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Schmallenberg-Virus: Massentest bald startklar

Das Schmallenbergvirus sorgte deutschlandweit für Aufregung. Ein Massentest soll den Betrieben Sicherheit bringen. <ic:message key='Bild vergrößern' />
Nicht nur Ostern steht vor der Tür: Auch ein Massentest auf das Schmallenberg-Virus soll in Kürze verfügbar sein. Quelle: wikimedia commons

05.04.2012  - 

Die durch das Schmallenberg-Virus ausgelöste Tierseuche beschäftigt weiterhin die Viehbetriebe und die Gesundheitsbehörden. Die nun offiziell meldepflichtige Erkrankung ist mittlerweile in allen Bundesländern bis auf Bremen aufgetaucht, mehr als 1100 Schaf- und Rinderbetriebe sind betroffen. Immerhin steht ein Antikörper-Nachweis einer französischen Diagnostik-Firma kurz vor der Zulassung, so dass künftig Massentests möglich sind. Bis ein Impfstoff da ist, kann es aber noch dauern. Unterdessen hat das Berliner Robert Koch-Institut (RKI) nachgewiesen, dass für Menschen keine Gefahr von dem von blutsaugenden Bartmücken übertragenen Virus ausgeht.

Längst ist das im sauerländischen Kurort erstmals nachgewiesene Schmallenberg-Virus (SBV) zu einem europäischen Problem geworden (mehr...). Nach Informationen der EU-Seuchenkontrollbehörde ECDC sind seit November 2011 in den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, Frankreich und Spanien Nutztiere daran erkrankt. Betroffen ist vor allem der Nachwuchs von Kühen und Schafen – Kälber und Lämmer kommen entweder tot auf die Welt oder sie leiden unter schweren Fehlbildungen.

Zunehmend auch Kälber betroffen

Die Tiere haben sich im Spätsommer und Herbst mit dem Virus infiziert, erst jetzt in der Ablamm- und Abkalbesaison zeigen sich die Auswirkungen. „Waren bisher vor allem Schafhaltungen betroffen, gehen derzeit nun auch die Zahlen bei den Rinderbetrieben nach oben“, sagt die Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf Riems, Elke Reinking. Der Grund für diese Daten-Dynamik: Da die Trächtigkeit bei Rindern (rund 270 Tage) deutlich länger andauert als bei Schafen (150 Tage), kommen derzeit verstärkt die Kälbchen auf die Welt. Diese Phase werde noch bis Ende Mai andauern, so Reinking im Gespräch mit biotechnologie.de.

Auf der aktuellen Karte mit den Verbreitungsdaten erkennt man ein starkes Nordwest-Südost Gefälle.Lightbox-Link
Bestätigte Infektionen: ein starkes Nordwest-Südost Gefälle ist erkennbar.Quelle: FLI

Massentest steht in den Startlöchern

Mit Hochdruck wird an einem Routinetest gearbeitet. Bisher konnte das Virus insbesondere mittels eines PCR-Tests im Blut von akut erkrankten Tieren aufgespürt werden. Diese Phase dauert aber nur etwa eine Woche – was den Test ungeeignet für einen  zuverlässigen Nachweis bei hohen Probenzahlen macht.  Die französische Firma IDvet in Montpellier hat nun einen Antikörpertest (ELISA) entwickelt, der derzeit im Friedrich-Loeffler-Institut und in weiteren deutschen Labors auf seine Tauglichkeit geprüft wird. FLI-Virusdiagnostiker Horst Schirrmeier geht davon aus, dass der ELISA in Kürze zur Zulassung eingereicht wird. „Wenn alles zügig läuft, könnte er in etwa vier Wochen zugelassen werden“, so Schirrmeier zu biotechnologie.de. Mit dem Antikörper-Test können die Diagnostik-Experten ein deutlich präziseres Bild über die Verbreitung der Seuche gewinnen. Am 30. März hat der Bundesrat die Meldepflicht für das Schmallenberg-Virus formal beschlossen. Auch für das Seuchen-Management ist ein Routinetest wichtig: Denn mehrere Staaten haben Importverbote für Rinder, Ziegen und Schafe aus den betroffenen Ländern verhängt. Russland geht dabei besonders weit: Seit dem 20. März hat Moskau auch ein Importverbot für Schweine aus der Europäischen Union verhängt.

Drei Gnitzenarten als Überträger ins Netz gegangen

Im Vergleich zu Stechmücken winzig: Gnitzen sind als Überträger des Schmallenberg-Virus identifiziert.Lightbox-Link
Im Vergleich zu Stechmücken winzig: Gnitzen sind als Überträger des Schmallenberg-Virus identifiziert.Quelle: ITG Antwerpen
Wichtige Beiträge zum besseren Verständnis des Virus haben zudem belgische Forscher geliefert. Die Wissenschaftler vom Antwerpener Tropeninstitut haben den Erreger nachträglich in drei Bartmücken-Arten identifiziert. Wie schon zuvor verdächtigt handelt es sich bei den Blutsaugern um Gnitzen. Die wenige Millimeter großen Insekten sind im Frühsommer und im Frühherbst besonders aktiv. In drei Arten der Gattung Culicoides (Culicoides obsoletus, C. dewulfi sowie C. pulicaris) konnten die Forscher den Erreger nachweisen. Es handelt sich um Arten, die auch die Blauzungenkrankheit übertragen, eine Seuche, die in den Jahren 2006 und 2007 über Europa gezogen war. Die belgischen Behörden fangen im Zuge eines kontinuierlichen Monitorings in Ställen Mücken ein und untersuchen diese Proben im Labor auf Tierseuchen-Erreger. Der Rückgriff auf dieses Mückenarchiv hat sich nun als wertvoll bei der Erforschung des Schmallenberg-Virus erwiesen.

Kein Virus-Nachweis bei Schäfern

Die Entwicklung eines Impfstoffes wird nach Aussagen von FLI-Sprecherin Reinking noch mindestens bis 2013 dauern. Schon dieser Termin sei sehr ambitioniert. „Für eine Zulassung muss der Impfstoff auch an trächtigen Tieren getestet werden.“ Gerade hier seien ausgiebige Feldstudien notwendig. Das FLI hat einer Reihe von Vakzinherstellern Virusisolate zur Verfügung gestellt, die diese für die Produktion eines Tot-Impfstoffs benötigen.

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Auch wenn eine Vakzine noch auf sich warten lässt, ein Hoffnungsschimmer für die Viehhalter in den stark von SBV heimgesuchten Bundesländern könnte die natürliche Immunität sein: Die Muttertiere, die nun bereits eine Infektion durchgemacht haben, sind vor einer weiteren Seuchenwelle geschützt und übertragen diesen Schutz offenbar auch auf ihre Nachkommen. Auf Menschen kann das Schmallenberg-Virus offenbar jedoch nicht übertragen werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) an 60 Schafhaltern und einem Rinderhalter aus Nordrhein-Westfalen. Die Schäfer wurden befragt und ihnen wurde  Blut für eine Laboruntersuchung entnommen. Ergebnis: Die Befragungen ergaben keine Verdachtsmomente, dass im Zusammenhang mit Kontakt zu infizierten Tieren auffällige Erkrankungssymptome aufgetreten wären. Bei den Laboruntersuchungen fanden die RKI-Forscher keine Antikörper gegen das Schmallenberg-Virus im Blut. Sehr seltene Infektionsereignisse könnten mit einer solchen Studie nicht erfasst werden. Auf der Basis der Studienergebnisse und der genetischen Eigenschaften des neuen Virus schätzt das RKI das Risiko von Infektionen beim Menschen aber als äußerst gering ein.

© biotechnologie.de/pg
 

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