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Gunter Meister: RNA in Regensburg

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Gunter Meister ist Professor am Institut für Biochemie, Genetik und Mikrobiologie der Universität Regensburg. Quelle: privat

16.11.2011  - 

Gunter Meister ist auf einem Bauernhof in Oberfranken aufgewachsen. „Ich war der Einzige im Dorf, der auf das Gymnasium gegangen ist“, erzählt der 37-Jährige, der sich scherzhaft als „schwarzes Schaf“ der Familie bezeichnet. Während einer seiner Brüder heute den landwirtschaftlichen Betrieb weiterführt, forscht Gunter Meister als Professor am Institut für Biochemie, Genetik und Mikrobiologie der Universität Regensburg. Im Jahr 2011 ist der Wissenschaftler für seine Grundlagenforschung im Bereich RNA-Biochemie mit demYoung Investigator Award der Schering Stiftung ausgezeichnet worden.

 

Die mit 10.000 Euro Preisgeld dotierte Auszeichnung wird alle zwei Jahre von der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e.V. für herausragende Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Molekular- und Zellbiologie vergeben. „Dieser Preis ist mir sehr wichtig“, sagt der Forscher. „Man bekommt eine gewisse Sichtbarkeit und die Anerkennung für jahrelange Arbeit.“ Gunter Meister und sein Team beschäftigen sich mit den Grundlagen der Genregulation durch nichtkodierende RNAs. Die sogenannten mikroRNAs (miRNAs) sind kleine Schnipsel von Ribonukleinsäure, deren bedeutende Rolle in der Regulation der Zelle im Kontrast zu ihren geringen Ausmaßen steht. Sie tragen keine Bauanleitung für ein Protein, beeinflussen das Geschehen im Körper aber maßgeblich mit. So sind miRNAs unter anderem bei vielen neurodegenerativen Erkrankungen und Krebsleiden bedeutend.

Young Investigator Award

Ziel der European Young Investigator Awards ist es, exzellenten jungen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern einen fünfjährigen Aufenthalt an einer europäischen Forschungseinrichtung zu ermöglichen.

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Krebsstammzellen ausschalten

Ein Beispiel: Anders als normale Krebszellen überstehen sogenannte Krebsstammzellen auch Chemo- und Strahlentherapien und verharren in einer Art Standby-Zustand im Körper, bis sie irgendwann wieder erwachen und erneut Tumorwachstum auslösen. Die Forschergruppe um Gunter Meister hat nun beobachtet, dass bestimmte miRNAs vermehrt in den Tumorstammzellen vorkommen und offenbar auch deren Eigenschaften als Stammzellen festigen. Die Ausschaltung dieser Krebsstammzellen durch eine Beeinflussung der miRNAs könnte ein Ansatz für die Entwicklung neuer Krebstherapien sein. „Die Vision ist da“, sagt Gunter Meister. 

Die Leidenschaft für die Biologie hat den heutigen Professor bereits im Gymnasium gepackt. „Wir hatten einen wunderbaren Lehrer, der in mir die Neugier geweckt hat“, schwärmt der Wissenschaftler. Er blieb oft nachmittags noch da, um im Schullabor zu  experimentieren, und bestellte sich Fachzeitschriften für Naturwissenschaften. Nach dem Wehrdienst konnte ich es kaum erwarten, endlich zu studieren. Als es dann so weit war, war ich nicht mehr zu halten“, erzählt er. In nur sechs Semestern hat Meister sein Biologie-Studium beendet, in einem Fach, für das die meisten Studierenden gut die doppelte Zeit aufwenden.

In dieser Folge der Kreidezeit erklären wir, welche Aufgabe die microRNA in unserem Körper hat.Quelle: biotechnologie.tv

Von Martinsried nach Manhattan

Nach seiner Dissertation am Institut für Biochemie an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität ging der junge Wissenschaftler mit seiner Frau und seinen drei Kindern nach New York, um als Post-Doc an der Rockefeller University zu forschen. Im Labor von Biochemiker und Molekularbiologe Thomas Tuschl erlebte er sein thematisches „Aha-Erlebnis“: Jahrzehntelang betrachtete man die Ribonukleinsäure als ein Molekül, dessen Rolle im Wesentlichen darin zu bestehen schien, als „Überbringer“ die genetische Information von der DNA im Zellkern in die äußeren Bereiche der Zelle zu transportieren um die Proteinproduktion zu ermöglichen. In den letzten Jahren haben technische Fortschritte einen tieferen Einblick in die molekularen Prozesse in den Zellen ermöglicht. Dabei wurden weitere RNA-Klassen identifiziert, die nicht kodieren, das heißt nicht direkt an der Proteinproduktion beteiligt sind. Sie übernehmen jedoch andere wichtige Funktionen innerhalb der Zellen. Die Forschung an diesen nichtkodierenden RNAs, „importierte“ Gunter Meister nach Deutschland und führte sie später als Gruppenleiter am Max Planck Institut in Martinsried weiter.

Zwar war die Stelle am MPI für Meister„das beste, was einem passieren kann“, dennoch vermisst er das Leben in New York. Auch jenseits des Labors war Big Apple für ihn eine außergewöhnliche Erfahrung: „Unser Labor war direkt in Manhattan, zehn Minuten vom Central Park entfernt. In dem konnte man kurz spazieren gehen, wenn ein Experiment noch nicht fertig war.“ Ihm gefallen die verschiedenen Kulturen, die in New York aufeinander treffen, die Energie und Vielseitigkeit der Stadt, die Restaurants, der Trubel. „Man ist automatisch ein Teil des Ganzen, das ist unglaublich aufregend“, erzählt der Forscher.

Das Kontrastprogramm erwartete ihn in München, wo ihm alles wenig authentisch und „irgendwie pseudobayerisch“ vorkam. Besser gefällt es ihm im beschaulichen Regensburg, wo er seit zwei Jahren seinen eigenen Lehrstuhl innehat. „Manchmal denke ich, wir hätten noch in New York bleiben sollen, wir haben uns dort sehr wohl gefühlt. Aber hier in Bayern gibt es andere Vorteile: die Großeltern unserer Kinder sind nicht weit, die Natur, die Ruhe.“ Auch als Wissenschaftsstandort schätzt Meister Deutschland. „In den USA ist alles viel kompetitiver, es gibt kaum feste Stellen. Das ist in Deutschland etwas besser. Außerdem habe ich in Bayern das Glück, dass die Forschung finanziell gut gefördert wird“, sagt Meister.

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Als Professor mit eigenem Lehrstuhl steht der begeisterte Biologe nicht mehr selbst im Labor - „leider“, gibt Meister zu. Stattdessen koordiniert er Forschungsprojekte, schreibt Förderanträge und stellt die Ergebnisse seiner Forschung in der ganzen Welt vor. „Manchmal ist das Reisen sehr anstrengend: Im September war ich tatsächlich fast jede Woche von Montag bis Samstag unterwegs.“ London, Cambridge, New York – da wird Regensburg zu einem regelrechten Ruhepol. Seine kostbare freie Zeit verbringt Meister mit seiner Familie, für Hobbys bleibt kein Platz im Terminkalender. Einen Freizeit-Luxus gönnt er sich aber doch: Mit seinem ältesten Sohn geht er gelegentlich ins Fußballstadion, um den FC Bayern München anzufeuern, bei dem er Mitglied ist.

Trotz seines arbeitsintensiven Berufs hat Gunter Meister keine Zweifel daran, den richtigen Weg gewählt zu haben. „Wenn ein Experiment ein schönes Ergebnis erzielt oder eine neue Publikation gedruckt wird, freut mich das immer sehr. Dann weiß ich, dass ich hier am richtigen Platz bin“, erklärt er. Schon während seiner Kindheit auf dem Bauernhof sei ihm bewusst geworden, dass man für Erfolg hart arbeiten muss. Damals war es für ihn nicht immer leicht, neben der Arbeit auf dem Hof genug Zeit für die Hausaufgaben oder Hobbies zu finden. All das habe ihn jedoch geprägt, vor allem seine Hartnäckigkeit, die ihn bisher weit gebracht hat. Seine Überzeugung: „Entweder man ist hundertprozentig Wissenschaftler, oder man lässt es sein.“ 

© biotechnologie.de/fh
 

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