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Bioökonomie in den Niederlanden

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Die Niederlande sind führend in der Verarbeitung von Lebensmitteln. Das kleine Land an der Nordsee zählt weltweit zu den größten Exporteuren landwirtschaftlicher Produkte. Bekannt sind insbesondere die Gewächshaustomaten. Stärke, Zucker und Milchsäure stellen wichtige weiterverarbeitete Produkte dar. International glänzen Gartencenter dagegen mit verschiedensten gartenbaulichen Produkten wie Zierpflanzen sowie Zier- und Landschaftsgehölzen aus niederländischer Produktion. Potenzial für ein biobasiertes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum bietet daneben auch die chemische Industrie, ein zweiter Pfeiler der Wirtschaft des Landes. Zahlreiche Unternehmen haben sich auf biobasierte Chemikalien und Biopolymere fokussiert. Daneben existieren Initiativen, um Biokraftstoffe und Bioraffinerien künftig im industriellen Maßstab zu produzieren. Im Netz einer weltweiten Bioökonomie sehen die Niederländer ihr Land als künftiges Kompetenzzentrum und Drehscheibe auf der Basis nachwachsender Rohstoffe.

Rechtliche und politische Grundlagen

Das Landwirtschaftsministerium formulierte bereits im Jahr 2007 erste Grundsätze, um eine effiziente Nutzung von Biomasse voranzubringen, denn sie biete erhebliche Chancen für die Wirtschaft. Parallel helfe sie gegenüber Klimaveränderungen, reduziere Abfälle, stärke die regenerativen Energien und verringere die Abhängigkeit vom Erdöl. 2010 definierte die niederländische Regierung dann neun Topsektoren (unter anderem Agrar- und Ernährungswirtschaft, Chemie, Energie, Lebenswissenschaften und Gartenbau), in denen das Land bis zum Jahr 2020 weltweit eine Spitzenstellung einnehmen will. (Mehr Informationen: hier klicken)  43 Vertreter von Firmen und aus der Zivilgesellschaft verständigten sich im Jahr 2011 in ihrem „Manifest Biobased Economy“ darauf, die Bioökonomie im Land in ihrem Entstehen zu fördern und zu unterstützen. 2012 formulierte das neue Kabinett seine grüne Wachstumsstrategie (Mehr Informationen: PDF-Download) mit innovativer Landwirtschaft, Bioökonomie, erneuerbaren Energien und den Häfen – der Großteil der Biomasse muss importiert werden – als Drehscheiben. Laut dem EU-Wettbewerbsreport Niederlande ist ab dem Jahr 2015 ist im Rahmen einer nachhaltigen Beschaffungspolitik sogar geplant, nur noch umweltfreundliche Produkte durch die öffentliche Hand einzukaufen.  Getragen wird der Umbau der Wirtschaft auch durch das „Interdepartementaal Programma Biobased Economy“ (IPBBE) der Regierung, das seine Agenda auf zahlreichen Gesprächen mit relevanten Akteuren aufbaute.

Politische Verantwortlichkeiten

Es gibt ein gut entwickeltes System von politischen Richtlinien für Wissenschaft, Technik und Innovation, welche regelmäßig geprüft und überarbeitet werden. Verantwortlich für bioökonomisch relevante politische Richtlinien und Gesetze sind insbesondere vier Ministerien. Das für die Bioökonomie hauptverantwortliche Wirtschaftsministerium (EZ) überblickt Regularien im Bereich Futtermittel und Saatgut. Zudem verantwortet es die Richtlinien für industrielle Forschung und Entwicklung sowie Innovation. Das Umweltministerium (IenM) hat dagegen die Hoheit sobald es um gv-Pflanzen, die verfüttert werden, oder (Labor)tiere geht. Eine große Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Bureau Genetisch Gemodificeerde Organismen (Bureau GGO). Das Cartagena-Protokoll zur Biosicherheit untersteht ebenfalls dem Ministerium. Das Gesundheitsministerium (VWS) koordiniert die politischen Entscheidungsprozesse im Bereich Agro- und medizinische Biotechnologie und verantwortet Gesetze im Bereich Nahrungsmittel. Das Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft gestaltet die Innovationspolitik im Bezug auf wissenschaftliche Forschung und Ausbildung. Es verantwortet die Forschungsfördereinrichtung NWO. Außerdem eingebunden ist das Außenministerium.

Regierung bekennt sich zur Gentechnik

Mit Blick auf die grüne Gentechnik wurden bislang von der europäischen Lebensmittelaufsichtsbehörde EFSA positiv bewertete genetisch veränderte (gv)-Pflanzen in den Niederlanden stets zugelassen. Diese bisher Gentechnik-freundliche Regierungspolitik erfuhr jedoch 2014 einen Dämpfer. Auf direkte Anweisung des Parlaments hin musste die Regierung gegen eine EU-Entscheidung votieren. Inzwischen stehen wie in anderen europäischen Ländern „opt out“-Möglichkeiten bei der Grünen Gentechnik im Mittelpunkt des politischen Interesses. Trotz allem gelangen gv-Pflanzenprodukte wie Sojabohnen aus Brasilien oder den USA über Importe in das Land und werden meist in der Landwirtschaft verfüttert. Laut aktuellen Zahlen der Organisation ISAAA werden in den Niederlande keine Gentechnik-Pflanzen kommerziell auf den Äckern angebaut.

Bereits 2004 verständigten sich die Dachverbände von Verbrauchern, Landwirtschaft, Pflanzenzüchtern und Ökobauern auf ein Regelwerk zum Anbau von gv-Pflanzen. Das Dokument „Koexistenz Primärproduktion“ wurde von diesem so genannten „van-Dijk-Komitee“ an den Landwirtschaftsminister übergeben und auf Basis des Reports ein Gesetz ausgearbeitet. So wurden im Europavergleich sehr geringe Mindestabstände zu nicht-gv und Bio-Anbaufeldern festgelegt, und Regeln zur Haftung bei Verschmutzung vereinbart. Für unklare Fälle wurde außerdem ein Haftungsfonds eingerichtet. Die Stadt Nijmegen und die Provinz Friesland verboten allerdings den Anbau von gv-Pflanzen innerhalb ihrer Grenzen, was ihnen durchaus erlaubt ist.

Bis vor kurzem schien es, dass die Niederländer der gv-Kartoffel und weiteren gentechnisch veränderten Pflanzensorten der Zukunft aufgeschlossener gegenüber stehen als ihre deutschen Nachbarn. Im Eurobarometer Biotechnologie, der zuletzt im Jahr 2010 die Einstellung von Bürgern aus allen 27 EU-Mitgliedern zu den Lebenswissenschaften abgefragt hat, wiesen 53% der Niederländer der Biotechnologie eine positive Auswirkung auf unser zukünftiges Leben zu. Negative Effekte vermuteten nur 25%. In Deutschland ist die Gruppe der Optimisten deutlich kleiner (42%) und die der Pessimisten größer (33%). Diese aufgeschlossene Haltung setzt sich auch bei Detailfragen fort. So finden 73% der Befragten in den Niederlanden, dass Entwicklung und Produktion von Biokraftstoffen weiter gefördert werden soll, bei der Frage von nachhaltigen Biokraftstoffen sind es sogar 91%. In Deutschland sind es nur 64% beziehungsweise 83%. Die Methode, in der Gentechnik einzelne artfremde Gene einzusetzen, lehnen 57% der Niederländer ab, bei artverwandten Genen ist die Situation ausgeglichen: 46% lehnen auch dieses Verfahren ab, 48% hingegen haben nichts dagegen. In Deutschland sind es 69% beziehungsweise 47% und 45%.

Trotz aller Hindernisse entwickelte die Universität Wageningen 2010 eine Kartoffel mit größeren Stärkekörnern, 2013 führte sie Feldversuche mit schädlingsresistenten Kartoffeln durch. Daneben laufen Versuche mit gv-Äpfeln. Profitiert haben von der Grünen Gentechnik jedoch die Floristen. So ließ die EU bereits 1993 die ersten gv-Nelken zu, die auf Farmen in Kolumbien und Ecuador wachsen und weltweit von dem japanischen Unternehmen Suntory vertrieben werden. Inwieweit Pflanzen, die mit neuen Züchtungstechnologien wie Cisgenese generiert wurden, als gentechnisch veränderte Organismen eingestuft werden, ist noch Gegenstand von Diskussionen. In der dem Parlament 2014 dargelegten Sicht ihrer Biotechnologiepolitik drängt die Regierung auf eine Klärung, da die neuen Technologien für den niederländischen Züchtungssektor eine erhebliche Bedeutung haben. (Mehr Informationen: hier klicken) Interessanterweise steht der Niederländische Bauernverband (LTO) im Land gv-Pflanzen grundsätzlich positiv gegenüber. Allerdings weist er auf die Widerstände von Kunden insbesondere auch im wichtigen Exportmarkt Deutschland hin.

Mehrheit lehnt Klonen von Nutztieren ab 

Zur Verwendung biotechnologischer Methoden in der Viehzucht liegt noch keine abschließende Regelung vor. Doch die Öffentlichkeit steht dem Thema ebenfalls ablehnend gegenüber wie auch die meisten Viehzüchter und Milchbauern. Somit kann davon ausgegangen werden, dass das niederländische Parlament erneut dagegen votieren wird. Selbst die Regierung stellt sich gegen die Klonierung von Nutztieren. Einzig in der medizinischen Biotechnologie dürfen derartige Methoden nach Einzelfallprüfung an Labortieren, vornehmlich an Mäusen, in der akademischen Forschung angewendet werden.

"Green Deal" für mehr Energie aus Biomasse

EU-Direktiven zu Klimazielen und regenerativen Energien regulieren den Markt für Biomasse in Europa. Um die für die Niederlande gesetzten Ziele zu erreichen, plant die Regierung, Biomasse großflächig als Ausgangsmaterial für die Erzeugung von Energie einzusetzen. 14,5% erneuerbare Energien im Jahr 2020 sind das Ziel, das im National Renewable Energy Action Plan (NREAP) der Niederlande vorgelegt wurde, davon 21% generiert über Biomasse. Festgelegt sind auch fixe Beimischungsquoten von Biotreibstoffen für den Transportsektor. Deren Marktdurchdringung zu vertiefen, fördert das Innovatieve Biobrandstoffen (IBB)-Programm des ehemaligen Verkehrsministeriums, das im Umweltministerium aufgegangen ist. (Mehr Informationen zu Biotreibstoff-Politik in den Niederlanden: hier klicken) Herausfordernd dürfte die geforderte Nachhaltigkeit des Materials sein. Um die Industrie zu Investitionen im Bereich der regenerativen Energien anzuregen, läuft seit 2008 das Hilfsprogramm Stimulering Duurzame Energieproductie (SDE). Hierfür stellte die Regierung 3 Mrd. Euro im Jahr 2013 zur Verfügung. Bereits 2011 vereinbarten die Regierung und die niederländische Energiewirtschaft in diesem Zusammenhang einen „Green Deal“ .

 

Hintergrund

Schwerpunkte: Landwirtschaft, Bioraffinerien, industrielle Biotechnologie, Bioenergie, biobasierte Kunststoffe, Gartenbau

Bioökonomie-Intitiativen:
Topkonsortium biobasierte Wirtschaft (TKI-BBE)
BioBased Economy

Bioprocess Pilot Facility (BPF)
Biorizon

Regionale biobasierte Cluster und Zentren:
Biobased Delta
Green Chemistry Campus
Biorefinery Cluster

öffentl. Forschungsförderung:
NWO
Technologiestichting STW
RVO

Gesetzeslage
Topsektor-Strategie im Jahr 2010
Grüne Wachstumsstrategie im Jahr 2012
Kein kommerzieller Anbau von gv-Pflanzen erlaubt

Internationale Kooperationen

www.internationale-kooperationen.de

Sie interessieren sich für Kooperationen mit Hochschulen und Unternehmen im Ausland? Das internationale Büro des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt einen solchen Austausch. Mehr Informationen zu möglichen Förderprogrammen und länderspezifische Hintergründe finden Sie unter:

www.internationale-kooperationen.de


Downloads

The Bio-based Economy in the Netherlands

NL Agency, Ministry of Economic Affairs (2013) Download PDF (557,1 KB) PDF online ansehen