Vitaminschub für Fische dank Sonnenbad
11.05.2011 -
Die veränderten Lebensumstände einer modernen Gesellschaft zeigen Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung in Deutschland. Fastfood und Bewegungsmangel führen zu Übergewicht und Adipositas. Der daraus resultierende Anstieg von ernährungsassoziierten Krankheiten, wie Diabetes, Herz-Kreislauf- und Tumorerkrankungen ist Besorgnis erregend. Vor diesem Hintergrund fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Entwicklung neuartiger und gesunder Lebensmittel. Im Rahmen des Verbundprojekts „Innovationen für den Ernährungssektor“ haben es die Forscher unter anderem auf das Vitamin D abgesehen, mit dem Menschen in Deutschland unzureichend versorgt sind. Mit verschiedenen Tricks wollen sie nun Fische noch vitaminreicher machen.
Eine Milliarde Menschen sind weltweit von einer Vitamin D-Unterversorgung betroffen. Auch Deutschland gehört zu den Ländern, in denen die Vitamin D-Versorgung völlig unzureichend ist. Schuld an dieser Unterversorgung: schlechte Ernährung und zu wenig Sonnenlicht. Denn prinzipiell besitzt der Mensch zwei verschiedene Möglichkeiten, seinen Bedarf an Vitamin D zu decken. Die erste Quelle ist die Sonne: Durch Bestrahlung mit UVB-Licht kann das Vitamin in der Haut selbst hergestellt werden. Doch moderne Zeiten drängen diese Art der Vitamin D-Versorgung zunehmend in den Hintergrund. Ein Großteil der Bevölkerung in den Industrieländern verbringt den Berufsalltag – aber auch die Freizeit - in geschlossenen Räumen. Zudem ist die Exposition mit Sonnenlicht in den Wintermonaten völlig unzureichend. Die Vitamin D-Spiegel erreichen deshalb am Ende der Wintermonate die niedrigsten Werte. Daher empfehlen Forscher wie Gabriele Stangl, Professorin am Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Universität Halle-Wittenberg, mindestens 30 Stunden pro Monat im Freien zu verbringen.
Zu wenig Fisch als Vitamin D-Lieferant
Nicht alle Menschen können diese Empfehlung umsetzen. So rückt die zweite Vitamin D-Quelle stärker in den Fokus: die Nahrung. Doch populäres Fastfood, wie Burger, Kebab, Pizza oder Pasta sind arm an Vitamin D. In nennenswerter Menge kommt es nur in wenigen Lebensmitteln vor. Dazu zählen Fettfische aus dem Meer wie Hering, Lachs und Makrele. Doch Fisch steht eher am unteren Ende der Speiseliste der Deutschen. Eine nationale Verzehrsstudie im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums offenbarte: Im Vergleich zum Fleischverzehr wird kaum Fisch gegessen. Nur etwas über 20 Gramm Fisch landen pro Person im Durchschnitt auf deutschen Tellern. So erreichen 82 Prozent der Männer und 91 Prozent der Frauen die empfohlene Dosis an Vitamin D nicht.
Die Ernährungs- und Lebensweise der Menschen in Deutschland ist also nicht an ihre Lebensumstände angepasst. Aus diesem Grund hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Verbundprojekt „Innovationen und neue Ideen für den Ernährungssektor" ins Leben gerufen. Im Rahmen des Projektes wollen Forscher aus Halle um Gabriele Stangl zusammen mit Kollegen vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam und dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg den Einfluss von Vitamin D auf bestimmte Krankheiten untersuchen: Evidente Studien sollen Zusammenhänge von Vitaminstatus in Verbindung mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufklären. Denn die Forscher vermuten, dass Vitamin D Risikofaktoren für Artherosklerose und Herzinfarkt deutlich verringern kann.
Der Osteoporose entgegenwirken
Über andere Funktionen von Vitamin D sind sich die Forscher schon lange im Klaren: „Vitamin D hat eine zentrale Bedeutung für unseren Calcium-Haushalt und damit für die Knochengesundheit“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Stangl. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gilt die Krankheit Osteoporose als „Epidemie des 21. Jahrhunderts“. Allein in Deutschland leiden 7,8 Millionen Menschen an Osteoporose. „Und mittlerweile wissen wir: Vitamin D stärkt nicht nur Knochen und Zähne, es könnte möglicherweise auch Krebs hemmen “, so Stangl. Aktuelle epidemiologische Zahlen zeigen, dass Menschen mit einem Vitamin D-Plasmaspiegel unter 20 Mikrogramm pro Liter ein 30 bis 50 Prozent höheres Risiko für Dickdarmkrebs, Prostatakrebs und Brustkrebs aufweisen.
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Mit etwa 1,5 Millionen Euro wird die Arbeit von Stangl und ihren Kollegen aus Potsdam und Heidelberg bis 2013 vom BMBF gefördert. Das größte Ziel des Forscherverbunds: Den Vitamin D-Gehalt in bestimmten Lebensmittel, wie in Fisch zu erhöhen. „Es gibt die Möglichkeit das Vitamin in das Futter der Fische beizumischen“, erklärt Stangl. Aber die vermeintlich einfachste Strategie hat einen möglicherweise gefährlichen Nachteil: „Man läuft dabei Gefahr, zuviel Vitamin D zu verabreichen.“ Bei extremer Überdosierung häuft sich in den Blutgefäßen Calcium an, das den Blutfluss gefährden kann.
UV-B-Licht im Fischzuchtbecken
Daher wir eine andere Strategie verfolgt. Die Forscher installieren UV-B-Licht-Strahler in Fischzuchtbecken. Dadurch wird die natürliche Produktion von Vitamin D in den Fischen angeregt. Erste Ergebnisse zeigten, dass eine dreiwöchige Bestrahlung mit UV-B-Licht für täglich zwei Stunden den Vitamin D-Gehalt um das Fünffache erhöhen kann. Der große Vorteil: „Eine Überdosierung kann so nicht eintreten. Der Organismus der Fische reguliert die Vitamin D-Produktion, so dass das Vitamin ihm selbst nie schadet“, so Projektkoordinatorin Stangl. Mit dem Institut für Binnenfischerei in Potsdam-Sacrow überlegen die Forscher nun, ob dieses Prinzip in Aquakulturen umsetzbar sein könnte. Darüber hinaus spielt auch die Klarheit der Gewässer eine wichtige Rolle. Denn je klarer das Wasser ist, desto mehr UV-B-Licht erreicht die Fische. Auch hier arbeiten die Forscher an Ideen, damit Fische mehr Sonnenlicht ausgesetzt werden.
Stangls Überlegungen gehen bereits über die Fischbecken hinaus: „Der Fisch ist nur der Anfang. Möglicherweise lässt sich das Prinzip mit dem UV-B-Licht auch auf Legehennen in Käfighaltung anwenden.“ Ihre Vorstellung: ein Frühstücksei mit einer Extraportion Vitamin D. Vielleicht eine Alternative für all jene, die weiterhin ein Steak gegenüber Fisch bevorzugen.