Wochenrückblick KW 21

29.05.2012

Lebenden Zellen vollautomatisch auf der Spur

Ein Team um Bioinformatiker Daniel Gerlich hat eine neue Methode entwickelt, mit der sich mikroskopische Bilder von lebenden Zellen vollautomatisch analysieren und auswerten lassen.

Daniel Gerlich hat mit seiner Gruppe eine neue Methode zur vollautomatischen Auswertung von Mikroskopie-Bildern entwickelt.Lightbox-Link
Daniel Gerlich hat mit seiner Gruppe eine neue Methode zur vollautomatischen Auswertung von Mikroskopie-Bildern entwickelt.Quelle: IMBA
Der gebürtige Hesse und sein Team vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften berichten im Fachjournal Nature Methods (2011, Online-Vorabveröffentlichung) über ihr Verfahren. Bisher kam bei der Auswertung mikroskopischer Aufnahmen vor allem das so genannte Supervised Machine Learning zum Einsatz. Dabei werden einem Computer von Wissenschaftlern genaue Kriterien vorgegeben, nach denen dieser dann die bis zu mehrere Millionen Bilder pro Experiment umfassenden Daten sortiert. Gerlichs Ansatz geht weiter: Bei der von ihm entwickelten Methode muss keine Kategorisierung durch einen Forscher mehr durchgeführt werden. Vielmehr identifiziert der Computer selbstständig die notwendigen Kriterien, nach denen die Bilder zugeordnet werden müssen. Dieses neue Verfahren nennt sich Unsupervised Machine Learning und birgt entscheidende Vorteile im Vergleich zum älteren Modell: Ohne den menschlichen Einfluss ist eine höhere Objektivität ebenso gewährleistet wie eine bessere Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Außerdem ist auch die Zeitersparnis nicht zu verachten. So könne sich der Biologe auf das Aufstellen von Hypothesen und Entwickeln von Experimenten konzentrieren, sagt Daniel Gerlich.

Mehr auf biotechnologie.de

Menschen: Daniel Gerlich: Ein Biologe ohne Scheuklappen

Menschen: Christoph Kaleta: Aus Bakterien werden Daten

Der Pionier auf dem Gebiet der automatisierten Mikroskopie lebender Zellen setzt die Technologie auch beim Thema Zellteilung ein: Mit der Vorgabe, die Teilung der Zelle in sechs Phasen zu unterscheiden, konnte das System selbstständig die strukturellen Veränderungen während des Teilungsprozesses erkennen und ähnlich aussehende Bilder den einzelnen Teilungsphasen zuordnen, so Gerlich. Das größte Problem vollautomatisierter Zellerkennung – die hohe Variabilität der Zellstrukturen – lösten Gerlich und seine Gruppe, indem sie eine Zeitkomponente einfügten. Es werden also keine isolierten Bilder mehr betrachtet, sonder zeitliche Abläufe, was die Ergebnisse im Vergleich zu herkömmlichen Methoden wesentlich genauer macht. So setzte, laut Gerlich, erst die Zeitachse die vielen einzelnen Datensätze in den richtigen Zusammenhang. Dadurch würde Unsupervised Machine Learning zu einem wertvollen Werkzeug der modernen Zellbiologie.

© biotechnologie.de/ss

Kryobank-Spezialist Vita 34 übernimmt Bioplanta

Die in Leipzig ansässige Kryobank Vita 34 übernimmt das Pflanzentechnologie-Unternehmen Bioplanta.

„Die Übernahme der Anteile erfolgt im Wege einer Kapitalerhöhung aus dem genehmigten Kapital der Vita 34 AG gegen Sacheinlagen“, teilte der Spezialist für die Einlagerung von Nabelschnurblut mit. Die Firma kooperierte bereits zuvor mit Bioplanta beim Projekt „Arche Noah“, dem Aufbau einer Cryobank für Pflanzen in Leipzig. Schon seit 2011 wird an einem gemeinsamen Verfahren zur Produktion von Frostschutzproteinen in Pflanzenbioreaktoren und deren Anwendung bei der Kältekonservierung von Stammzellen gearbeitet. „Vita 34 will durch die Übernahme Synergien im Bereich Biotechnologie gezielt nutzen und die Wertschöpfungskette ausweiten“, so das Leipziger Unternehmen.

Mehr auf biotechnologie.de

Wochenrückblick: Leipzig bekommt grüne Kryobank

News: Nabelschnurblut zu künstlichen Stammzellen programmiert

Der neue Unternehmensteil solle vor allem die Expansion ins außereuropäische Ausland beschleunigen. Bioplanta ist eigentlich auf die Produktion von pflanzlichen Wirkstoffen für den Umwelt- und Pharmaziebereich spezialisiert und hat bereits Projekte in Südamerika und Asien durchgeführt. Mit 16 Mitarbeitern erzielte das Unternehmen im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 1,5 Millionen Euro. Das vor 20 Jahren gegründete Unternehmen arbeitet nach eigenen Angaben schon seit Jahren profitabel. Im Zuge der nun angekündigten Übernahme wird Vita 34 insgesamt 380.000 neue auf den Namen lautende Aktien der Gesellschaft ohne Nennbetrag mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital der Gesellschaft von jeweils 1,00 Euro ausgeben. Die neuen Aktien werden ausschließlich vom derzeitigen Inhaber der Anteile an Bioplanta, André Gerth, gezeichnet. Die neuen Aktien sichern Gerth einen Vorstandssitz bei Vita 34. Ab dem 1. Juni ist er für das operative Geschäft und die Auslandsaktivitäten verantwortlich. Seinen Platz räumen wird hingegen der bisherige Vorstandsvorsitzende Eberhard Lampeter. Er bleibt dem Unternehmen jedoch als medizinischer Berater verbunden.

© biotechnologie.de/bk

Leopoldina weiht neues Hauptquartier in Halle ein

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat ihr neues Domizil in Halle bezogen und in einer feierlichen Zeremonie eingeweiht.

Die Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat ihr neues Refugium in Halle an der Saale bezogen.Lightbox-Link
Die Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat ihr neues Refugium in Halle an der Saale bezogen.Quelle: wikimedia commons/ Gunther Tschuch PaulT
Zahlreiche Gäste konnten verfolgen, wie Leopoldina-Präsident Jörg Hacker in seiner Eröffnungsrede am 25. Mai insbesondere den Spurwechsel der Leopoldina betonte. Auch und gerade durch das neue repräsentative Gebäude werde Schritt weg von einer reinen Gelehrtenvereinigung hin zu einer modernen Arbeitsakademie sichtbar. Der Kauf und die Sanierung der Immobilie wurde vom Bund und dem Land Sachsen-Anhalt mitfinanziert. Dabei übernahm das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung knapp 16 Millionen Euro, Sachsen-Anhalt steuerte knapp eine Million Euro bei. Beide Geldgeber schöpften hierfür aus Mitteln des Konjunkturpakets II. Neben der Finanzierung des Gebäudes durch Bund und Land wird die Leopoldina selbst zu 80 Prozent durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. Die restlichen 20 Prozent trägt das Land Sachsen-Anhalt bei.

Mehr auf biotechnologie.de

News: Leopoldina: Synthetische Biologie stellt Frage nach dem Leben

Wochenrückblick: Mikrobiologe Hacker jetzt Präsident der Leopoldina

In ihrer Ansprache betonte die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan, mit dem Umzug in das ehemalige Logenhaus am Jägerberg in Halle habe die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina einen Ort gefunden habe, der ihrer Aufgabe als Nationale Akademie der Wissenschaften gerecht werde. Zu dieser Aufgabe gehöre auch die wissenschaftsbasierte Beratung von Politik und Gesellschaft, so Schavan: „Angesichts der zunehmenden Komplexität gesellschaftlicher Prozesse wachsen die Ansprüche an die Wissenschaft, handlungsrelevantes Wissen für politische Entscheidungen zur Verfügung zu stellen.“ Hacker sah das in seiner Rede genauso: „Wissenschaftsakademien sind diejenigen Institutionen, die eine wissenschaftlich fundierte und unabhängige Beratung zu fundamentalen Problemen anbieten können.“

© biotechnologie.de/ss

DFG fördert zwölf neue Sonderforschungsbereiche zur Biomedizin

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft richtet 20 neue Sonderforschungsbereiche ein, zwölf davon in den Lebenswissenschaften.

Die Forschungsverbünde werden ab 1. Juli 2012 für die kommenden vier Jahre mit insgesamt 176 Millionen Euro gefördert.

Mehr auf biotechnologie.de

News: Spitzenzentren formen Netzwerk für Regenerative Medizin

News: DFG fördert acht neue Sonderforschungsbereiche in den Biowissenschaften

Das hat der zuständige Bewilligungsausschuss auf seiner Frühjahrssitzung in Bonn beschlossen. Damit fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) nun insgesamt 232 Sonderforschungsbereiche (SFB). .

Die geförderten Forschungsbereiche aus den Lebenswissenschaften sind im Einzelnen:

  • „Organismische Reaktionen auf Stress: Prägung und Erinnerung“
    (Sprecherhochschule: Freie Universität Berlin)
  • „MEDical EPigenetics (MEDEP): Von den Grundlagen epigenetischer Mechanismen zur klinischen Anwendung“ (Universität Freiburg)
  • „Modulatorische Einheiten bei Herzinsuffizienz“ (Universität Göttingen)
  • „Wissens- und modellbasierte Chirurgie (Universität Heidelberg)
  • „Zelluläre Qualitätskontrolle und Schadensbegrenzung“ ( Universität Heidelberg)
  • „Initiierungs-, Effektor- und Regulationsmechanismen bei Multipler Sklerose – von einem neuen Verständnis der Pathogenese zur Therapie“ ( Universität Mainz)
  • „Mikrobielle Diversität in der umweltabhängigen Signalantwort“ (Universität Marburg)
  • „Nanoagenzien für raumzeitliche Kontrolle molekularer und zellulärer Reaktionen“ ( LMU München)
  • „Biologie der xenogenen Zell- und Organtransplantation – vom Labor in die Klinik“ (LMU München)
  • „Kontrolle von Proteinfunktion durch konformationelles Schalten“ (TU München)
  • „Breaking Barriers – Immunzellen und pathogene Erreger an Zell-/Matrix-Barrieren“ (Universität Münster)
  • „Experimentelle Modelle und Klinische Translation bei Leukämien“ (Universität Ulm)

© biotechnologie.de/ss

Neuregelungen zur Organspende beschlossen

Der Bundestag hat am 25. Mai über eine Neuregelung der Organspende entschieden.

Mehr auf biotechnologie.de

News: Vom Tier zum Mensch: Neue Wege der Organtransplantation

News: Künstliche Organe aus dem 3-D-Drucker

Künftig sollen alle Krankenversicherten ab 16 Jahren regelmäßig Informationsmaterial zur Spende und auch einen Organspendeausweis zugeschickt bekommen. Außerdem sollen die Versicherten immer wieder darüber befragt werden, ob sie nach ihrem Tod zu einer Organspende bereit sind. Die so genannte Entscheidungslösung wird im Transplantationsgesetz festgeschrieben. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr betonte: „Wir werden nicht locker lassen.“ Dennoch steht auch fest, dass die Entscheidung freiwillig bleiben muss. In solchen „hochsensiblen Fragen“ werde kein Druck ausgeübt, verdeutlichte Unionsfraktionschef Volker Kauder. Zwar gab es vor allem aus den Lagern der Linkspartei und der Parlamentarier auch einige Gegenstimmen und Enthaltungen, dennoch wurde die Änderung mit breiter Mehrheit beschlossen. So werden Lebendspendern in Zukunft einige Anreize gestellt, wie etwa eine sechswöchige Entgeltfortzahlung, ein höheres Krankengeld und einen Anspruch auf medizinische Behandlung, Rehabilitation und Fahrtkosten.

Künftig werden alle Mitglieder von den Krankenkassen zur Organspende aufgefordert. Auch prominente Sportler wie Timo Boll werben für die gute Sache.Lightbox-Link
Künftig werden alle Mitglieder von den Krankenkassen zur Organspende aufgefordert. Auch prominente Sportler wie Timo Boll werben für die gute Sache.Quelle: BS Sportmarketing, http://www.bs-sport.de/
Zudem muss in Entnahmekrankenhäusern zukünftig ein Transplantationsbeauftragter eingesetzt werden. Kritik dagegen gab es vor allem in Bezug auf die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO), die in Deutschland die Organspenden abstimmt. Der Umgang mit der Organisation müsse sich ändern, so die Kritikerstimmen. Vor allem an der Transparenz und der Kontrolle von Organspenden sei durch die Änderungen am Transplantationsgesetz keine Verbesserung entstanden, monierte die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion Martina Bunge. Aus dem Lager der Grünen wurde vor allem eine mögliche Weitergabe von Spender-Daten für Forschungszwecke bemängelt, was das Vertrauen der Menschen in die Organspende beeinträchtigen könne. Bei Befragungen geben in Deutschland regelmäßig drei von vier Befragten an, nach ihrem Tod grundsätzlich mit einer Organspende einverstanden zu sein. Jedoch besitzt nur einer von vier Befragten tatsächlich auch einen Spenderausweis.

© biotechnologie.de/ss

Negative Studienergebnisse für Bayer-Präparat gegen Lungenkrebs

Das  gegen Nieren- und Leberkrebs eingesetzte Medikament Nexavar von Bayer eignet sich nicht zur Behandlung von fortgeschrittenem Lungenkrebs.

Wie der Leverkusener Konzern am 22. Mai mitteilte, verfehlte das Präparat in einer klinischen Phase III-Studie das Studienziel. Bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs konnte der Wirkstoff Sorafenib das Gesamtüberleben nicht verlängern. Damit verpasste der orale Multi-Kinase Hemmer den entsprechenden primäen Endpunkt. Obwohl sich die Substanz in einem sekundären Endpunkt, dem progressionsfreien Überleben, als wirksam erwies, halten Experten einen Antrag auf Indikationserweiterung von Bayer nun für unwahrscheinlich.

Mehr auf biotechnologie.de

Wochenrückblick: Indien: Nach Bayer fürchtet auch Novartis um Patent

News: Überraschend erfolgreich: DKFZ und Bayer verlängern Krebskooperation

Vom Ausgang der Lungenkrebs-Studie, an der 703 Patienten in mehr als 150 Prüfzentren teilnahmen, sei man enttäuscht, heißt es aus Leverkusen. Analysten zeigten sich in ersten Reaktionen zurückhaltend. Das zusätzliche Potenzial bei Nexavar wäre auch bei einem Erfolg gegen fortgeschrittenen Lungenkrebs nur gering gewesen, meint Ulrich Wörner von der Landesbank Baden-Württemberg. In den Indikationen Nieren- und Leberkrebs ist Sorafenib bereits in mehr als 100 Ländern zugelassen und hat 2011 einen Umsatz von 725 Millionen Euro erzielt. Es war damit das viertstärkste Produkt der Leverkusener. Große Hoffnungen ruhen indes auf anderen Medikamenten. Mit dem Gerinnungshemmer Xarelto, dem Augenmittel Eylea sowie den Krebsmedikamenten Alpharadin und Regorafenib gebe es gleich vier Arzneien mit potenziellen Milliardenumsätzen in der Pipeline, betont Wörner.  

© biotechnologie.de/bk