entdeckung bekamen die Forscher im Oktober den mit 10.000 Euro dotierten Innovationspreis "textil+mode 2009", den der Gesamtverband textil+mode zum zweiten Mal vergab. Der Entwickler der biologisch aktiven Wundauflage Gregor Hohn ist seit August 2007 am Institut für Hygiene und Biotechnologie an den Hohenstein Instituten tätig. Einen Teil des Preisgeldes will er als Spende einer medizinischen Hilfsorganisation zur Verfügung stellen.

Hohenstein-Institute
Gegründet 1946 im baden-württembergischen Bönnigheim, sind an den privaten Forschungsinstituten Hohenheim mittlerweile 220 Mitarbeiter beschäftigt. Spezialgebiet ist dabei die Entwicklung neuer Textilien.
Zu den Hohenstein Instituten: hier klicken

Enzym des Krills reinigt die Wunde

Das neue Wundpflaster kann eine Kombination aus Wirkstoffen aufnehmen, die den besonderen Bedürfnissen chronischer Wunden entgegenkommen. Zunächst einmal muss die Wunde gesäubert werden. Bisher ist es üblich, dass das ein Chirurg übernimmt, mit Skalpell und Pinzette. Manche Ärzte verwenden auch einen Hochdruck-Wasserstrahl. Beide Methoden sind relativ aufwendig und teuer. Auf biologischem Weg geht es vielleicht einfacher. Die Forscher in Bönnigheim testeten zwei Möglichkeiten. So lagerten sie erfolgreich ein Sekret aus der Speicheldrüse von Fliegenlarven in das Gewebe ein. Das Sekret löst abgestorbenes Gewebe auf. Ein anderer Weg ist ein Enzym aus dem Verdauungstrakt kleiner Meerkrebse, die Krillase.

Krill (Euphausia superba) ähnelt Garnelen und kommt in riesigen Schwärmen im Polarmeer vor. Die Tiere sind mit einem hocheffektiven System kooperierender Verdauungsenzyme ausgestattet, dessen wundreinigende Wirkung skandinavische Fischer schon länger kennen. Ein weiteres Problem chronischer Wunden sind die sich einnistenden Bakterien. Aber auch hier kann das neue Pflaster Abhilfe schaffen. So gelang es den Forschern, antibiotisch wirksame Viren ebenfalls im gefriergetrockneten Zustand aufzubringen. Sie werden erst aktiv, wenn sie mit Flüssigkeit in Berührung kommen. Die Forscher hoffen nun, dass ihre Entwicklung nach den abschließenden Tests möglichst schnell zum Patienten kommt und die Behandlung chronischer Wunden verbessert.

 

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