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Zentralarchiv für Zebrafische bezugsfertig

Ein Zebrafischweibchen. Die Fische werden ungefähr fünf Zentimeter groß. Weil die Tiere in ihrer frühen Entwicklung nahezu transparent sind und sich genetisch leicht verändern lassen, sind Zebrafische bei Entwicklungsgenetikern sehr beliebt. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Weil Zebrafische in ihrer frühen Entwicklung nahezu transparent sind und sich genetisch leicht verändern lassen, sind Zebrafische bei Entwicklungsgenetikern sehr beliebt. Quelle: Azul/Wikimedia commons

19.07.2012  - 

Neues Domizil mit 3.000 Aquarien: In Karlsruhe wurde am 18. Juli das erste europäische Zentralarchiv für Zebrafische eröffnet. Die bei Entwicklungsbiologen beliebten Modelltiere existieren in hunderten Stämmen, bisher fehlte aber ein zentrales Depot für die Tiere. Mit dem Europäischen Zebrafisch-Ressourcenzentrum (EZRC) hat das  Karlsruher Institut für Technologie (KIT) nun erstmals eine zentrale Sammlung für solche Stämme errichtet. Finanziert wird die genetische Schatzkammer durch das Biointerfaces-Programm der Helmholtz-Gemeinschaft und die Klaus-Tschira-Stiftung. Wie biotechnologie.de erfuhr, soll hier demnächst auch die Stammsammlung der Tübinger Nobelpreisträgerin und Zebrafisch-Pionierin Christiane Nüsslein-Volhard eine Bleibe finden.  

Die ursprünglich aus Indien stammenden Zebrabärblinge, umgangssprachlich Zebrafische, sind bei Aquariumsbesitzern und  Entwicklungsbiologen gleichermaßen beliebt. „Sie sind robust, klein und vermehren sich schnell“, sagt Uwe Strähle, Entwicklungsbiologe am KIT. Da viele Organsysteme des Zebrafisches denen des Menschen ähneln, ist das Tier in der Wissenschaft ein gern genutzter Modellorganismus. Zudem verfügt der gerade fünf Zentimeter große Fisch aus der Familien der Karpfen über erstaunliche Selbstheilungskräfte (mehr...).biotechnologie.tv: Folge 3 „Ein durchtrenntes Rückenmark, Herz- und Nierenverletzungen oder ein zerstörter Sehnerv reparieren sich bei ihnen von selbst“, beschreibt Strähle weiter. „Und dabei erlangen sie die volle Organfunktion zurück.“ Sogar Teile des Gehirns kann der Zebrafisch selbst regenerieren (mehr...).

An Zebrafischen werden weltweit die Ursachen von Krebs, Herzkrankheiten und Verhaltensstörungen untersucht, und die Wirkung von Medikamenten getestet. Grund: Die Eier der Tiere sind transparent und entwickeln sich außerhalb des Körpers der Mutter. Forscher können so beim Embryo oder der ebenfalls durchsichtigen Larve die Entwicklung der Organe beobachten, ohne die Tiere zu verletzen, zudem lässt sich der Fisch auch leicht genetisch verändern.

Genetische Schätze müssen im Aquarium gehortet werden

In den vergangenen Jahren haben Labors alleine in Europa tausende von Zebrafisch-Stämmen erzeugt. Jeder von ihnen trägt entweder eine bestimmte Veränderung in der Erbinformation oder einen fluoreszierenden Marker, der ein bestimmtes Gewebe kennzeichnet. Fische als Träger einer bestimmten Mutation können als Modell für eine Krankheit dienen. Die Herausforderung für die Biologen: Fische als Träger einer bestimmten Mutation müssen kontinuierlich weitervermehrt werden, sonst geht der Stamm und damit ein genetischer Schatz verloren. Dadurch entsteht für jedes Zebrafischlabor über die Jahre ein enormer logistischer Aufwand. Kompliziert ist es auch, wenn sich Forscher aus aller Welt für eine bestimmte Fischmutante interessieren und mit dieser arbeiten wollen. Ein zentrales Archiv zur Haltung und Verteilung der Fische gab es bisher jedoch nicht.

Zebrafischstämme müssen kontinuierlich in Aquarien vermehrt werden, damit ihre genetische Ressourcen auch künftigen Forschergenerationen zur Verfügung stehen.Lightbox-Link
Zebrafischstämme müssen kontinuierlich in Aquarien vermehrt werden, damit ihre genetischen Ressourcen auch künftigen Forschergenerationen zur Verfügung stehen.Quelle: Martin Lober
 Berühmte Fischsammlung

Diese Rolle soll jetzt das EZRC übernehmen. Den Grundstock bilden aktuell 400.000 Fische, Exemplare aus mehreren hundert verschiedenen Stämmen. Darunter finden sich nach Angaben des KIT Fische mit Pigmentmutanten wie Casper, bei der die erwachsenen Fische transparent sind, außerdem zahlreiche Stämme, bei denen bestimmte Organe fluoreszenzmarkiert sind. Die meisten Tiere kommen derzeit aus Beständen des KIT, doch das Interesse im Ausland sei gewaltig, sagt Robert Geisler, Wissenschaftlicher Koordinator des Zentrums: „Wir haben auch schon Stämme aus den USA und England importiert und es gibt zahlreiche Anfragen bezüglich Einsendungen. Eine größere Einsendung haben wir aus Singapur bekommen“, erläuterte er gegenüber biotechnologie.de.

Eine besondere Sammlung erwartet das KIT im kommenden Jahr: Die Zebrafischstämme aus den Labors der Medizin-Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard, die als Pionierin auf dem Gebiet der Zebrafisch-Forschung gilt. Die Entwicklungsbiologin sprach auch auf der Eröffnung den EZRC. Die von ihr gezüchteten Mutanten befinden sich derzeit im Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen, wo die 69-jährige Wissenschaftlerin Direktorin der Abteilung Genetik ist. Der Transfer der Tübinger Fischstämme ist nach Angaben des KIT voraussichtlich für 2013 geplant. Das EZRC verfügt über mehr als 3.000 Aquarien für die Haltung lebender Fische sowie über Gefriertruhen für circa 80.000 Spermaproben.

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Europäisches Kooperationsprojekt

Darüber hinaus fungiert das Zentrum als erstes Zebrafisch-Screening-Zentrum weltweit: Es erlaubt Gastwissenschaftlern systematische Forschungen an seiner Stammsammlung und stellt Technologien wie die Hochdurchsatz-Synthese von Wirkstoffkandidaten für die Medikamentenentwicklung, Genomsequenzierung, sowie Robotik und Software für Probenhandling, Mikroskopie und Bildanalyse bereit. So besteht eine enge wissenschaftliche Zusammenarbeit mit dem bislang einzigen Zebrafisch-Ressourcenzentrum ZIRC in Eugene, Oregon, dessen Stämme die europäischen Wissenschaftler in Zukunft ebenfalls über das KIT erhalten können. Eine direkte Lieferung aus den USA ist Geisler zufolge „aus Kostengründen kaum praktikabel.“

Wichtigster Kooperationspartner des neuen Zebrafisch-Archivs wird jedoch das Sanger-Institut im britischen Hinxton sein, wie Geisler erzählt. „Es hat ein Projekt zur systematischen Ausschaltung der meisten proteinkodierenden Gene im Zebrafisch begonnen. Wir werden diese Knock-Out-Fischstämme in Europa verteilen und auch bei uns phänotypisieren.“ Die systematische Untersuchung dieser Knock-Out-Fischstämme ist auch eines der wesentlichen Ziele des EU-Kooperationsprojektes „ZF-HEALTH – Zebrafisch-Regulomik für die menschliche Gesundheit“. Dem Projekt des 7. Forschungsrahmenprogramms gehören neunzehn Partner in acht Ländern an. Es läuft seit 1. Juli 2010, voraussichtlich über einen Zeitraum von fünfeinhalb Jahren, und wird ebenfalls am KIT koordiniert.

Das EZRC wird durch das Biointerfaces-Programm der Helmholtz-Gemeinschaft gefördert. In diesem Programm verfolgen Lebenswissenschaftler, IT-Spezialisten, Ingenieure und Mathematiker das Ziel, lebende Systeme zu steuern. 1,5 Millionen Euro über drei Jahre verteilt gibt außerdem die Klaus-Tschira-Stiftung, eine der größten gemeinnützigen Stiftungen Europas. Die private Stiftung fördert nicht nur naturwissenschaftliche Forschung, sondern engagiert sich auch in den Bereichen Wissenschaftskommunikation und  Naturwissenschaften für Kinder, und betreibt unter anderem das Haus der Kleinen Forscher in Berlin.

© biotechnologie.de/ck

 

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