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Günter Höglinger: Die Ursachen von Parkinson aufspüren

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Günther Höglinger Quelle: Günter Höglinger

14.03.2012  - 

1987 kam der Film „Wettlauf zum Ruhm“ in die Kinos. Das  Filmdrama beschreibt vor dem Hintergrund manischer Wissenschaftler und eines rivalisierenden Forschungsbetriebs die Entdeckung der DNA-Struktur.  Im Zuschauerraum saß auch der damals 16-jährige Günter Höglinger, schon in der Schulzeit an Wissenschaft interessiert. „Watson und Crick entdecken die Doppelhelix“, erinnert sich Höglinger, „danach war für mich klar: Ich will Forscher werden!“. Inzwischen ist Höglinger selbst eine treibende Kraft auf dem Gebiet der Parkinson-Forschung. Am Deutschen Zentrum für Neuroregenerative Erkrankungen (DZNE) hat er seit September 2011 eine Heisenberg-Professur angetreten. Am DZNE-Standort München erforscht er die Ursachen des Gehirnleidens.

Nach der Schule studierte der 1971 in Passau geborene Arzt zunächst Physik, entdeckte jedoch nach zwei Semestern die Humanmedizin für sich und entschied sich schließlich ganz für einen medizinischen Werdegang. Mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft in der Tasche unterbrach er nach dem Studium seine Facharztausbildung und ging an das Hôpital de la Salpêtrière in Paris. Dort prägte ihn vor allem die interdisziplinäre Forschungsweise. „Es stand nicht die Methode, sondern die Erforschung einer Krankheit mit allen Mitteln im Zentrum“, sagt Höglinger.

Eine tropische Frucht als Krankheitsursache

Die Herangehensweise hat er bis heute beibehalten: Auch an seiner aktuellen Stelle am DZNE in München schätzt er die breite Methodenpalette und will sich nicht auf eine Forschungsart beschränken. Durch unterschiedliche Methoden wie genetische und epidemiologische Untersuchungen, Zellkulturen, Tiermodelle, bildgebende Verfahren und klinische Studien könne umfassender und zielgerichteter geforscht werden, sagt er. Nach seiner Promotion übernahm er 2004 die Leitung einer eigenen Arbeitsgruppe an der Neurologischen Klinik der Philipps Universität Marburg.

Die Abbildung zeigt Dopamin-produzierende Nervenzellen (grün / blau) in der Substantia Nigra einer Maus mit Parkinson.Lightbox-Link
Die Abbildung zeigt Dopamin-produzierende Nervenzellen (grün / blau) in der Substantia Nigra einer Maus mit Parkinson.Quelle: Günter Höglinger
Dort absolvierte er auch seine Ausbildung zum Facharzt für Neurologie und arbeitete anschließend als leitender Oberarzt an der Neurologischen Klinik der Philipps Universität Marburg. Sein Fachgebiet: Die Parkinson-Krankheit.

Bis heute sind die Ursachen der Krankheit nicht geklärt, drei Viertel der 400 000 Patienten in Deutschland leiden an einer Parkinson-Form ohne erkennbare äußere oder genetische Ursache. Bekannt ist nur das Krankheitsbild: An den Nervenzellen bilden sich Proteinverklumpungen, die die betroffenen Zellen zerstören. „Es gibt zwei große Gruppen von Parkinson-Krankheitssymptomen“, erklärt Höglinger. „Bei der einen sammelt sich das Protein Alpha-Synuclein an, bei der anderen das Tau-Protein. Was aber die Entstehung dieser Proteinaggregate genau auslöst, ist bisher nicht bekannt, und genau danach suchen wir.“

Eine Ursache konnte er in seiner Forschung bereits identifizieren: Höglinger habilitierte über natürliche Umweltfaktoren als Auslöser von atypischen Parkinson-Syndromen auf der Karibikinsel Guadeloupe. Dort fand er heraus, dass die Graviola-Frucht, die von den Einheimischen gerne und häufig verzehrt wird, ein Parkinson Syndrom auslösen kann. „Die leider sehr leckere Frucht enthält ein Gift, das den Energiestoffwechsel in den Zellen stört“, erklärt der Forscher. Durch diese Entdeckung konnte er zeigen, dass bei der Progressiven Supranukleären Blickparese (PSP), einem besonders schwer verlaufenden Parkinson-Syndrom, der Energieverbrauch im Gehirn des Patienten verringert ist und dass man dieses Defizit durch eine bestimmte Behandlung verbessern kann.

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Im Juni 2011 identifizierte er mit Kollegen aus Gießen und den USA außerdem vier Gene, welche die Entstehung von PSP begünstigen.

Rauchen gegen Parkinson?

Aktuell arbeitet Höglingers Team an einem breiten Spektrum an Projekten, wie zum Beispiel einer deutsch-amerikanischen Studie, die den Zusammenhang von Nikotin und Parkinson untersucht. „Es gibt klare Hinweise, dass Raucher weniger an Parkinson erkranken“, erklärt Günter Höglinger. „Wenn Nikotin tatsächlich eine schützende Wirkung hat, könnte man eventuell per Nikotin-Pflaster den Krankheitsverlauf verzögern.“

Trotz der Forschung ist Höglinger Arzt geblieben – und immer noch Feuer und Flamme für seinen Beruf. Ein Viertel seiner Arbeitszeit verbringt er als Oberarzt an der Neurologischen Klinik der Technischen Universität München. Seine Aufgabe dort ist es, die Forschungsergebnisse in die Praxis zu übersetzen. „Anders als in der reinen Grundlagenforschung im Labor erlaubt mir diese Stelle, Patienten zu sehen, deren Probleme zu erkennen und an der Entwicklung neuer Therapien beteiligt zu sein“, sagt Höglinger. Dass er seinerzeit die Physik aufgegeben hat, bedauert er nicht. „Die Physik ist eine hochinteressante Wissenschaft, aber in der Medizin wusste ich von Anfang an, wofür ich studierte: um Menschen zu helfen“, begründet er. „Das ist eine sehr starke Motivation.“

Autorin: Fabienne Hurst

 

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