Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Bioökonomie in Brasilien

Die Flagge von Brasilien <ic:message key='Bild vergrößern' />
Die Flagge von Brasilien Quelle: wikipedia.de

15.9.2015 - Die stärkste Volkswirtschaft Südamerikas ist reich an biobasierten Rohstoffen. Das Land am Amazonas verfügt über eine unerreichte Artenvielfalt. Agarwirtschaftlich dominiert seit Jahrzehnten die Herstellung und der Verbrauch von Zuckerrohr-Alkohol. Die Bioethanol-Branche ist zum zweitgrößten Produzenten weltweit aufgestiegen. Neben Biosprit sind Rohrzucker und Soja weitere bedeutende Exportgüter. Der Einsatz gentechnisch veränderter Nutzpflanzen ist weit verbreitet: Brasilianische Äcker machen sie ein Fünftel der globalen gv-Anbaufläche aus. Künftige Potenziale liegen in der biobasierten Chemikalien-Produktion. Auch die Holzwirtschaft gilt als Wachstumsmarkt. Zudem hat sich Brasilien verpflichtet, die illegale Rodung von Regenwald bis 2030 zu stoppen.

Forschungslandschaft

Wichtigster Forschungsstandort in Brasilien und Heimat des größten Clusters ist der Bundesstaat São Paulo. Hier konzentrieren sich Universitäten, nationale Einrichtungen und Unternehmen. An der forschungsstarken, in den 1960er Jahren gegründeten Landesuniversität von Campinas (Unicamp) sind rund 35.000 Studenten eingeschrieben. In der Nachbarschaft sitzt auch das CTBE, das 2010 aufgebaute nationale Exzellenzzentrum für Bioethanol. Untergliedert in fünf Forschungsabteilungen werden sowohl Grundlagen, als auch angewandte Forschung betrieben. Ausgestattet mit einer Pilotanlage (PPDP) können Prozesse für die Herstellung von Biotreibstoffen oder biobasierten Chemikalien erprobt werden. Das CTBE gehört als eines von vier Zentren zum Centro Nacional de Pesquisa em Energia e Materiais (CNPEM), welches die Forschung zu Energie und Materialien in diesen Zentren im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Technologie und Innovation (MCTI) koordiniert. Dem CNPEM zugeordnet ist auch das Laboratório Nacional de Biociências (LNBio), das sich auf die Biowissenschaften konzentriert und einen Schwerpunkt in der industriellen Biotechnologie hat.

Die größte Ausbildungs- und Forschungseinrichtung der Biotechnologie und führende Universität des Landes ist die Universität von São Paulo (USP). Von den Instituten der Universität, die biotechnologische Forschung betreiben, sind besonders die Luiz Queiroz Hochschule für Landwirtschaft bekannt. Forschungsstark ist auch die Universität in Rio de Janeiro. Sie ist eine der ältesten Universitäten im Land und hat die biotechnologische Forschung in acht Kernbereichen organisiert. In der Pflanzenbiotechnologie beschäftigen sich die Forscher unter anderem mit dem Einsatz einheimischer Pflanzen und Bakterien in der Umwelttechnologien sowie der genetischen Modifikation einheimischer Gemüsesorten. Das biochemische Institut vereint zehn verschiedene Labore zur Forschung an Pflanzen und Tieren. In einem ernährungswissenschaftlichen Schwerpunkt geht es unter anderem darum, alternative Herstellungsmethoden für Nährstoffe zu finden. Südlich angrenzend liegt der Bundesstaat Paraná. Dort prüften Forscher an der öffentlichen Universität Unioeste, inwieweit sich Fischabfälle aus der Tilapiazucht für die Herstellung von Biodiesel eignen. Bekannt ist auch die staatliche Universität Vicosa.

Zuckerrohr-Forschungszentrum

Zu den großen außeruniversitären Einrichtungen im Bundesstaat São Paulo zählt das mehrheitlich im Besitz der Unternehmen Copersucar und Raízen befindliche „Centro de Tecnologia Canavieira (CTC)“. An diesem wichtigsten Zuckerrohr-Forschungszentrum des Landes züchten die Mitarbeiter neue Sorten und arbeiten an landwirtschaftlichen und industriellen Produktionsprozessen. Ebenfalls im Bundesstaat beheimatet ist das 1887 gegründete Agronomical Institute of Campinas (IAC). Das dem Wirtschaftsministerium des Bundesstaates zugeordnete Institut kümmert sich insbesondere um neue Erkenntnisse und Fortschritte in der Agrobiotechnologie, zu Landmaschinen und Böden sowie zum Wetter. Erst kürzlich stellten IAC-Wissenschaftler ihre genetisch veränderten Zuckerrohr-Pflanzen mit deutlich gesteigertem Biomasse-Ertrag vor. Der Energiekonzern Petrobras betreibt das Forschungszentrum CENPES in Rio de Janeiro, in dem unter anderem zu Biotreibstoffen geforscht wird. Das Technologieforschungsinstitut IPT (Instituto de Pesquisas Tecnológicas) des Bundesstaates São Paulo bestreitet dagegen 30% seines Budgets durch Forschungsaufträge aus der Wirtschaft, insbesondere im Bereich Biotreibstoffe und Chemie.

Agrarforschungsinstitut Embrapa

Von herausragender Bedeutung ist die staatliche Agrarforschungseinrichtung „Embrapa“, deren Haushalt rund 400 Mio. Euro jährlich beträgt. Dem Landwirtschaftsministerium zugeordnet  koordiniert dieses 1973 gegründete Forschungszentrum die Agrarforschung im Land und beschäftigt knapp 10.000 Menschen an 47 Standorten. Schwerpunkte sind Agroenergie, Agrobiologie, Agroindustrie, Ernährung sowie Bodenkunde und Fernerkundung. Zu seinen Erfolgen zählt der Aufbau einer effizienteren, einheimischen Landwirtschaft, die Brasilien von einem ehemaligen Nahrungsmittelimporteur in einen -exporteur wandelte. Mit dem deutschen Konzern BASF gab es eine Kooperation zur Entwicklung einer herbizidtoleranten Sojasorte. Seit dem Jahr 2011 wird sie unter dem Namen „Cultivance“ in Brasilien vertrieben. Eine Zweigstelle betreibt Embrapa auch in Deutschland, am Forschungszentrum in Jülich. In gemeinsamen Projekten werden Fragen zur Bioökonomie untersucht. Parallel zu diesen Aktivitäten baut Brasilien mit Hilfe der Fraunhofer-Gesellschaft marktgetriebene Innovationszentren im Land auf. Diese forschen künftig unter anderem zu nachhaltiger Chemie, Biomasse, Biotechnologie und erneuerbaren Energien. Zudem werden thematisch spezialisierte Exzellenzzentren der angewandten Forschung (Embrapii), etwa zur Biomasseverarbeitung, aufgebaut. Zusätzlich wurde ein Fraunhofer-Projektzentrum in Campinas aufgebaut, das sich um Wertschöpfungsketten in der Landwirtschaft und Lebensmitteltechnologien kümmert.

Die wichtigsten Forschungsförderer

Auf Bundesebene fördert das Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Innovation über zwei Förderträger, die mit einem eigenen Budget agieren. Die 1967 gegründete Förderagentur für Studien und Projekte (FINEP) unterstützt Universitäten, Forschungseinrichtungen und forschende Unternehmen. Hauptaufgabe des Nationalen Forschungsrates CNPq ist es, die wissenschaftliche und technologische Forschung im Land zu fördern. Dies geschieht im Rahmen von Programmen der Forschungsförderung, die die nationale Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik umsetzen. So startete 2008 das Programm zur Einrichtung Nationaler Wissenschafts- und Technologieinstitute (INCT), die die Kompetenz eines Bereiches bündeln sollen, beispielsweise für Biotreibstoffe, Biotechnologie oder Landwirtschaft. Daneben unterstützt der Rat auch die internationale Zusammenarbeit von brasilianischen Einrichtungen und Wissenschaftlern und ist wichtiger Partner für die Zusammenarbeit Deutschlands mit dem Land. Daneben gilt die staatliche Brasilianische Entwicklungsbank (BNDES) als bedeutender nationaler Fördermittelgeber. Zusammen mit dem Nachbarn Argentinien wurde das „CABBIO - Argentinean-Brazilian Center of Biotechnology“ auf den Weg gebracht. Hier werden Kooperationen von Wissenschaftlern und Unternehmen über binationale Forschungsprojekte gefördert.

Zusammenarbeit mit Deutschland

Brasilien ist in Bildung und Forschung der wichtigste Partner Deutschlands in Lateinamerika. So forschen beide Länder gemeinsam für die innovative und nachhaltige Nutzung von Ressourcen und für den Erhalt der Umwelt. Hierfür baut die Bundesregierung die Partnerschaft mit den Südamerikanern systematisch aus und legte dies auch im „Aktionsplan der deutsch-brasilianischen strategischen Partnerschaft“ nieder. Seit 2014 fördert Deutschland über die Fördermaßnahme „Bioökonomie International“ zusammen mit der brasilianischen Regierung Kooperationsprojekte. Bisher fließen Forschungsmittel für vier Vorhaben im Rahmen der vom BMBF mitfinanzierten Fördermaßnahme in bilaterale Projekte. In die Bekanntmachungsrunde 2015 wurde der Forschungsförderer des Bundesstaates Sao Paulo (FAPESP) eingebunden. Eine weitere Bekanntmachung zum Thema Bioökonomie, die zusammen mit dem Forschungsrat CNPq umgesetzt werden soll, befindet sich noch in der Vorbereitung. Zudem stehen brasilianischen Forschern Fördergelder der EU im Rahmen von Kooperationsprojekten mit deutschen oder europäischen Kollegen zur Verfügung.

 

Hintergrund

Schwerpunkt: Bioethanol (Zuckerrohr), Agrarwirtschaft (Soja, Mais, Baumwolle), Tropenholz, Zellstoff
Branchenverband:

Biotechnologie BrBiotec


Für die Bioökonomie relevante Politik:

Biotechnologie-Programm, Biodiesel-Programm (PNPB),

Forschung

Agrarforschungszentrum Embrapa

Zulassungsbehörde

Comissao Técnica Nacional de Biosseguranca CTNBio

Rechtliche Grundlagen
zweitgrößtes Land für kommerziellen Gentechnikpflanzen-Anbau, insbesondere Soja, keine Mindestabstände. Freisetzung und Import von gv-Produkten sind zulassungspflichtig.

Downloads

Bioeconomy - An agenda for Brazil

CNI & Harvard Business Review, 2013 Download PDF (4,5 MB) PDF online ansehen

Brazil Biotech Map 2011

BrBiotech, 2011 Download PDF (6,3 MB) PDF online ansehen