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Wochenrückblick KW 33

23.08.2010

Bakterien stellen Cannabis-Wirkstoff THC her

Biochemiker der Technischen Universität Dortmund haben zum ersten Mal THC in Bakterien hergestellt.

Tetrahydrocannabinol kommt in Cannabispflanzen vor und wirkt schmerzlindernd. In der Behandlung Schwerkranker wird es zunehmend eingesetzt. Gerade erst hat die Bundesregierung verkündet, den bisher noch stark eingeschränkten THC-Einsatz in der Medizin künftig erleichtern zu wollen.

Bislang wird der THC aufwendig aus Cannabis-Pflanzen gewonnen. Künftig könnten Bakterien dies übernehmen.Lightbox-Link
Bislang wird THC aufwendig aus Cannabis-Pflanzen gewonnen. Künftig könnten Bakterien dies übernehmen.Quelle: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft

Oliver Kayser und seine Arbeitsgruppe von der Technischen Universität Dortmund haben nun Gene identifiziert, die in der Cannabispflanze für die THC-Bildung zuständig sind. Anschließend verpflanzten sie diese in E.coli-Bakterien. Das Ergebnis: reines THC als stark isolierter Stoff. Das neue Verfahren ist offenbar günstiger als die bisherige Herstellung. In Deutschland wird medizinisch benötigtes THC derzeit aus Faserhanf gewonnen. Da die Fasern weniger als 0,2 Prozent THC enthalten, ist der Produktionsprozess entsprechend aufwändig. Aus der Cannabispflanze, die bis zu 25 Prozent THC enthalten kann, darf der Wirkstoff aus juristischen Gründen in Deutschland nicht gewonnen werden. Das Produktionsvolumen liegt derzeit jährlich bei rund 20 Kilogramm, den tatsächlichen medizinischen Bedarf schätzen die Dortmunder Forscher aber auf rund eine Tonne.
"Im Rahmen unserer Arbeiten wollen wir in der Zukunft ein Stück weiter gehen und die humanen Enzyme als Gene in die Mikroorganismen bringen, die bereits THC herstellen", so Oliver Kayser. Durch diese genetische Erweiterung des bakteriellen Metabolisierungspotentials sollen dann auch die Stoffwechselprodukte produziert werden, die als Referenzstoffe in der forensischen Analytik bei Polizei und Justiz für den Nachweis von illegalem Haschischkonsum benötigt werden.

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Eiweiß-Recyclinganlage schützt Zellen bei Entzündungen

Mediziner der Berliner Charité haben einen Enzymkomplex entdeckt, der Zellen bei Entzündungsreaktionen vor den Ablagerungen geschädigter Eiweiße bewahrt.

 Zudem schützt das sogenannte Immunoproteasom vor entzündungsabhängigem Stress. Wie diese zellulären Recyclinganlagen für fehlerhafte Proteine funktionieren, beschreiben die Forscher im Fachjournal Cell (20. August 2010 Bd. 142, S. 613). Die Bildung der Immunoproteasomen wird vom Botenstoff Interferon ausgelöst. Dieser Stoff versetzt das Immunsystem in Alarmbereitschaft, bedeutet für die Zelle allerdings auch Stress. Die Arbeitsgruppen um Peter-Michael Kloetzel und  Elke Krüger vom Institut für Biochemie der Charité-Universitätsmedizin konnten nun nachweisen, dass die Hauptfunktion der Immunoproteasomen der Schutz und die Aufrechterhaltung der Lebensfähigkeit der Zellen unter Entzündungsbedingungen ist. Als Recyclingmaschinen beseitigen Immunoproteasomen defekte Eiweiße effizienter als die normalen Proteasomen der Zelle. Durch die Ausschüttung des Immunbotenstoffs Interferon werden zunächst so genannte Sauerstoffradikale gebildet, die Schäden vor allem an neu entstehenden Proteinen verursachen. Diese lagern sich als Proteinklumpen in den Zellen ab. Sobald sich mit Hilfe des Interferons dann genügend funktionsfähige Immunoproteasomen gebildet haben, gelingt der Abbau der geschädigten Eiweiße wesentlich besser. Die Zellen können wirkungsvoll vor Ablagerungen geschützt werden und bleiben lebensfähig.

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News: Lernen vom perfekten Killer

News: Schutzengel für Eiweiße in 3D nachgebaut

Die Wissenschaftler untersuchten in ihren Experimenten die Reaktion auf Interferon in Zellen mit Immunoproteasomen und Zellen, die aufgrund eines fehlenden Gens  nicht in der Lage sind, Immunoproteasomen zu bilden. Hier beobachteten die Forscher den kontinuierlichen Anstieg von Proteinklumpen. Die Zellen ohne Immunoproteasomen waren nicht in der Lage, die Eiweißablagerungen abzubauen und starben ab. Der Schutz-Effekt von Immunoproteasomen wird auch in einem Mausmodell für Multiple Sklerose deutlich. Mäuse ohne Immunoproteasomen hatten mehr Krankheitssymptome. „Wir konnten zeigen, dass die Immunoproteasomen eine zentrale Rolle bei der Beseitigung von Klumpen geschädigter Proteine spielen“, sagt Ulrike Seifert, die Erstautorin der Studie. Nun wollen die Forscher testen, ob der Mechanismus auch bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie Multipler Sklerose, Parkinson oder Alzheimer eine Rolle spielt.

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Innovative Medicines Initiative: Partnersuche für dritte Runde kann beginnen

Für die im Herbst anstehende dritte Ausschreibungsrunde der europäischen „Innovative Medicines Initiative“ (IMI) können sich Interessierte bereits jetzt im Internet auf die Suche nach möglichen Projektpartnern machen.

Die Nationale Kontaktstelle Lebenswissenschaften bietet dazu im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) eine sogenannte „Partnering Plattform“ an. Unter der Adresse www.imi-partnering.eu sind bereits die Themen berücksichtigt, die im Rahmen der dritten IMI-Ausschreibung gefördert werden sollen.

Die Technologieplattform „Innovative Medicines Initiative“ (IMI) ist eine europäischen Förderinitiative, die die pharmazeutische Forschung und Entwicklung in Europa attraktiver machen will um so innovative Therapien schneller zum Patienten bringen zu können. Die 2007 offiziell gestartete IMI funktioniert in Form eines Public-Private Partnership-Modells zwischen EU-Kommission und dem Verband der europäischen Pharmaindustrie (EFPIA).

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Dossier: Zehn Jahre Humangenom

News: Biomedica in Aachen: Wege zu maßgeschneiderten Therapien

Bis 2017 stellt die IMI ein Fördervolumen von zwei Milliarden Euro bereit.  Die europäischen Gelder stammen aus dem Budget für das siebte Forschungsrahmenprogramm und sollen europäischen Forschungseinrichtungen sowie kleinen und mittleren Unternehmen, die in Kooperationsprojekten zusammenarbeiten, zugute kommen. Zwei Runden gab es bereits, die dritte Runde wird voraussichtlich im Oktober dieses Jahres gestartet. Um die Suche nach möglichen Kooperationspartnern zu erleichtern, bietet die Partnering Plattform Interessierten die Möglichkeit, das eigene Unternehmen oder die Forschergruppe in einem Profileintrag vorzustellen. In der vergangenen zweiten IMI Runde 2009 machten 500 Interessenten von dieser Möglichkeit Gebrauch.

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Forscher finden neue Chlorophyll-Art

In Algenmatten vor der Küste Australiens hat ein internationales Team von Biochemikern ein bisher unbekanntes Chlorophyll-Molekül aufgespürt.

Das "Chlorophyll f" ermöglicht es Pflanzen, mehr Licht aus dem langwelligen Infrarot-Bereich des Spektrums zu nutzen. Über ihren überraschenden Fund berichten die Forscher um die Australierin Min Chen und den Strukturbiologen Hugo Scheer von der Ludwig-Maximilians-Universität München im Fachblatt Science (19. August 2010, Online-Vorabveröffentlichung). Photosynthese ist der am weitesten verbreitete natürliche Prozess zum Einbringen externer Energie in den Nahrungskreislauf. Schlüsselmoleküle im photosynthetischen Apparat der Pflanzen, Algen und bestimmter Bakterien sind einige grüne Farbstoffe, die Chlorophylle. Diese Moleküle übernehmen eine Vielzahl von Funktionen in der Photosynthese, darunter die Absorption des Lichts, den Energietransfer und den Elektronentransfer. Das „Chlorophyll a“ ist bei Pflanzen vorherrschende Chlorophyllform. Doch die Forscher vermuten seit längerem, dass es noch einige weitere Chlorophyll-Typen geben muss.

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News: Sonnenschutz von Algen: Uraltes Eiweiß entdeckt

News: Sicherheitsventil schützt Pflanzen vor Sonnenbrand

Förderbeispiel: Cyanobakterien als Treibstofffabriken

"Unsere Überlegung war, dass in dichten Algenmatten die zuoberst lebenden Organismen so viel Sonnenstrahlung abfangen, dass für unten liegende Schichten im sichtbaren Bereich nichts bleibt und ein hoher Selektionsdruck zur Nutzung des durchgelassenen Infrarotlichts besteht", erklärt Hugo Scheer. "In Stromatolithen, australischen Algenmatten, die zu den ältesten bekannten biologischen Gemeinschaften gehören, konnten wir jetzt tatsächlich Organismen mit einem neuen Chlorophyll-Molekül nachweisen." Dieses "Chlorophyll f" kann langwelligere Strahlung als die anderen vier bekannten Chlorophylle der oxigenen (also Sauerstoff-produzierenden) Photosynthese absorbieren.Es ist das erste neu entdeckte Chlorophyll-Molekül seit mehr als 60 Jahren.  Die Erkenntnisse könnten helfen, weitere Änderungen an Chlorophyll-Molekülen durchzuführen, um deren Funktion zu verändern. "Auch technische Anlagen, die Licht als Energiequelle nutzen, könnten unter Ausnutzung dieser Prinzipien einen größeren Wirkungsgrad bekommen", sagt Scheer. Weitherin gebe es noch medizinische Anwendungsbereiche. Bei der photodynamischen Therapie von Krebs sammeln sich lichtempfindliche Medikamente im Tumor an. Durch gezielte Bestrahlung mit Licht werden sie von außen aktiviert. Im nahen Infrarotbereich absorbierende Chlorophylle sind hier besonders interessant, weil Strahlung in diesem Spektralbereich besonders tief in Gewebe eindringen kann.

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Erstes Modell für DNA-Kabeltrommeln im Zellkern erstellt

Die Biophysiker Ulrich Gerland und Wolfram Möbius von der Ludwig-Maximilians-Universität München haben erstmals ein Modell entwickelt, mit dem sich die Verteilung von Zusammenballungen der DNA im Zellkern beschreiben lässt.

Im Zellkern höherer Organismen wickelt sich die DNA zu sogenannten Nukleosomen auf. Deren Inneres besteht aus jeweils acht Histon-Proteinen, die – ähnlich einer Spule – von DNA umwickelt sind. Die Nukleosomen sind durch unverpackte DNA-Bereiche verbunden und erinnern dadurch an aufgefädelte Perlen. Die Nukleosomen "beeinflussen auch, welche Bereiche des Erbmoleküls abgelesen und damit in Proteine übersetzt werden können“, erklärt Gerland vom Arnold Sommerfeld Center for Theoretical Physics und dem Center for NanoScience (CeNS) an der Fakultät für Physik der LMU.

Struktur eines Nukleosom mit Histonen der Fruchtfliege. Die DNA (grau) ist um die acht Histonen-Untereinheiten(rot)  gewickelt.Lightbox-Link
Struktur eines Nukleosoms mit Histonen der Fruchtfliege. Die DNA (grau) ist um die acht Histon-Untereinheiten(rot) gewickelt.Quelle: Wikipedia

Gerland und Möbius wendeten auf die DNA erfolgreich ein Modell aus der Physik an, das eigentlich die Wechselwirkung zwischen Gaspartikeln beschreibt. Das neue Modell stimmt am besten mit den Daten überein, wenn für beide Grenzregionen der nukleosomfreien Zone unterschiedliche Randbedingungen angenommen werden. „Auf der einen Seite – und zwar in Richtung der Transkription – muss es ein Nukleosom geben, das wie eine Art Straßenblockade die Lücke ohne Nukleosomen freihält“, meint Gerland.

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News: Genaktivität: Auf die Verpackung kommt es an

Menschen: Robert Schneider: Fasziniert von der Architektur des Erbguts

„Auf der anderen Seite, also gegen die Transkriptionsrichtung, muss dagegen ein breiter, gewissermaßen abstoßender Bereich vorliegen. Wie eine Art Verkehrsschild muss er signalisieren, dass sich hier keine Nukleosome bilden.“
Die Forscher konnten mit vorliegendem Ergebnis erstmals das Modell des amerikanischen Nobelpreisträgers Roger Kornberg quantitativ bestätigen, der 1974 die Nukleosomen entdeckte und später ein Modell für ihre statistische Verteilung im Genom entwickelte. Das neue Modell könnte wesentlich dazu beitragen, die Regeln zu verstehen, nach denen die Struktur der Chromosomen festgelegt wird. „Unsere Berechnungen könnten eine Hilfestellung bei der Dekodierung des sogenannten Chromatincodes sein, über den bisher noch wenig bekannt ist“, so Gerland.

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Wie sich die Injektionsspritze eines Magenkeims entwickelt hat

Mikrobiologen aus Hannover haben herausgefunden, wie die Magenmikrobe Helicobacter pylori im Laufe ihrer Evolution Eigenschaften entwickelt hat, die Krebs auslösen können.

Dazu haben die Forscher die sogenannte cag-Pathogenitätsinsel des Bakteriums untersucht. Über die Verbreitung und Entwicklung dieser Erbgutregion berichten sie im Fachjournal PLoS Genetics (19. August 2010, Online-Veröffentlichung). 30 bis 40 Prozent der Deutschen sind mit Helicobacter pylori infiziert. Das Bakterium verursacht Magenschleimhautentzündungen, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre sowie Krebs. Weltweit sind mehr als die Hälfte aller Menschen betroffen.

Helicobacter pylori (blau) auf Zellen der Magenschleimhaut (orange).Lightbox-Link
Helicobacter pylori (blau) auf Zellen der Magenschleimhaut (orange).Quelle: MPI für Infektionsbiologie
Doch wie das Bakterium Krebs auslöst, ist weitgehend ungeklärt. Fest steht, dass dabei eine bestimmte bakterielle Genregion eine zentrale Rolle spielt. Diese so genannte cag-Pathogenitätsinsel untersuchten Wissenschaftler um Christine Josenhans und Sebastian Suerbaum, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), gemeinsam mit Kollegen aus Berlin, Irland, Belgien und den USA. „Das Bakterium hat vielfältige Möglichkeiten zum ‚Feintuning’ der Inselfunktion. Sie spielen möglicherweise bei der Anpassung an den individuellen menschlichen Wirt und dessen Immunabwehr und auch bei der Krankheitsentstehung eine große Rolle“, erläutert Josenhans.

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News: Die Nano-Spritze der Bakterien verstopfen

Förderbeispiel: Mit kleinen Eiweißmolekülen gegen die Sepsis

Auf der untersuchten Insel befinden sich Gene, die das Bakterium in die Lage versetzen, einen winzig kleinen Sekretionsapparat, eine „molekulare Injektionsspritze“, zu bilden. Mit dieser Spritze kann das Bakterium ein hochaktives krebserregendes Eiweißmolekül, CagA, in die menschlichen Zellen einschleusen. Die Wissenschaftler verglichen die Pathogenitätsinseln der Bakterien von mehr als dreißig Patienten aus allen Teilen der Welt. Sie fanden heraus, dass die Inseln praktisch gleichzeitig mit der Entwicklung des modernen Menschen und dessen Kolonisierung durch Helicobacter pylori aufgenommen wurden. Dies fand vor der ersten Auswanderung der modernen Menschen aus der Ursprungsheimat Afrika statt. Seitdem hat sich die Insel in einem Koevolutionsprozess gemeinsam mit dem Menschen weiterentwickelt. „Diese Ergebnisse sind nicht nur eine wichtige Basis für weitere Grundlagenforschung darüber, wie Helicobacter pylori den Menschen chronisch über Jahrzehnte infiziert und Krebs auslöst, sondern haben auch Relevanz für die Impfstoffentwicklung gegen diesen Krankheitserreger“, so Sebastian Suerbaum.

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