Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Mit Biotechnologie gegen Krebs

<ic:message key='Bild vergrößern' />
Im Größenvergleich: Krebszelle (hinten) und gesunde Zelle Quelle: Eye of Science

Schon seit Jahrzehnten stecken öffentliche und private Investoren Millionen-Beträge in die Erforschung von Krebserkrankungen, doch ein Heilmittel ist bislang nicht gefunden. Wie schwer der Kampf gegen Krebs ist, verdeutlicht ein Blick auf die Statistik: Noch immer zählen viele der insgesamt 300 Krebsarten zu den häufigsten Todesursachen. Dennoch gibt es Grund zur Hoffnung. Je mehr die molekularen Details der Krebsentstehung verstanden werden, umso zielgerichteter lassen sich neuartige Medikamente entwickeln. Dies zeigte sich auch beim Deutschen Krebskongress, der vom 20. bis 23. Februar 2008 in Berlin stattfand. Die medizinische Biotechnologie spielt dabei eine entscheidende Rolle und ist inzwischen zunehmend zum Motor beim Kampf gegen Krebs geworden:  Sie steht Pate für eine ganze Reihe von Ansätzen, Krebszellen zu stoppen und zu vernichten. Mehr als 20 Krebsmedikamente befinden sich  derzeit allein bei deutschen Biotech-Firmen in der klinischen Entwicklung.

Medikamentenkosten im Visier: Teure Krebstherapien auf dem Prüfstand

Biopharmazeutika wie therapeutische Antikörper sind zwar im Vergleich zu chemischen Wirkstoffen hochspezifisch in ihrer Wirkung, aber auch sehr kostenintensiv in ihrer Herstellung. Ähnlich wie bei allen neuen Medikamenten ist die Entwicklungsphase zudem oft von Misserfolgen gekrönt. So kann sich ein Wirkstoff, der in Studien bei Tieren große Hoffnungen geweckt hat, beim Menschen schnell als völlig wirkungslos erweisen. Von rund 10 000 Substanzen, die im Labor erforscht werden, schaffen es durchschnittlich gerade mal zehn neue Wirkstoffe in die Phase der klinischen Versuche, also der Erprobung am Menschen. Davon übersteht wiederum nur eine Substanz alle klinischen Studien und wird als Medikament zugelassen. Ein Medikament, das die Marktzulassung erreicht, hat in der Regel acht bis zwölf Jahre intensive Entwicklungsarbeit und Millionen an Investitionen hinter sich. Eine Studie der Bostoner Tufts University schätzte die Kosten für die Entwicklung neuartiger Medikamente mittlerweile auf 800 Millionen Dollar. So unterscheiden sich auch die Herstellungskosten beträchtlich. Während chemische Wirkstoffe in der Regel synthetisch hergestellt werden und weniger als einen Euro pro Gramm kosten, müssen Antikörper in teuren Säugetierzellen erzeugt werden, damit sie ihre Funktionalität für den Menschen nicht verlieren. Diese Produktionsbedingungen sind so aufwendig, dass eine Verabreichungsdosis eines Antikörperpräparates schnell hunderte oder sogar tausende an Euros verschlingen kann (s. Tabelle). Gibt es zudem auch noch keine Konkurrenz für den Wirkstoff, schnellt der Preis noch mal in die Höhe.


Monatliche Kosten von Blockbustermedikamenten in Amerika

ProduktIndikationKosten pro Monat
ZevalinLymphome24.000 US Dollar
ErbituxDarmkrebs10.000 US Dollar
AvastinDarmkrebs4.400 US Dollar
GleevecLeukämie2.200 US Dollar

Quelle: Brand Eins (2006)


Auch in Deutschland stehen die Kosten von innovativen Therapien häufig im Mittelpunkt gesundheitspolitischer Diskussionen, die durch Einführung einer Kosten-Nutzen Analyse  verschärft wird. Wird ein Präparat vom Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) oder durch die europäischen Zulassungsbehörde EMEA (European Medicines Evaluation Agency) in Deutschland zugelassen, entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-Ba) darüber, ob die gesetzlichen Kassen dafür aufkommen sollen. Im Zuge der Gesundheitsreform wurde im Jahr 2003 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) gegründet. Im Auftrag des G-Ba hat das IQWiG die Aufgabe, das in Deutschland nie zuvor geprüfte Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Erstattung von neuen und bereits zugelassenen Medikamenten zu hinterfragen. Ziel ist es, die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel, im Jahr 2006 lagen diese immerhin bei über 25 Milliarden Euro, zu begrenzen.


Kosten von Blockbustermedikamenten in Deutschland (2005)

ProduktIndikationKosten
MabTheraLymphome15.300 Euro1
MabCampathLeukämie9.000 Euro1
ErbituxDarmkrebs6.300 Euro1
GlivecLeukämie6.070 Euro2
AvastinDarmkrebs4.650 Euro1
HerceptinBrustkrebs4.800 Euro1
TarcevaLungenkrebs2.223 Euro2

1Sechs Wochen, 2Vier Wochen
Quelle: Rüdiger Strehl, Finanzierungsprobleme der modernen Krebsmedizin in Deutschland, Verband der Universitätskliniken/UKT, 2006


Kosten-Nutzen-Analysen gehören in anderen europäischen Ländern längst zu den Erstattungsvoraussetzungen durch die öffentliche Hand. So wurde gerade im Januar 2007 der Firma Merck die Erstattung ihres Krebsmedikaments Erbitux® durch die britische Gesundheitsbehörde NICE verweigert, die ähnlich wie das IQWiG auch die Kosten-Effektivität von Therapien für den staatlichen Gesundheitsdienst prüft. Patienten-Gruppen warfen der Behörde daraufhin vor, sie würden Patienten im staatlichen Gesundheitswesen den Zugang zu modernen - aber teuren - Krebsbehandlungen verwehren. Als Folge von mittlerweile 22 Überprüfungen durch das IQWiG werden bereits einige Medikamente auch in Deutschland nicht mehr von den gesetzlichen Kassen übernommen. Vor allem Arzneimittel gegen verbreitete Krankheiten wie Diabetes oder Hypertonie werden genau auf ihre Kosten-Nutzen-Relation überprüft. Im Focus der Qualitätssicherer sehen Analysten dabei auch teure Spezialmedikamente wie sie zunehmend bei Krebstherapien und bei großen Patientengruppen Anwendung finden. Nach Markforschungsdaten von Insight Health verzeichnen diese Medikamente in Deutschland zweistellige Wachstumsraten und werden aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung der Bevölkerung als besonders lukrativ eingeschätzt.

 

Hintergrund

Umfangreiche Informationen zum Thema Krebs gibt hier:

Krebsinformationsdienst des DKFZ: www.krebsinformationsdienst.de

Deutsche Krebsgesellschaft: www.krebsgesellschaft.de

Deutsche Krebshilfe: www.krebshilfe.de

Übersicht über die in Deutschland zugelassenen gentechnisch hergestellten Arzneimittel (VFA): hier klicken

Downloads

Krebs in Deutschland 2003-2004: Häufigkeiten und Trends

Robert-Koch-Institut/ Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. Download PDF (4,7 MB)