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Mit Biotechnologie gegen Krebs

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Im Größenvergleich: Krebszelle (hinten) und gesunde Zelle Quelle: Eye of Science

Schon seit Jahrzehnten stecken öffentliche und private Investoren Millionen-Beträge in die Erforschung von Krebserkrankungen, doch ein Heilmittel ist bislang nicht gefunden. Wie schwer der Kampf gegen Krebs ist, verdeutlicht ein Blick auf die Statistik: Noch immer zählen viele der insgesamt 300 Krebsarten zu den häufigsten Todesursachen. Dennoch gibt es Grund zur Hoffnung. Je mehr die molekularen Details der Krebsentstehung verstanden werden, umso zielgerichteter lassen sich neuartige Medikamente entwickeln. Dies zeigte sich auch beim Deutschen Krebskongress, der vom 20. bis 23. Februar 2008 in Berlin stattfand. Die medizinische Biotechnologie spielt dabei eine entscheidende Rolle und ist inzwischen zunehmend zum Motor beim Kampf gegen Krebs geworden:  Sie steht Pate für eine ganze Reihe von Ansätzen, Krebszellen zu stoppen und zu vernichten. Mehr als 20 Krebsmedikamente befinden sich  derzeit allein bei deutschen Biotech-Firmen in der klinischen Entwicklung.

Krebs und seine Gesichter: Übersicht über die wichtigsten Ursachen

Die Entstehung einer Krebskrankheit beruht in der Regel nicht nur auf einer einzigen Ursache, sondern aus dem Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die im Laufe eines Lebens in vielfältiger Weise zusammenwirken. Was alle Tumore gemeinsam haben: Sie gehen auf krankhafte Veränderungen von Genen zurück, die eine gesunde Zelle Schritt für Schritt in eine unkontrolliert wachsende Krebszelle umwandeln. Als ein wesentlicher Auslöser für dieses Wachstum werden nicht wieder zu reparierende Schäden in bestimmten Klassen von Genen gesehen, den Proto-Onkogenen, Tumorsuppressor-Genen und Reparaturgenen. Sowohl Proto-Onkogene als auch Tumorsuppressor-Gene kommen in allen gesunden Körperzellen vor und regulieren dort Zellwachstum und Zellreifung. Während Proto-Onkogene dabei das Zellwachstum fördern, wird es durch Tumorsuppressor-Gene unterdrückt. Verliert dieses genetische Kontrollsystem seine Balance, gerät das Zellwachstum aus dem Gleichgewicht und es entsteht ein Tumor.

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Immunfluoreszentrische Aufnahme einer sich teilenden menschlichen Zelle. Die Chromosomen sind blau, die Mikrotubuli der Teilungsspindel grün und die beiden Zentrosomen orange eingefärbt.Quelle: Max-Planck-Institut für Biochemie

Immunfluoreszenzmikroskopische Aufnahme einer sich teilenden menschlichen Zelle. Die Chromosomen sind blau, die Mikrotubuli der Teilungsspindel grün und die beiden Zentrosomen orange eingefärbt.

Quelle: Max-Planck-Institut für Biochemie

Die Aufgabenverteilung dieser beiden Gengruppen kann mit der Funktionsweise eines Autos verglichen werden: Die Proto-Onkogene sind in diesem Bild das Gaspedal, die Tumorsuppressorgene die Bremse. Wird das Gaspedal zu fest gedrückt (z.B. durch Mutation eines Proto-Onkogens zu einem Onkogen) oder versagen die Bremsen (z.B. durch Mutation eines Tumorsuppressorgens), gerät der Wagen (die Zelle) außer Kontrolle. Dabei gerät aber nicht nur das Wachstum und die Zellteilung durcheinander, sondern es geht auch die Fähigkeit zum programmierten Zelltod (Apoptose) verloren. Der Prozess der Apoptose bezeichnet ein Notprogramm, mit dem eine Zelle aktiv Selbstmord begehen kann - entweder weil sie mit einem Virus infiziert ist oder weil sie durch Umwelteinflüsse so geschädigt ist, dass ein Überleben nicht mehr möglich ist. Oft haben Tumorzellen aber genau diese Fähigkeit verloren, weshalb sie sich unkontrolliert teilen können. Die wachsenden Tumore zerstören dabei das umliegende gesunde Gewebe. Durch Ablösung einzelner Tumorzellen, die sich über das Blut oder das Lymphsystem im Körper verbreiten, können in anderen Organen zudem Tochtergeschwülste, so genannte Metastasen, entstehen. Von der Art und auch der Lage eines Tumors hängt es ab, wie gefährlich eine Krebserkrankung ist.

Dieser kurze Film veranschaulicht die Definition von Krebs Lightbox-Link
Dieser kurze Film veranschaulicht die Definition von Krebs Quelle: Roche, Health Kiosk, 2003

Dieser kurze Film erklärt anschaulich die Definition von Krebs. Quelle: Roche, Health Kiosk, 2003)


Genetischen Ursachen auf der Spur


In etwa fünf bis zehn Prozent der Fälle beruht die Krebserkrankung auf einer angeborenen genetischen Veranlagung, bei der Onkogene, Tumorsuppressor-Gene oder DNA-Reparaturgene bereits vorgeschädigt sind und spontan zur Tumorentstehung führen können. Da die Forschung in der Genomforschung in den vergangenen Jahren enorm schnell voranschreitet, werden fast monatlich neue Gene entdeckt, die offenbar bei den verschiedensten Krebsarten eine Rolle spielen.


Krebsauslösende Substanzen in der Umwelt

Neben genetischen Risikofaktoren können aber auch Umweltfaktoren (karzinogene Substanzen) zu krebsauslösenden Veränderungen der Gene führen. Besonders hervorzuheben ist dabei das Zigarettenrauchen, das zwischen einem Viertel und einem Drittel aller Krebstodesfälle verursacht. Mindestens ebenso bedeutend dürften laut Robert-Koch-Studie falsche Ernährungsweisen wie die momentan viel diskutierte allgemeine Überernährung, ein zu hoher Anteil tierischen Fetts und ein zu geringer Anteil an Obst und Gemüse sein. Auch Aflatoxine (Schimmelpilzgifte) zählen zu den krebserregenden Substanzen, weshalb angeschimmelte Nahrungsmittel nicht gegessen werden sollten. Weitere Risikofaktoren sind chronische Infektionen durch Viren oder Bakterien, zu hoher Alkoholkonsum und Einflüsse aus der Umwelt, beispielsweise die ultraviolette Strahlung des Sonnenlichts oder Feinstaub aus Auto- und Industrieabgasen sowie Passivrauchen in Innenräumen. Welche Rolle Umweltfaktoren im Zusammenspiel mit genetischen Grundlagen spielen, ist derzeit eine der meistuntersuchten Fragen in der Krebsforschung. Um diese zu klären, werden oft große Patientengruppen mit gesunden Personen verglichen, um die wichtigsten Einflusse gezielt herauszufiltern und darauf aufbauend neue Diagnose- oder Therapieverfahren zu entwickeln.

BMBF-Förderprogramm GenoMik-Plus: Tricks der Mikroorganismen nutzenLightbox-Link

Mikrorganismen sind nicht nur nützliche, sondern auch krankheitsauslösende Bewohner des Menschen. Dieser gefährlichen Doppelrolle sind Wissenschaftler im europäischen Netzwerk "ERA-NET PathoGenomics" auf der Spur. Krebs ist dabei eine der erforschten Krankheiten.

Mehr Informationen


Viren und Bakterien als Krebsauslöser


Neben den Genen oder der Umwelt spielen auch Viren als Krebsauslöser eine Rolle. Beispiele hierfür ist der Leberzellkrebs, der unter anderem durch Hepatitis-Viren ausgelöst werden kann, oder der Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom), welcher durch bestimmte Gruppen von humanen Papillomaviren verursacht wird. Darüber hinaus können auch bakterielle Entzündungsreaktionen zur Krebsentstehung beitragen, wie sie durch das Bakterium Helicobacter pylori beim Magenkrebs verursacht werden.

Neue Theorie in der Diskussion: Krebs-Stammzellen als Ursache

Zu einer weiteren heiß diskutierten Theorie der Krebsentstehung in der modernen Krebsforschung gehören die so genannten Krebsstammzellen. Bisher wird vermutet, dass sie aus adulten Stammzellen entstehen, die sich in geringer Zahl in jedem Organ des Menschen befinden und normalerweise der Regeneration von geschädigtem Gewebe dienen. Der kanadische Wissenschaftler John Dick, einer der Pioniere auf diesem Gebiet, entdeckte Ende der 90er Jahre, dass entgegen seiner Erwartungen nur wenige Krebszellen, die er von kranken auf gesunde Mäuse übertrug, zu einer erneuten Tumorbildung führten. Diese Krebsstammzellen zeigten große Ähnlichkeit mit adulten Stammzellen, weshalb viele Wissenschaftler vermuten, dass sich aus diesen Stammzellen Krebsstammzellen entwickeln können, die als Ursprung von Tumoren dienen und im Kern der Geschwulst das Wachstum vorantreiben. Dies würde auch erklären, warum beispielsweise im Gehirn aggressive Tumore wie das Glioblastom entstehen können, obwohl es dort eigentlich keine sich vermehrenden Zellen gibt. Inzwischen konnten Krebsstammzellen in Tumoren von Brust, Bauchspeicheldrüse, Leber, Lunge, Prostata und Dickdarms nachgewiesen werden. Anhand dieser Befunde wird nun auch nicht mehr die Möglichkeit ausgeschlossen, dass Krebsstammzellen für eine Wiederkehr einer vermeintlich geheilten Krebserkrankung verantwortlich sind – offenbar können ihnen die bisherigen Behandlungsmethoden nichts anhaben, so dass sie das Tumorwachstum erneut starten können.

Otmar Wiestler, wissenschaftlicher Vorstand des DKFZ in Heidelberg, hält die Krebsstammzellen-Theorie für belegt und glaubt, dass zahlreiche Tumore aus adulten Stammzellen entstehen, deren genetische Programmierung aus dem Ruder gelaufen ist. Mit Hilfe der Deutschen Krebshilfe ist im Jahr 2006 ein Verbundprojekt gestartet, mit dem die Arbeit an Krebsstammzellen mit drei Millionen Euro zusätzlich unterstützt wird. Noch steht die Erforschung der Krebsstammzellen allerdings ganz am Anfang, da insbesondere die Kultivierung derartiger Zellen ein bislang ungelöstes Problem darstellt, aber eine Voraussetzung für weitere Untersuchungen ist. Wittener Immunologen um Thomas Dittmar gelang dieses Jahr mit der Verschmelzung von Brustkrebszellen und Bruststammzellen hierzu eine Alternative, mit der die Wissenschaftler die Rolle von Stammzellen bei einer Krebserkrankung nun näher untersuchen können.

 

Hintergrund

Umfangreiche Informationen zum Thema Krebs gibt hier:

Krebsinformationsdienst des DKFZ: www.krebsinformationsdienst.de

Deutsche Krebsgesellschaft: www.krebsgesellschaft.de

Deutsche Krebshilfe: www.krebshilfe.de

Übersicht über die in Deutschland zugelassenen gentechnisch hergestellten Arzneimittel (VFA): hier klicken

Downloads

Krebs in Deutschland 2003-2004: Häufigkeiten und Trends

Robert-Koch-Institut/ Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. Download PDF (4,7 MB)