David Vöhringer: Will das Allergie-Gedächtnis löschen
05.01.2010 -
Allergien sind für viele ein quälender Wegbegleiter – die eigenen Immunzellen und deren Antikörper spielen verrückt und greifen harmlose Substanzen an. Die fehlgeleitete Immunantwort führt zu triefenden Nasen, juckenden Augen, nässenden Hautausschlägen bis hin zum tödlichen Herzkreislaufversagen. David Vöhringer möchte das Übel an der Wurzel packen und das Allergiegedächtnis des Körpers verstehen, um es in einem zweiten Schritt gezielt auszulöschen. Der Immunologe hat für dieses Forschungsziel den mit über 1,7 Millionen Euro dotierten Starting Grant des European Research Council (ERC) erhalten.
„Das Zentrum für Allergien bilden die B-Zellen des Immunsystems,“ sagt David Vöhringer. Seit 2005 leitet der 39-Jährige eine Emmy Noether-Nachwuchsgruppe am Institut für Immunologie der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Zwei Aspekte sind für den Privatdozenten bei der Betrachtung der B-Zellen als Allergiezentrum im Körper wichtig: „Sie produzieren Immunglobulin E (IgE), welches bei der Parasitenabwehr und der Entstehung von Allergien maßgeblich beteiligt ist. Weiterhin speichern die B-Zellen die fehlgeleitete Immunantwort wie auf einer Festplatte ab und sorgen somit fälschlicherweise dafür, dass eine Allergie ständig wieder auftritt," so Vöhringer. Dieses immer wiederkehrende immunologische „Pop-up Fenster“ wurde bislang wissenschaftlich kaum untersucht.
Doch das soll sich nun dank des Starting Grant des European Research Council ändern. „Ich habe mit 1,7 Millionen Euro beinahe die maximale Fördersumme erhalten,“ freut sich der gebürtige Esslinger. Mit dem Geld will Vöhringer in den nächsten fünf Jahren viel auf die Beine stellen – und das Übel der Allergie an der Wurzel packen.
Ursachenforschung mit neuesten Technologien
In einem ersten Schritt will Vöhringer mit seinem bald achtköpfigen Team die IgE-produzierenden B-Zellen genau charakterisieren. „Uns interessiert vor allem, wo die Zellen entstehen, wo sie sich aufhalten, wie viele es sind und wie schnell sie sich vermehren," erklärt Vöhringer die grundlegenden Aspekte seiner zukünftigen Forschung. Moderne Technologien werden dabei helfen: Mithilfe von sogenannten Mikro-Arrays und modernen Sequenzierungsmethoden möchte er mit seinem Team das Genaktivitätsmuster und die Vielfalt der Antikörper der IgE-produzierenden B-Zellen entschlüsseln. Weiterhin werden spezielle knock-out Mäuse für die Forschung gezüchtet. Mit ihrer Hilfe können die Wissenschaftler exakt verfolgen, welche Auswirkungen bestimmte Gendefekte haben. Ferner können sie durch Verwendung spezieller Fluoreszenzmarker den genauen Ort einzelner Zellen im Körper lokalisieren. Wenn dies verstanden sei, könne man die Entwicklung neuer Therapieansätze angehen, welches das Allergie-Gedächtnis ein für alle mal auslösche, sagt Vöhringer. „Ein Medikament ist das ferne Ziel, jetzt müssen wir erstmal die Grundlage dafür liefern,“ betont der Immunologe.
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Der Zivildienst stellte die Weiche für die Wissenschaft
Die Zeit als Zivildienstleistender in der Abteilung für Transplantationsimmunologie und Immunhämatologie an der Medizinische Klinik Tübingen stellte für David Vöhringer die wichtige Weiche in Richtung Naturwissenschaften. In Tübingen und Freiburg studierte er Biologie und spezialsierte sich hier schon recht früh auf das Gebiet der Immunologie. Seine Diplom- und Doktorarbeit fertigte er bei Hanspeter Pircher an der Abteilung für Immunologie am Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg an. Dort bearbeitete er die Fragestellung, wie das Immunsystem auf Viren reagiert. 2001 zog es den Schwaben für die Dauer von dreieinhalb Jahren nach Amerika, an die University of California San Francisco (UCSF).
Institut für Immunologie |
Am Institut für Immunbiologie der LMU München leitet David Vöhringer eine Emmy-Noether-Nachwuchsforschergruppe. Zur Website der AG Vöhringer: hier klicken |
„Das Emmy-Noether Stipendium ermöglichte mir die Rückkehr nach München und den Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe,“ so David Vöhringer. In München habe er seitdem wichtige Grundlagenarbeit geleistet. „Unsere erworbenen Kenntnisse über das angeborene Immunsystem können wir bestens für unser jetziges Projekt nutzen“, so Vöhringer. Nun brennt er erst einmal darauf, seine neuesten Forschungsideen in die Tat umzusetzen – schon jetzt weiß er, dass seine lieb gewonnenen Freizeitaktivitäten wie Klavierspielen oder der Chorgesang wegen des Arbeitspensums weiterhin zu kurz kommen. „Im Sommer finde ich wenigstens ab und zu am Wochenende etwas Zeit, mich auf mein Rennrad zu schwingen,“ hofft Vöhringer.
Autorin: Andrea van Bergen