Direktlink :
Inhalt; Accesskey: 2 | Hauptnavigation; Accesskey: 3 | Servicenavigation; Accesskey: 4

Blutvergiftung schneller bekämpfen

Prototyp: Auf so einer Plastikkarte sollen die magnetischen Nanopartikel die Pathogen-DNA in die Detektionskammern (rechts) transportieren. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Prototyp: Auf so einer Plastikkarte sollen die magnetischen Nanopartikel die Pathogen-DNA in die Detektionskammern (rechts) transportieren. Quelle: Fraunhofer IZI

07.12.2011  - 

Die Sepsis oder Blutvergiftung zählt zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Ein Teil dieser Todesfälle ist auf die Verzögerung bei der Behandlung zurückzuführen. Die zwei Tage, die bis zu einer zweifelsfreien Diagnose vergehen können, sind für manchen akut erkrankten Patienten lebensbedrohlich. Am Fraunhofer IZI in Leipzig wird deshalb eine Diagnostik entwickelt, welche die Keime im besten Fall in zwei Stunden identifiziert.

154.000 Fälle jährlich, die Hälfte davon tödlich: Eine Sepsis, im Volksmund als Blutvergiftung bekannt, ist eine häufige Todesursache in Deutschland. Die Erkrankung verläuft schnell, oft zu schnell für Ärzte und Betroffene. „Bei Nichtbehandlung steigt die Mortalität mit jeder Stunde um sieben Prozent“, sagt Dirk Kuhlmeier. Der Wissenschaftler am Fraunhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) Leipzig will den Zeitraum, in dem wegen der ausstehenden Diagnose noch nicht behandelt wird, nun radikal verkürzen. Im Projekt MinoLab entwickelt er einen neuartigen Sepsistest. Das Vorhaben wird über drei Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 2,3 Millionen Euro gefördert.

Breitbandrezeptor statt Blindflug

Nanopartikel fischen die Erreger aus dem Blut und transportieren sie zur Diagnostik.Lightbox-Link
Nanopartikel fischen die Erreger aus dem Blut und transportieren sie zur Diagnostik.Quelle: Fraunhofer IZI

Auf bis zu sechzig Minuten soll MinoLab das Diagnostikverfahren verkürzen, welches üblicherweise 18 Stunden, bisweilen auch zwei Tage dauern kann. „Bei einer Sepsis handelt der Arzt eigentlich im Blindflug,“ erklärt Kuhlmeier. Die klassischen Symptome – Fieber, Herzrasen, flache Atmung – sind so allgemein, dass eine ganze Reihe an Ursachen in Frage kommen. Eine voreilige und fälschliche Behandlung auf Sepsis kann zudem Komplikationen verursachen. Zur einwandfreien Bestimmung wird deshalb vom Arzt üblicherweise zunächst eine Blutkultur angelegt. Die Erreger im Blut werden kultiviert, vermehrt und bestimmt. Allerdings dauert es, bis genügend Keime zur Bestimmung herangewachsen sind „Wenn ich aber erst nach 18 Stunden weiß, dass der Patient von einem multiresistenten Staphylococcus aureus infiziert ist, ist das für den Betroffenen schon problematisch“, schildert Kuhlmeier.

Die Leipziger verkürzen den Diagnoseprozess, indem sie die Keime gleich gezielt aus der Blutprobe herausfiltern. Sie werden durch funktionelle Peptide gebunden, quasi eine Art molekularer Breitbandrezeptor, der auf eine Vielzahl der üblichen Keime anspricht. Die Peptide sind an magnetische Nanopartikel gekoppelt, mit deren Hilfe sie durch ein beschleunigtes Diagnoseverfahren geleitet werden.

Nanopartikel für die Schnelldiagnose

Auf den Nanopartikeln wird die DNA der Keime aufgebrochen und mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion vervielfältigt.  Anders als sonst findet dabei die Aufspaltung festphasengebunden, d.h. an der Partikeloberfläche statt, und kann durch das Magnetsystem schnell zur Analyse weitertransportiert werden. 

Lesen Sie mehr auf biotechnologie.de

Förderporträt: Lasermessung für krankmachende Keime

Menschen: Susanne Häußler: Resistente Bakterien blitzschnell bekämpfen

Förderporträt: Wundinfektionen, die unter die Haut gehen

Die erfolgt durch einen eigens entwickelten Biochip, der anhand von 128 Fängersequenzen Auskunft geben kann über die Art der Keime und eventuell vorliegende Resistenzen. Für die Fertigung des Biochips wie auch des Diagnostikapparats arbeitet das IZI mit Industriepartnern wie dem Computerspezialisten Intel zusammen. Von Intel stammt auch das „Lab on Chip“-System, eine Plastikkarte, mit der die Blutprobe des Patienten in das Diagnosegerät eingeführt wird. „Der Vorteil an unserer Plattform ist, dass die Schritte alle integriert ablaufen“, sagt Kuhlmeier. „Wir sparen Zeit, weil wir die Erreger gezielt isolieren, mit kleineren Volumina arbeiten und weil eben auch viele händische Schritte wegfallen. Sämtliche Reaktionen – von der Probenaufbereitung über die Zielmolekülisolation bis zum Nachweis – erfolgen berührungsfrei und vollautomatisch.“

Prototyp in zwei Jahren geplant 

Die Plastikkarte wird in ein Analysegerät gesteckt, das kleiner als ein Notebook ist.Lightbox-Link
Die Plastikkarte wird in ein Analysegerät gesteckt, das kleiner als ein Notebook ist.Quelle: Fraunhofer IZI

Das Projekt läuft seit 2010 und ist auf drei Jahre angelegt; inzwischen haben die Wissenschaftler die Sepsiserreger mit Hilfe der Nanopartikel wie vorhergesagt tatsächlich nachweisen können. Aktuell beschäftigen sich die Forscher mit dem Aufbau eines Diagnostikgeräts und testen die ersten Aufbauten. Die Nagelprobe des Systems steht trotz erster Erfolge noch bevor. „Die große Frage ist, ob wir mit den Testgeräten auch wirklich Zeit sparen in der Identifikation der Krankheitserreger“, sagt Kuhlmeier.

In frühestens zwei Jahren hoffen die Forscher, einen Prototyp vorweisen zu können. Bei Erfolg wäre MinoLab dann nicht nur zur Sepsisdiagnose einsetzbar.  „Im Endeffekt entwickeln wir ein Gesamtsystem zur Krankheitsdiagnose“, sagt Kuhlmeier. „Der Biochip kann theoretisch für alle Erreger modifiziert werden, bei denen man auf eine schnelle Diagnose angewiesen ist.“ Dazu zählen molekulargenetische Fragestellungen wie genetische Prädispositionen, beispielsweise das Herzinfarktrisiko, aber auch die Krebsdiagnostik.

© biotechnologie.de/ck

 

Förderbeispiele

glowing cells in a test tube

Sie möchten erfahren, in welche Forschungsprojekte öffentliche Gelder fließen? Unter der Rubrik Förderbeispiele stellen wir regelmäßig öffentlich geförderte Forschungsvorhaben inhaltlich vor.


Zur Rubrik Erfindergeist

Fördermöglichkeiten

Abbildung von Geldscheinen

Sie suchen nach Finanzierungsmöglichkeiten für ein Forschungsvorhaben? Unter der Rubrik Förderung/ Fördermöglichkeiten geben wir Ihnen einen Überblick über nationale, europäische und internationale Geldgeber, die biotechnologische Projekte unterstützen.


Menschen

Forscherprofile

Sie wollen wissen, wie ein Wissenschaftler tickt und was ihn antreibt? Dann schauen Sie in unserer Rubrik Aktuelles/Menschen vorbei. Hier werden regelmäßig neue Persönlichkeiten aus der biotechnologischen Forschung porträtiert.


Zur Rubrik Menschen

Rohstoff Pflanze

Junges Mädchen hält Pflanze in den Händen

Ob Biokraftstoff, Arzneimittel oder Biokunststoff - Pflanzen liefern wichtige Rohstoffe für die biobasierte Wirtschaft. Eine allgemein-verständliche Broschüre gibt einen Überblick über die verschiedensten Anwendungen moderner Pflanzenforschung in Landwirtschaft, Ernährung, Industrie, Medizin und Energie.


Zur Rubrik Publikationen