Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Bioökonomie in Australien

Staatsflagge von Australien <ic:message key='Bild vergrößern' />
Quelle: Ian Fieggen

Der Export von Primärprodukten gilt als tragende Säule der Wirtschaft des flächenmäßig sechstgrößten Staates der Erde. Insbesondere landwirtschaftliche Güter wie Weizen, Wolle, Fleisch und Wein sind weltweit bekannt. Daneben gilt Australien mit seinem Reichtum an Bodenschätzen etwa Eisenerz, Kohle und Uran als begehrter Partner von energie- und rohstoffhungrigen Schwellenländern. Doch es gibt Bestrebungen, die Wirtschaft des Landes zu diversifizieren, um die Abhängigkeit vom Bergbau zu reduzieren und die Landwirtschaft weiterzuentwickeln. So gilt die Versorgung der wachsenden asiatischen Mittelschichten mit Nahrung als eine große wirtschaftliche Chance. Nationale und regionale Initiativen setzen hier vermehrt auf die Förderung nachhaltiger Ansätze, eine nationale Bioökonomie-Strategie gibt es jedoch nicht. Großindustrie mit eigenen Forschungskapazitäten existiert in Australien mit Ausnahme des Rohstoffsektors nur in Ausnahmefällen. Die modernen Biowissenschaften spielen eine wichtige Rolle.

Unternehmenslandschaft

Die australische Wirtschaft wächst inzwischen seit 23 Jahren in Folge. Australien hat bislang die hohen Einnahmen, die es im Zuge des Rohstoffbooms erzielen konnte, zu wenig nachhaltig genutzt. In den letzten Jahren haben sinkende Rohstoffpreise und geringere Nachfrage zu massiven Steuerausfällen geführt; im Jahr 2014 hat sich das Wirtschaftswachstum auf 2,7 Prozent abgeschwächt.

Australiens Wirtschaft hängt zu einem großen Teil an der Kohleindustrie. Das Land ist der weltgrößte Kohleexporteur und beheimatet mit Rio Tinto und BHP Billiton zwei der größten Rohstoffkonzerne der Welt. Im Jahr 2014 hat der Bergbau als wichtigster Sektor mit 8,6 % zum BIP beigetragen, aber aktuell befindet er sich in einer Phase der Transformation. Immer mehr Bergwerke haben die Investitionsphase abgeschlossen und fangen mit der Förderung der Rohstoffe an. Dadurch werden die Exporte steigen, doch Arbeitsplätze verloren gehen. Die Chemiebranche, zweitgrößter Sektor innerhalb des verarbeitenden Gewerbes, verliert im Land immer mehr an Bedeutung. Den größten Anteil am Umsatz haben hier mit knapp über 9,4 Mrd. A$ pharmazeutische Erzeugnisse, gefolgt von Düngemitteln mit 3,6 Mrd. A$. Pflanzenschutzmittel setzten rund 1 Mrd. A$ um. Ein Wachstumsimpuls kommt hierbei aus der positiven Entwicklung in der Landwirtschaft, die 2014 mit 2,3% zum BIP beitrug. Beim Wandel in eine nachhaltige Wirtschaft gilt sie als Hoffnungsträger. Mit Branchenausfuhren in Höhe von 27 Mrd. US$ ist Australien ein Nettoexporteur von Lebensmitteln. Hier rangieren Getreide (9,3 Mrd. US$), Fleischprodukte (7,5 Mrd. US$) und Milcherzeugnisse (2,3 Mrd. US$) an vorderster Stelle. Insgesamt werden etwa 65% aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse exportiert. Nach Angaben von Analysen durch Germany Trade and Invest sollen sich die Produktion und die Exporte dieses Sektors in den nächsten 20 Jahren verdoppeln. Dabei liegt der Fokus vor allem auf den großen Agrarbetrieben, die etwa ein Fünftel der Unternehmen ausmachen, derzeit aber für knapp 80% der landwirtschaftlichen Produktion verantwortlich sind. Diese Erwartung basiert auf der steigenden Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Lebensmitteln aus der wachsenden asiatischen Mittelschicht. Über notwendige Technologien verfügen die Großbetriebe in der Regel bereits. Dabei handelt es sich beispielsweise um führerlose, GPS-gesteuerte Traktoren und Maschinen. Schon jetzt ist Australien weltweit Spitzenreiter, was die Größe der ökologischen Anbauflächen betrifft. Regional betrachtet ist New South Wales um die Großmetropole Sydney die stärkste wirtschaftliche Region des Landes.

Landwirtschaftliche Produzenten wichtige Akteure der Bioökonomie

Vor diesem Hintergrund zählen die Produzenten landwirtschaftlicher Produkte zu den bedeutenden Akteuren in der Bioökonomie. Der Australian Agricultural Company gehören Ländereien, die 1% der australischen Landmasse ausmachen. Umsatztreiber sind die Fleischproduktion gestützt auf moderne Züchtungs- und genetische Forschung sowie der Getreideanbau. Die börsennotierte GrainCorp ist international im Handel und der Verarbeitung von Getreide tätig. Die familiengeführte Manildra Group, größter Weizenverarbeiter des Landes, expandierte inzwischen in die Zucker- und Bioethanolherstellung. In Australien darf sogar Opium für medizinisch-pharmazeutische Zwecke angebaut werden. TPI Enterprises (TPI), 2004 gegründet, ist an der Börse notiert. Tasmanian Alkaloids beschäftigt 200 Mitarbeiter und kooperiert mit 500 Landwirten im Bundesstaat Tasmanien, die die Mohnpflanzen anbauen. Die börsennotierte, weltweit tätige Nufarm bezeichnet sich hingegen als führend bei Pflanzenschutzmitteln. Nach Angaben des Branchenverbandes ISAAA wurden im Jahr 2014 in Australien auf insgesamt 0,5 Millionen Hektar gv-Nutzpflanzen, zumeist Baumwolle und Raps, kommerziell angebaut.

Schnell wachsender Sektor: Aquakulturen

Zu den am schnellsten wachsenden Primärindustrien zählt in Australien die Aquakulturwirtschaft, die inzwischen rund 1 Mrd. A$ umsetzt. (Mehr Informationen: hier klicken) In zahlreichen Bundesstaaten etwa Südaustralien oder Tasmanien werden Lachse, im tropischeren Queensland Krabben gezüchtet. Aktiv unterstützt wird dieser Wirtschaftszweig beispielsweise durch die südaustralische Wirtschaftsförderung PIRSA. Clover konzentriert sich hingegen auf Omega-3 Fettsäuren aus Thunfischen. Das Industriekonglomerat Wesfarmers, eine der 10 größten australischen Firmen, betreibt nicht nur Kohleminen und Supermärkte im Land, sondern stellt auch Düngemittel für die Landwirtschaft und Holzplastik-Komposite für die Bauindustrie her. 

Bioenergie mit schwerem Stand, neue Rohstoffquellen im Fokus

Biodiesel wird in Australien mehrheitlich aus Schlachtabfällen, Altspeiseölen und Ölsaaten gewonnen. (Mehr Informationen bei der Bioenergie-Vereinigung Australiens: hier klicken) Die Hersteller Australian Renewable Fuels, Biodiesel Industries Australia und EcoFuels Australia betreiben mehrere Anlagen im Land. Obwohl Australien mehr als die Hälfte des im Jahr 2013 konsumierten Biodiesels importierte, haben die Unternehmen einen Teil ihrer Anlagen eingemottet oder ganz geschlossen. Gründe hierfür sind die stark gefallenen Ölpreise, subventioniertes Biodiesel ausländischer Hersteller und bisher ungünstige steuerliche Rahmenbedingungen für inländische Produzenten. Inzwischen hat die Regierung im Juni 2015 mit neuen Gesetzen allerdings nachjustiert und inländische Hersteller besser gestellt. Neue Rohstoffquellen wie Algen und tropische Pflanzen etwa der Meerrettichbaum könnten der Industrie ebenfalls neuen Schwung verleihen. Zu den großen Ethanolherstellern gehören Manildra, CSR Ethanol und Wilmar Bioethanol, die in ihren Bioraffinerien den Alkohol herstellen. Getreidestärke und Rückstände aus der Zuckerohrindustrie dienen als Rohstoffe. Alternative Flugbenzine haben die nationale Fluggesellschaft Qantas und der britische Anbieter Virgin Airlines im Visier.

Auf Biotreibstoff setzt auch die australische Marine: Sie will alle Schiffe und Flugzeuge bis zum Jahr 2020 auf diese Treibstoffart umrüsten. Der Ölkonzern Caltex, eines der größten australischen Unternehmen, verkauft bereits an mehr als 400 Tankstellen neben herkömmlichen Sprit auch Biotreibstoffe. Bio E10 enthält 10% Ethanol, wohingegen Bio E-Flex bis zu 85% Bioethanol beigemischt und für Besitzer von Flexfuel-Fahrzeuge gedacht ist. Zulieferer der biobasierten Kraftstoffe sind inländische Unternehmen. Der Energiekonzern AGL nutzt unterdessen Abfälle aus der Zuckerrohr- und Nussindustrie als Ausgangsstoff für die Erzeugung von Strom. Erst im Sommer 2015 sicherte sich das aus der Curtin Universität in Perth ausgegründete Start-up Renergi eine staatliche Förderung in Millionen-Höhe. Mit den Mitteln soll eine Pilotanlage zur Herstellung von Biokraftstoff aufgebaut werden.

Biotech-Branche könnte Wachstum der Landwirtschaft forcieren

Die Biotechnologie-Branche spielt im Vergleich mit anderen Industrienationen in Australien als Bioökonomie-Akteur bisher eine kleinere Rolle. Denn der Großteil der mehr als 400 biotechnologisch aktiven Firmen, von denen mehr als 80 börsennotiert sind, konzentriert sich in der medizinischen Biotechnologie und der Diagnostik (62%). Im jahr 2010-11 lagen die F&E-Ausgaben im medizinischen Bereich bei 133 Mio. A$, während 22 Mio. A$ für die Agrobiotechnologie und 12 Mio. A$ für die Industrielle Biotechnologie ausgegeben wurden. Doch könnten die Agri-Biotechfirmen (15%) wie die vormals australische Technico künftig zum gewünschten Wachstum der Landwirtschaft beitragen. Andere Firmen arbeiten im Bereich Mikro- und Makroalgen. So plant Plentex Limited, mit seinen Algen-basierten Produkten künftig einer der führenden Rohstofflieferanten Australiens zu werden. Die börsennotierte Algae.Tec Ltd. wiederum nutzt Algen, um aus ihnen Biokraftstoffe der 2. Generation und Futtermittel zu gewinnen. Deren Algen wachsen mit Kohlendioxid aus Kraftwerksabgasen. Im Bergbau setzt der britisch-australische Rio Tinto-Konzern auf Bioleaching, um mit Mikroorganismen Kupfer aus minderwertigen Erzen in seiner Mine in Chile zu extrahieren. Miteigner BHP Billiton stellte im Jahr 2006 seine chilenischen Aktivitäten an anderer Stelle diesbezüglich allerdings ein, weil der Prozess großtechnisch nicht wirtschaftlich betrieben werden konnte. In der industriellen Biotechnologie ist auch Plantic aktiv. Das Unternehmen stellt biobasierte Kunststoffe her. Neben den USA und Argentinien, Brasilien, Kanada und Korea gibt es in Australien zudem eine Reihe von Unternehmen etwa Clone International, die sich auf das kommerzielle Klonen von Nutztieren spezialisiert haben.

Ausländische Firmen engagieren sich in Australien

Der deutsche Chemiekonzern BASF und das US-Unternehmen Aurora Algae Inc. unterhalten in Australien Algenfarmen, wobei die Mannheimer in Westaustralien natürliche Farbstoffe für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie herstellen. Von der Leverkusener Bayer AG kommen in Down-Under insbesondere ihre Produkte zum Pflanzenschutz zum Einsatz. Erst im April 2015 startete ein von Bayer in Zusammenarbeit mit dem Landwirtschaftsministerium West-Australiens und der Grains Research and Development entwickeltes Online-Schädlingswarnsystem. Der niederländisch-britische Ölkonzern Shell betreibt nahe Melbourne und Sydney Mischbetriebe, in denen er für den australischen Markt B20-Diesel herstellt. Hierfür wird Biodiesel des heimischen Produzenten Australian Renewable Fuels (ARF) herkömmlichem Diesel zugefügt. Die chinesische Kimberley Agricultural Investment testet zurzeit in Westaustralien den Anbau von Hirse, um hieraus Alkohol für den asiatischen Markt zu gewinnen . Der thailändische Energiekonzern PTT forschte zusammen mit dem CSIRO an Algen-basiertem Biosprit. Nahe der Kleinstadt Deniliquin könnte künftig eine Fabrik Bioethanol aus regional angebautem Weizen produzieren. Bisher laufen die Verhandlungen mit dem koreanischen Investor noch.

 

Hintergrund

Schwerpunkte: Agrarwirtschaft, Aquakultur, Bioenergie

Bioökonomie-Politik:

National Marine Science Plan 2015-2025

Building a Bioeconomy in South Australia 2011 – 2015 (Süd-Australien)

Industrial Biotechnology Strategy (2008)

Öffentliche Forschungsförderung:

Australian Research Council (ARC)

Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO)
Australian Renewable Energy Agency (ARENA)
BioSA
(Südaustralien)
Grains Research and Development Corporation (GRDC)

Gesetzeslage:

steuerliche Förderung für F&E-Ausgaben

gv-Anbau und Klonen von Nutztieren erlaubt