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Malaria-Impfung: Etappenziel erreicht

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Der neue Wirkstoff mobilisiert das Immunsystem gegen Malaria-Erreger im Sporozoiten-Stadium. Quelle: vfa

13.11.2012  - 

Ein erster großer klinischer Test mit einem neuen Malaria-Impfstoff für Kinder ist erfolgreich verlaufen. Immerhin ein Drittel der Geimpften konnte mit dem Mittel vor einer Infektion geschützt werden, berichten Wissenschaftler in der Fachzeitschrift New England Journal of Medicine (2012, Online-Vorabveröffentlichung). Um die gefährliche Tropenkrankheit auszurotten, ist das Schutzniveau jedoch noch zu gering. Die in der weltweiten Malaria Vaccines Iniative (MVI) zusammengeschlossenen Mediziner und Pharmazeuten hoffen auf weitere Fortschritte. An der Erprobung sind auch deutsche Tropenmediziner vom Universitätsklinikum Tübingen beteiligt. 

Bisher waren alle Versuche vergeblich, einen Impfstoff gegen Malaria zu entwickeln. Das liegt auch an dem komplexen Lebenszyklus der Erreger, Einzeller der Gattung Plasmodium (mehr…). Übertragen werden die krankmachenden Kleinstlebewesen durch einen Stich der Anopheles-Mücke. So gelangen sie zunächst in die menschliche Blutbahn, wandern dann in die Leber, um sich dort zu vermehren. Danach nisten sie in roten Blutkörperchen ein und vermehren sich in der Blutbahn unkontrolliert weiter. Gleichzeitig durchläuft der Erreger einen Reifeprozess – und kann so die körpereigene Immunabwehr immer wieder austricksen. Je nachdem, wo sich die Plasmodien in welchem Stadium verstecken, sind an ihrer Oberfläche ganz unterschiedliche Strukturen präsent. Auf den sich ständig verändernden Angreifer kann das Immunsystem jedoch nicht schnell genug reagieren. 

Die Tübinger Wissenschaftler arbeiten eng mit dem Krankenhaus in Lambaréné, Gabun zusammen.Lightbox-Link
Die Tübinger Wissenschaftler arbeiten eng mit dem Krankenhaus in Lambaréné, Gabun zusammen.Quelle: Universitätsklinikum Tübingen

Wandelbarer Erreger erschwert Impfstoffentwicklung

Die enorme Bandbreite der Erkennungsstrukturen für Antikörper, der sogenannten Antigene, verhinderte bisher auch den Erfolg bei der Impfstoffentwicklung. „Wir haben in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht in unserem Kampf gegen Malaria, aber die Krankheit ist immer noch für den Tod von 655.000 Menschen im Jahr verantwortlich“, berichtet Salim Abdulla vom Ifakara Health Institute in Tansania. „Eine effektive Malaria-Impfung wäre eine willkommene Ergänzung unserer Möglichkeiten.“ Gerade Kinder sind häufig die Hauptleidtragenden der gefährlichen Tropenkrankheit. Bei ihnen verläuft die Infektion häufig tödlich, so dass sie von einer Impfung besonders stark profitieren würden.  

In Impfstoffen sind in der Regel mehrere Antigene zusammengestellt, welche die körpereigene Abwehr gezielt auf einen späteren Angriff der Erreger vorbereiten sollen. Doch wie soll das Immunsystem gegen etwas trainiert werden, das jedes Mal anders aussieht? Versuche gab es bei der Malaria-Impfung genug: Allein die von der Europäischen Kommission unterstützte European Malaria Vaccine Initiative (EMVI) hat 16 verschiedene Malaria-Antigene entdeckt. Daraus sind 13 verschiedene Formulierungen für Malaria-Impfstoffe entstanden, die derzeit pharmakologisch oder bereits in Studien getestet werden. Erst im vergangenen Jahr entdeckten deutsche Wissenschaftler, dass möglicherweise auch eine Antibiotika-Behandlung langfristig vor einer Neuinfektion schützen kann (mehr…). Der jetzt erfolgreich in einer zulasssungsrelevanten Phase III-Studie erprobte Impfstoff RTS,S/AS02A (Mosquirix™) zielt darauf ab, die Malaria-Infektion gleich zu Beginn zu stoppen (mehr…). Hersteller ist der britsche Pharmakonzern GlaxoSmithKline. Der neue Impfstoff soll die Plasmodien daran hindern, in die Leber einzudringen. Dafür enthält die Vakzine als Antigen das Circumsporozoit-Protein CSP, ein Oberflächenprotein des Erregers Plasmodium falciparum. Zwei weitere Eiweiße von Hepatitis B-Erregern verstärken die Immunantwort zusätzlich. Das Problem: Die Plasmodien produzieren CSP nur, bevor sie in die Leber eindringen. Danach sind sie für das Immunsystem wieder unsichtbar. In Folge 102 von biotechnologie.tv geht es auch darum, wie Hamburger Tropenmediziner mit der 4D-Technik den Malaria-Erreger erforschen.Quelle: biotechnologie.tv

Impfstoff senkt Erkrankungsrate um ein Drittel

Trotzdem reicht diese Zeit offenbar aus, um zumindest einen Teilschutz zu erreichen, das zeigen die Daten der Studie mit 6.537 Kindern. Insgesamt elf Studienzentren in sieben afrikanischen Ländern sind an dem Projekt beteiligt. Darunter auch das Albert-Schweitzer-Hospital in Lambaréné in Gabun, welches von Tübinger Tropenmedizinern mitbetreut wird. Die Ärzte um Institutsdirektor Peter Kremsner verabreichten den an der Studien teilnehmenden Kindern entweder den RTS,S-Wirkstoff oder zum Vergleich eine bereits zugelassene Schutzimpfung gegen Meningokokken. Die Impfung senkte die Zahl der Malaria-Erkrankungen bei den zwischen sechs und zwölf Wochen alten Kindern um 31 Prozent. Da die meisten der Studienteilnehmer (86 Prozent) zusätzlich mit Insektiziden besprühte Moskitonetze verwendet haben, ist klar, dass die RTS,S-Impfung einen über die bisherigen Maßnahmen hinaus reichenden Schutz gewährte.

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Hohe Erwartungen nicht ganz erfüllt

Zum ersten Mal überhaupt hat damit ein Malaria-Wirkstoff eine klinische Phase III-Studie – die letzte Hürde vor einer möglichen Zulassung – überwunden. Trotzdem bleibt die Freude etwas getrübt. Denn die in ihn gesetzten hohen Erwartungen konnte RTS,S nicht ganz erfüllen. Einer der Hauptgeldgeber der Studie, Microsoft-Gründer Bill Gates von der Bill und Melinda Gates Stiftung, konstatierte: „Die Wirksamkeit war geringer als wir erhofft hatten. Allerdings ist die Entwicklung eines Impfstoffs gegen einen Parasiten wie Plasmodium falciparum eine äußerst knifflige Sache.“ Eine Zwischenauswertung der Studie im vergangenen Jahr ließ zunächst eine Wirksamkeit von bis zu 50 Prozent erwarten (mehr…). Für eine Ausrottung der Krankheit wäre selbst das aber noch nicht genug gewesen. Ob das jemals gelingen kann, sehen Experten skeptisch. Unruhen und Naturkatastrophen schaffen immer wieder Situationen, die zu Malariaepidemien führen können. Schon 2010 zeigte sich Kremsner in einem Gespräch mit der Financial Times Deutschland trotzdem optimistisch, die Malaria „mit ausreichend finanziellen Mitteln innerhalb von wenigen Jahren auf ein Zehntel der heutigen Fällen senken“ zu können. Ein erster Schritt ist jetzt gemacht.

© biotechnologie.de/bk

 

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