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Jubiläum: Zehn Jahre Humangenom

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3 Milliarden Basenpaare umfasst das menschliche Erbgut. Vor zehn Jahren wurde eine erste grobe Karte des Humangenoms veröffentlicht. Quelle: Jonathan Bailey/NIHGRI

Der 26. Juni 2000 markiert einen Meilenstein in der Humangenom-Forschung. Vor nunmehr zehn Jahren legte der US-Unternehmer Craig Venter gemeinsam mit seinem staatlich geförderten Konkurrenten Francis Collins eine Rohversion des entschlüsselten menschlichen Genoms vor. Seither hat das menschliche Erbgut die Biomedizin enorm beschleunigt, auch wenn viele der hochgesteckten medizinischen Ziele von damals  bislang nicht erreicht wurden. Durch das Humangenom wurde jedoch die Technik der Sequenzierung in kürzester Zeit revolutioniert. Dieser enorme Fortschritt lässt nun die einstigen Hoffnungen deutlich realistischer erscheinen. Dabei zeichnet sich ein Wandel hin zu individuellen Therapien ab - durch die immer engere Verknüpfung von Diagnostik und Medikament, die für den Patienten maßgeschneiderte Behandlungen ermöglichen.

Moderne Genomforschung im Leserausch



Das Humangenomprojekt, die Mutter aller großen Genomprojekte, hatte enorme Auswirkungen für die Biotechnologie, sowohl für die Wissenschaft als auch für die Industrie. In der Forschung bildete es den Startschuss für eine Reihe weiterer Mammutprojekte, an denen hunderte Wissenschaftler, Sequenzierroboter und leistungsstarke Computer beteiligt waren und sind. In der modernen Genomforschung sieht der aktuelle Präsident der Humangenom-Organisation HUGO, Edison Liu, zwei große Stoßrichtungen: „Wir wollen die genetische Vielfalt zwischen den Menschen verstehen. Und wir fahnden nach den molekularen Ursachen für Krankheiten.“

Neue Labortechnik mit enormer Lese-Leistung

Der prestigeträchtige Wettlauf um die erste Genomsequenz hat die Entwicklung neuer Entzifferungs-Technologien angeheizt. Immer neue Generationen von Sequenzier-Robotern haben die Entschlüsselung von Genomen bei Tieren, Pflanzen und Mikroben revolutioniert. Immer schneller und günstiger lassen sich mittlerweile Genome auslesen.

Die Fortschritte in der Sequenziertechnik - hier der Genome Sequencer 20 von Roche - haben die Kosten und die Dauer einer Sequenzierung dramatisch gesenkt.Lightbox-Link
Die Fortschritte in der Sequenziertechnik - hier der Genome Sequencer 20 von Roche - haben die Kosten und die Dauer einer Sequenzierung dramatisch gesenkt.Quelle: Roche

Lange war die sogenannte Sanger-Methode (Kettenabbruch-Methode) der Standard in den Labors. Dieses biochemische Decodierverfahren hatte der Doppelnobelpreisträger Fred Sanger bereits Ende der 1970er entwickelt. Hierfür muss die DNA zunächst in kleinere Fragmente zerlegt und in Mikroben vervielfältigt werden (Klonierung). Mit Hilfe von Enzymen und farbstoff-markierten Erbgut-Bausteinen wird dann ein neuer DNA-Strang synthetisiert. Die dabei entstehenden Fragmente verschiedener Länge können durch Elektrophorese aufgetrennt und von einem Laser ausgelesen werden. Durch Automatisierung und Parallelisierung wurden hier schon beachtliche Lesegeschwindigkeiten erreicht. Einen Quantensprung in der Sequenzierung haben die Geräte der „neuen Generation“ (Next Generation Sequencing) ausgelöst. 2005 kamen die ersten „Pyrosequenzer“ der Firma Roche auf dem Markt, die schon Millionen von Basenpaare in einem Schritt auslesen konnten. Weitere Verfahren der Unternehmen Illumina (Solexa) oder Applied Biosystems (SOLiD) folgten. Der Vorteil: Bei allen neuen Verfahren fällt der aufwendige DNA-Vermehrungsschritt mithilfe von Bakterien weg. Stattdessen können die Erbgutschnipsel mit der Polymerasekettenreaktion (PCR) stark vervielfältigt und dann gelesen werden. Die neueste Technik der „dritten Generation“ unterscheidet sich von bisherigen vor allem darin, dass nur noch ein einziges DNA-Molekül als Lesevorlage benötigt wird.

In der 20. Folge von biotechnologie.tv wird unter anderem erklärt, wie die Sequenzierung von Genen funktioniert.Quelle: biotechnologie.tv

Ein Humangenom an einem Tag

Die Entwicklung ist mit der stürmischen Entwicklung von Mikroprozessoren vergleichbar. Schaffte eine moderne Sequenziermaschine im Jahr 2000 gerade einmal 6000 DNA-Bausteine pro Tag, bewältigen Automaten der neuesten Generation sagenhafte 30 Milliarden solcher Nukleotide. Im Schnitt hat sich damit die Lesegeschwindigkeit um den Faktor 50.000 beschleunigt. Und auch die Kosten sind im Sinkflug: Waren für das Humangenomprojekt seinerzeit noch 3 Milliarden US-Dollar veranschlagt, so schaffen es manche Sequenzer heute schon für weniger als 6000 Dollar. Dauerte die Entzifferung des ersten menschlichen Referenzgenoms noch 13 Jahre, so ist ein Humangenom heute binnen weniger Wochen zu haben.

Bei den Sequenzierungen werden die Abschnitte gleich mehrfach gelesen, es entstehen gigantische Datenmengen und bisweilen fehlerbehaftete Daten, die von Bioinformatik und leistungsstarken Rechnern ausgewertet werden müssen.

Experten gehen davon aus, dass weiter sinkende Preise endgültig den Weg für eine personalisierte Genomik ebnen werden, in der Patienten zur Vorsorge ihr Erbgut sequenzieren und durchleuchten lassen.

 

Hintergrund

Start: Den Anstoß zur Entschlüsslung des Humangenoms gab die Gründung der Humanen Genomorganisation, kurz HUGO.
www.hugo-international.de

Die Deutschen: Deutschland stieg Mitte der 90er Jahre in das öffentliche Sequenzierprojekt bei HUGO mit ein. Im Jahr 2001 startete zudem das Nationale Genomforschungsnetz (NGFN), gefördert vom Bundesforschungsministerium.
www.ngfn.de


Der Polarisierer: Der US-Genetiker Craig Venter gehört zu den schillernsten Figuren der internationalen Genomforschung, der die Szene stark polarisiert. Kurz nach dem Start von HUGO schert er aus, gründet sein eigenes Forschungsinstitut und seine eigene Firma. Damit hat das öffentliche Projekt private Konkurrenz.
www.jcvi.org
www.celera.com

Die Veröffentlichung: Nachdem im Juni 2000 beide Teams den Abschluss der ersten Rohversion des menschlichen Genoms beim amerikanischen Präsidenten verkünden, werden die Daten im Februar 2001 offiziell in den Fachmagazinen Science und Nature veröffentlicht.
Nature (2001, Bd. 409, 15. Februar)
Science (2001, Bd. 291, 16. Februar)

  

Weltkongress: Seit 1899 treffen sich die internationalen Genomforscher alle fünf Jahre zum Weltkongress der Genetik. 2008 fand die berühmte Veranstaltung nach mehr als 80 Jahren wieder in Deutschland statt. biotechnologie.de hat ausführlich darüber berichtet: 

zum Artikel: hier klicken

Genomforschung verstehen: Im Rahmen des NGFN wurden Unterrichtsmaterialien "GENial einfach!" erstellt, mit denen sich die Genomforschung leicht verstehen lässt.

zu den Unterrichtsmaterialien: hier klicken
zur Erklärung auf biotechnologie.de: hier klicken

biotechnologie.tv

Sondersendung von biotechnologiel.tv zur Humangenomforschung