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Sepsis: Ein Antibiotikum ist genug

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des Sepsis-Erregers Stapylococcus aureus. In jüngster Zeit macht S. aureus vor allem durch die rasante Entwicklung von Antibiotikaresistenzen von sich reden. Bestimmte Erreger sind inzwischen gegen mehrere klinisch gebräuchliche Antibiotika resistent und stellen Mediziner so vor große Probleme. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des Sepsis-Erregers Stapylococcus aureus. In jüngster Zeit macht S. aureus vor allem durch die rasante Entwicklung von Antibiotikaresistenzen von sich reden. Bestimmte Erreger sind inzwischen gegen mehrere klinisch gebräuchliche Antibiotika resistent und stellen Mediziner so vor große Probleme. Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), Braunschweig

22.05.2012  - 

Zur Sepsis kommt es, wenn Krankheitserreger oder Giftstoffe ins Blut gelangen und dadurch im gesamten Körper verteilt werden. Eine lebensbedrohliche Situation: Selbst bei bestmöglicher Versorgung stirbt mehr als die Hälfte der Patienten. Umso wichtiger ist, so früh wie möglich mit der Therapie zu beginnen  auch wenn der Erreger noch unbekannt ist. Für die behandelnden Ärzte beginnt ein Blindflug: Solange der Erregertyp nicht feststeht, kann statt einer optimal wirksamen Arznei nur ein Antibiotikum eingesetzt werden, das möglichst viele  Keimarten bekämpfen kann. Bisher waren Ärzte dabei vor allem auf eigene Erfahrungen angewiesen. Es fehlten klinische Studien, mit denen die Qualität unterschiedlicher Behandlungen verglichen wurde. Unterstützt vom Bundesforschungsministerium hat das deutsche Kompetenznetz Sepsis jetzt erstmals die frühe Therapie mit Breitspektrumantibiotika näher untersucht.

Nach Einschätzung des Center for Sepsis Control and Care (CSCC) an der Universitätklinik Jena ist die Erkrankung die häufigste Todesursache auf Intensivstationen. Mit verantwortlich dafür ist die langwierige Diagnostik. Seit Jahrzehnten hat sie sich kaum verändert: einem möglichen Sepsis-Patienten wird Blut abgenommen, dieses wird kultiviert, anschließend erfolgt eine biochemische Charakterisierung der Erreger. Etwa zwei Tage gehen ins Land, bevor die Diagnose steht – viel zu lang für eine Erkrankung, bei der die Sterblichkeit pro Stunde um fünf bis acht Prozent steigt.

Inzwischen gibt es verschiedene Forschungsprojekte, mit denen diese diagnostische Lücke verkürzt werden soll. Künftig könnten Untersuchungen mittels Raman-Spektroskopie Ergebnisse binnen Minuten liefern (mehr…). Das Fraunhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) Leipzig arbeitet am Mino-Lab (mehr…). Mit dem Biochip sollen Erreger in Zukunft innerhalb einer Stunde identifiziert werden.

Deutsche Sepsis-Gesellschaft e.V.

Weitere Informationen zur Sepsis finden Sie auf den Webseiten der Deutschen Sepsis-Gesellschaft: hier klicken

Sollten die Methoden irgendwann in der Zukunft tatsächlich in die klinische Routine Einzug halten, wäre für die betroffenen Patienten sicherlich wertvolle Zeit gewonnen. So kann dann rasch ein gegen den jeweiligen Keim optimal wirksames Antibiotikum eingesetzt werden. Bis es soweit ist, bleibt die frühzeitige Breitbandantibiotika-Therapie aber alternativlos. Dabei wählen die Ärzte unmittelbar nach dem Erkennen der Sepsis ein möglichst breit wirksames Antibiotikum aus, ohne den Erreger genau zu kennen. Die Hoffnung: Durch den medikamentösen Rundumschlag wird der Keim zumindest solange in Schach gehalten, bis eine spezifisch auf den Erregertyp abgestimmte Therapie beginnen kann.

Bisher keine Antibiotika-Studien mit Sepsis-Patienten

Noch sind aber viele Fragen zu dieser Behandlungsmethode offen. Denn bisher wurden diese Patienten in den Zulassungsstudien neuer Antibiotika seitens der pharmazeutischen Industrie ausgeschlossen. Wichtige Fragen zur Sepsistherapie – ob etwa die Kombination zweier Breitspektrumantibiotika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen von Vorteil ist – konnten daher nicht beantwortet werden.

Die deutsche Studiengruppe Kompetenznetz Sepsis (SepNet) jetzt an 44 Intensivstationen in Deutschland die weltweit erste Studie zur frühen Therapie mit Breitspektrumantibiotika durchgeführt. Die Ergebnisse der MAXSEP-Studie stellten die Wissenschaftler im Journal of the American Medical Association (2012, Online-Vorabveröffentlichung) vor. Das Team um Frank Brunkhorst vom Universitätsklinikum Jena und Tobias Welte von der Medizinischen Hochschule Hannover, kommt dabei zum Schluss, dass „eine empirische Kombinationsbehandlung mit zwei Breitbandantibiotika im Vergleich zur Therapie mit einem Präparat nicht zu weniger Organversagen führt". Offenbar steigern sich die Wirkungen der Medikamente also nicht gegenseitig. Ein einziges Antibiotikum wirkt genauso gut wie die gleichzeitige Gabe von zweien.

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Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte MAXSEP-Studie umfasste 600 Patienten mit schwerer Sepsis. Die häufigsten zugrunde liegenden Infektionen waren Lungenentzündungen und Infektionen im Bauchraum. Nach Abnahme von Blutkulturen erhielten jeweils die Hälfte der Patienten entweder nur das Antibiotikum Meropenem oder eine Kombination von Meropenem und Moxifloxacin. Die Behandlungsdauer betrug im Mittel acht Tage und war damit um fast 50 Prozent kürzer als in anderen Studien berichtet. Unter den 551 auswertbaren Patienten gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied im Organversagen bzw. der 28- und 90-Tage-Sterblichkeit. Am Tag 28 gab es 66 Todesfälle (23,9 Prozent) in der Kombinationstherapie-Gruppe verglichen mit 59 Todesfällen (21,9 Prozent) in der Monotherapie-Gruppe. Am Tag 90 gab es 96 Todesfälle (35,3 Prozent) in der Kombinationstherapie-Gruppe, verglichen mit 84 Todesfällen (32,1 Prozent) in der Monotherapie-Gruppe.
„Die Ergebnisse von MAXSEP zeigen, dass Meropenem ein hochwirksames Antibiotikum in der empirischen Initialtherapie ist. Die Anwendung sollte jedoch auf Patienten mit hohem Sterberisiko beschränkt bleiben“, so die Studienleiter, „die Therapiedauer muss an die Blutkulturergebnisse angepasst und möglichst kurz gehalten werden.“

© biotechnologie.de/bk
 

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